Raubkatze im Süden Berlins

Ist die Löwin wirklich eine? Experten äußern Zweifel

In der Vergangenheit kam es in Berlin immer wieder zu Funden von Wildtieren: ein Krokodil in der Havel, ein Serval in Bernau, Giftschlangen im Schrank. Wie man sich bei einem Kontakt mit gefährlichen Wildtieren verhält, erklärt Derk Ehlert.

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Auf einem Baum rastende, schlafende Löwin im South Luangwa National Park, Sambia. So ein Tier wird im Berliner Süden vermutet.
Auf einem Baum rastende, schlafende Löwin im South Luangwa National Park, Sambia. So ein Tier wird im Berliner Süden vermutet.imago/imagebroker

Der Besitzer eines Zirkus, der gerade in Teltow gastiert, bezweifelt, dass es sich bei der flüchtigen Raubkatze um eine Löwin handelt. Roman Rogall vom Circus Rogall sagte der Märkischen Oderzeitung (MOZ): „Wir hatten im letzten Jahr einen ähnlichen Fall. Am Ende stellte sich heraus, dass es sich gar nicht um einen Löwen handelte, sondern um einen Kaukasischen Bärenhund.“

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Ist der Löwe gar kein Löwe?

Der Tierkenner ist sich sicher, dass es sich nicht um eine Löwin handeln könne. Und: „Ich wüsste auch nicht, wer hier in der Umgebung privat einen Löwen hält.“ Der Kaukasische Bärenhund, im Übrigen auch ein verbotenes Schutztier, sei einer normalen Löwin in seiner Größe ähnlich. Auf Anfrage von t-online hat sich der Verband der Zootierärzte (VZT) zu der möglichen Sichtung einer Löwin am Rande Berlins geäußert. Demnach erscheine das Profil des Tieres – insbesondere der runde Rücken und die Kopfform – auf dem auf Twitter aufgetauchten Video wenig typisch für eine Löwin.

Auch Berlins Tierschutz-Experte Derk Ehlert ist vorsichtig bei der Bewertung. Anhand der auf Twitter kursierenden Videosequenz könne er nicht sofort bestätigen, dass es sich um eine Löwin handele. Sein erster Impuls sei ein anderer gewesen.

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Sinnvoll sei in einer solchen Situation, Experten zu Rate zu ziehen, die an der Stelle der Sichtung nach Trittsigeln suchen, die eine exakte Bestimmung zulassen.

Was tun, wenn ich einem Löwen begegne

Generell gelten bei einer Sichtung von Wildtieren folgende Regeln. „Stehen bleiben, mit Foto dokumentieren wenn möglich, dann weg gehen. Nicht rennen“, so Ehlert. Bei Gefahr die Polizei verständigen. 

Ein Löwe im Sprint kann über 70 km/h schnell werden. Wegrennen bringt nichts. Stattdessen empfiehlt das „Wildlife Magazine“ der BBC: Bleiben Sie stehen und dem Löwen zugewandt, halten Sie Blickkontakt. Um größer und gefährlicher zu erscheinen, können Sie Ihre Arme ausbreiten. Im besten Fall bleibt der Löwe stehen oder zieht sich zurück. Tun Sie das auch, halten Sie dabei aber Blickkontakt.

Teltow: Polizisten koordinieren die Suche in einem Wohngebiet in Teltow nach einem Wildtier.
Teltow: Polizisten koordinieren die Suche in einem Wohngebiet in Teltow nach einem Wildtier.Fabian Sommer/dpa

Im Wildkatzenzentrum Felidae in Tempelfelde hatte Tierarzt Renato Rafael schon öfter Kontakt mit gefundenen Raubtieren. Hier werden in einem großen Gehege verschiedene Raubkatzen gehalten, auch der Findeltiger Diego hat hier sein Zuhause gefunden. Mitarbeiter dort gehen davon aus, dass das Tier im Süden Berlin, nach dem seit der Nacht gesucht wird, aus menschlicher Obhut geflohen oder entlassen worden sei. Das Tier sei jetzt in einer unbekannten Situation und gegebenenfalls gestresst. Angreifen würde es bei Kontakt mit einem Spaziergänger, wenn es sich bedrängt fühle. Es sei ratsam, Abstand zwischen sich und das Tier zu bringen, ihm nicht den Rücken zuzudrehen.

Darf man in Berlin Raubkatzen halten?

Generell ist in Berlin das Halten von Raubkatzen durch Privatleute erst 2009 verboten worden. Besitzer großer Katzen wie etwa Tiger oder Löwen durften ihre bereits vorhanden Tiere aber behalten, sofern sie artgerecht gehalten werden. In Berlin und Brandenburg seien die Auflagen, exotische Tiere zu halten, streng, erklärt Derk Ehlert.

Jemand, der in Berlin ein Tier von der Liste der gefährlichen Tierarten halten will, muss in Berlin dafür vorher einen Sachkundenachweis erbringen und vorlegen.

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Raubkatzen in illegaler Haltung

Sollte es sich in diesem Fall wirklich um eine Löwin handeln, sei davon auszugehen, dass es sich um ein Tier aus illegaler Haltung handle.

In den vergangenen Jahren seien in Berlin immer wieder exotische Tiere aufgetaucht, deren Besitzer oft nicht ermittelt werden konnten. So fand man einen Waran, einen Serval in Bernau und sogar einmal ein kleines Krokodil in der Havel. Da war eine Kornnatter in einer Neuköllner Biotonne (2019), eine Boa im Humboldthain (2018) und ein Gecko im Rucola-Salat.

„Immer wieder erleben wir, wie exotische Säugetiere in Privathaltungen leiden und völlig unverantwortliche Halter sich ihrer Tiere entledigen“, berichtet Mareen Esmeier, Leiterin des Tierheims Berlin, als im April 2023 zwei Makaken in Privathaltung vom Veterinäramt sichergestellt wurden.