Potsdams Römische Bäder werden saniert
Italien in Sanssouci und die Nackten der UFA
1840 fertiggestellt, muss das Bau-Ensemble im Park von Sanssouci dringend saniert werden.

Halbnackte junge Frauen, die lustig planschen. An diese Nutzung hatte der Bauherr gewiss nicht gedacht, als er sich ein antikes Bad errichten ließ. Eher an Beschaulichkeit, Ruhe, Gelehrsamkeit, und ganz bestimmt nicht ans Baden. Den Einbruch sehr weltlicher Schönheit hat er auch nicht mehr erlebt, Badespaß blieb in 180 Jahren ein Einzelfall, als die „Römischen Bäder“ in Potsdam zur Filmkulisse wurden.

König Friedrich Wilhelm IV. baute sich sein geliebtes Italien in Potsdam
Wer König von Preußen werden will, kann nicht immerzu in Italien sein, sei die Sehnsucht noch so fordernd. Deshalb ließ sich der spätere Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) in seiner Zeit als Kronprinz sein eigenes Stück Italien in den Schlosspark Sanssouci stellen. Diese „Römischen Bäder“ müssen jetzt dringend saniert werden, damit es keine römischen Ruinen werden.
Meistgelesen
Blick in die Sterne
Tageshoroskop für Freitag, 22. September 2023 – für alle Sternzeichen
Tradition aus dem Osten
Kennen Sie Sernik? Hier das geniale Rezept für den polnischen Käsekuchen
Stromfresser oder nicht?
Wie teuer ist es wirklich, wenn das Ladekabel in der Steckdose bleibt?
Forscher finden DAS heraus
Studie enthüllt: Wer in diesem Alter in Rente geht, stirbt früher
Verkehrsvorschau Berlin
Über 40 Sperrungen am Freitag und fünf S-Bahnen fahren nicht durch!

Maurermeister Matthias Klitzsch vom Teltower Betrieb Industriebau West klopft mit einem Mitarbeiter schon große Teile des Putzes ab, damit er niemandem auf den Kopf fällt. Denn bevor es mit dem Bauen losgeht, können alle Preußen-, Italien- und Antikenfans noch einmal hinein.

Der 1829 bis 1840 entstandene Gebäudekomplex in der Nähe von Schloss Charlottenhof ist eine eigentümliche Mischung: Von außen macht er den Eindruck einer italienischen Landvilla, mit angefügtem Tempelchen. Dr.-Ing. Volker Thiele, Hochbauleiter der SPSG: „Es entstand ein lebendes Bild Italiens. Mit einer echten Kuh, Fasanen und Gemüsebeeten.“ Alles ohne wirtschaftlichen Nutzen, es wurde Landwirtschaft gespielt.

Im Inneren des namensgebenden Anbaus fühlt sich der Besucher dagegen in ein antikes römisches Haus versetzt, mit Badebecken und einer (gegenwärtig holzummantelten) Jaspis-Badewanne, die der König von seinem Schwager, Zar Nikolaus I., geschenkt bekommen hatte.
Baupläne von Schinkel, Persius und dem Kronprinzen
In den 1820er Jahren war die Idee für den Bau geboren worden, Preußens Star-Architekt Karl Friedrich Schinkel fertigte erste Zeichnungen. Nach Friedrich Wilhelms erster Italienreise 1828 nahm das Projekt Fahrt auf. Der Kronprinz hatte in Italien viele Zeichnungen gemacht, aus Schinkels Entwürfen sowie Friedrich Wilhelms Ideen machte Schinkel-Schüler Ludwig Persius dann die Baupläne.
Zuerst entstand das Gärtnerhaus, am Ende die eigentlichen Römischen Bäder. Sie waren den Funden aus den ersten Grabungen in Pompeji nachempfunden. Alles ergänzt mit Nachbildungen antiker Bronzen, einem Sarkophag und pompeijanischen Säulen.

Die Kunsthistorikerin Bianca Merz aus der Stiftungsverwaltung: „Der Ort erfüllt auf der einen Seite ganz pragmatische Funktionen, diente als Unterkunft für den Hofgärtner, die Arkadenhalle zeitweilig als Orangerie.“
Billard statt Baden
Auf der anderen Seite habe er die Sehnsucht Friedrich Wilhelms nach Italien gestillt. In den Römischen Bädern konnte er sich zu Billard, Tee, Gesprächen und Lesungen treffen – so hatte Alexander von Humboldt im Gärtnerhaus zeitweilig eine Wohnung. Merz: „Friedrich Wilhelm konnte sich als gelehrter Kenner der Kunst und Architektur präsentieren und architektonisch ausleben.“
Insgesamt sollte das Ensemble eine Verbindung des Monarchen des 19. Jahrhunderts mit antiken Herrschern demonstrieren, Beständigkeit vermitteln und, so, Merz, „die philosophische Geisteshaltung des Königs verdeutlichen, die mit den antiken Philosophen ihren Ursprung nimmt“.
Mit der Beständigkeit des Gebäudes und speziell der Bäder ist es aber nicht so weit her. Schon 1992 war die Nachbildung eines antiken Mosaiks, der „Alexanderschlacht“, vom Boden entfernt worden.

Die Wandmalereien sind schmutzig und teilweise von Schimmel überzogen, weil römische Architektur und preußisches Klima nicht zueinander passen: Durch das offene Dach fiel Regen in einen Brunnen im zentralen, einem Hof ähnelnden Raum. Bislang ist zwar die große Öffnung mit Glas bedeckt, aber nicht dicht. Die Schaffung eines denkmalgerechten Raumklimas macht den Fachleuten noch Kopfzerbrechen.
Der Billardraum ist abgesperrt, weil Teerpappe hinter den Wandverkleidungen lauert.
Der Boden der Römischen Bäder ist abgesackt
Die schwerste Arbeit wird jedoch der Boden machen, dessen Marmorplatten im Atrium bereits entfernt sind. Sie lagen auf einer Ziegelschicht, die auf den sandigen Boden gelegt war. Über die Zeit wurde er, vermutlich wegen eines nahegelegenen Wassergrabens, allmählich weggespült. Der Boden sackte ab.

Von 2023 bis 2026 sollen die Römischen Bäder saniert werden, sagt Volker Thiele. 15 Millionen Euro seien vorsichtig für das Ensemble und sein Umfeld veranschlagt - man kenne ja die Kostenentwicklung beim Bau. Eine grundlegende Sanierung habe es nie gegeben, immer nur Stückwerk.
Die Bäder sollen anschließend wieder besichtigt werden können. Das Gärtnerhaus, in dem sich zuletzt drei Wohnungen befanden, wird Verwaltungsquartier für Mitarbeiter, die jetzt noch im Sockelgeschoss des nahegelegenen Schlosses Charlottenhof sitzen.

Vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2022 wird das Ensemble noch einmal zu besichtigen sein, an 15 Stationen wird bei der Ausstellung „DENK x PFLEGE“ über Denkmalschutz, Sanierung, Tourismus und die Stiftung selbst informiert. Für Italien-Flair werden ein Eis- und Café-Stand sorgen. (Eintritt: 5/4 Euro).
Bleibt noch die Frage nach den Badenixen zu beantworten: Sie bevölkerten die „Römischen Bäder“ Mitte der 1920er Jahre für den UFA-Stummfilm „Wege zu Kraft und Schönheit“. Der „Kulturfilm“ sollte die Deutschen zu mehr Sport bewegen, nahm unter anderem Bezug auf die Antike.