Stone Walker

Irrer Extremsport: In Brandenburg wirft man heute mit Stämmen und Steinen

Hanteltraining war gestern. Heute stehen Brandenburger Männer als Stone Walker auf Kräftemessen nach schottischer Art. Das Publikum ist aus dem Häuschen.

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Brandenburg, Fürstenwalde: Hans-Dieter Dorow von den Stone Walker steht im Kilt auf dem Trainingsplatz in Fürstenwalde/Spree und hat auf seiner Schulter einen 50 Kilogramm schweren Baumstamm.
Brandenburg, Fürstenwalde: Hans-Dieter Dorow von den Stone Walker steht im Kilt auf dem Trainingsplatz in Fürstenwalde/Spree und hat auf seiner Schulter einen 50 Kilogramm schweren Baumstamm.Patrick Pleul/dpa

„Stone Walker“ nennen sich 20 Extremsportler im Schottenrock aus Fürstenwalde in Brandenburg. Hans-Dieter Dorow brachte den schottischen Rasensport an die Spree, spielte bei internationalen „Highland Games“ mit. Jetzt tritt er letztmalig international an.

Wer Hans-Dieter Dorow begegnet, hat automatisch Respekt. Und das, obwohl der 64-Jährige aus dem brandenburgischen Fürstenwalde häufig im karierten Schottenrock anzutreffen ist. Doch schnell fällt der Blick auf die muskelbepackten Arme und Beine: Dorows Faible für Kraftsport ist unübersehbar.

Hans-Dieter Dorow  trainiert im Kilt das Werfen eines Gewichtes auf dem Sportplatz in Fürstenwalde/Spree. 
Hans-Dieter Dorow trainiert im Kilt das Werfen eines Gewichtes auf dem Sportplatz in Fürstenwalde/Spree. Patrick Pleul/dpa

Das eintönige Stemmen von Gewichten und das Trainieren an der Hantelbank wurde dem Unternehmer vor gut 15 Jahren einfach zu langweilig. Durch einen Zufall hatte er anderswo erlebt, wie Athleten dort im Wettbewerb ganze Baumstämme senkrecht in die Höhe stemmten, 120 Kilogramm schwere Steinkugeln auf Podeste hoben oder Gewichte an Ketten viele Meter weit warfen.

Der Fürstenwalder war auf Anhieb fasziniert. „Bei diesem Highland Sport, wie er in Schottland seit Jahrhunderten betrieben wird, reichen dicke Muckis allein nicht. Da geht es um die Kombination von Geschicklichkeit, Koordination und richtiger Technik.“

Wettkampfkleidung der Stone Walker ist der schottische Kilt

Dorow gründete in seiner Heimat die „Stone Walker“, einen Verein in Tradition des schottischen Rasensports, mit aktuell 20 Mitgliedern und brachte die traditionellen „Highland Games“ nach Brandenburg, inklusive Dudelsackklängen und schottischem Whisky. „Da die Spiele zu Zeiten der keltischen Könige im 11. Jahrhundert entstanden, ist die traditionelle Wettkampfkleidung der schottische Kilt, denn Hosen gab es damals noch nicht.“

Neunmal veranstalteten er und seine Mitstreiter seitdem brandenburgisches Kräftemessen nach schottischer Art - eine Gaudi, vor allem für staunende Zuschauer, wie Ellen Rußig, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Seenland Oder-Spree, bestätigt. „Das hat zur Bekanntheit unserer Reiseregion beigetragen. Themen und Regionen leben durch die Menschen und ihre Aktivitäten, besonders durch solche authentischen Originale wie Dorow.“

Lieblingsdisziplin des Stone Walkers ist das schottische Hammerwerfen

„Was wir tun, ist echter Leistungssport“, sagt der 64-Jährige, der 2009 zu seinen ersten internationalen Highland Games antrat, 2014 einen Weltmeistertitel holte und in den Folgejahren zwei Vizemeister-Titel.

Dorows Lieblingsdisziplin ist das schottische Hammerwerfen: Ein Eisengewicht wird rücklings über eine hohe Stange geschleudert, haarscharf vorbei am Hinterkopf des Athleten. Nun will er es ein letztes Mal wissen, tritt Ende August bei den diesjährigen Weltmeisterschaften im schweizerischen Neuendorf in der Altersklasse Ü60 an. Der Kraftsport an der Hantelbank gehört noch heute zu Dorows Trainingsprogramm. „Da drücke ich noch immer 140 Kilo, früher 190.“

Spezielle Schuhe zum besseren Halt beim Werfen von Gewichten sowie verschiedene Wurfgeräte wie Stein und Kugelhammer vom Stone Walker Hans-Dieter Dorow, liegen auf dem Trainingsplatz.
Spezielle Schuhe zum besseren Halt beim Werfen von Gewichten sowie verschiedene Wurfgeräte wie Stein und Kugelhammer vom Stone Walker Hans-Dieter Dorow, liegen auf dem Trainingsplatz.Patrick Pleul/dpa

Stone Walker am 5. und 6. August beim Sommerfest in Kolpin

„Mitmachen kann jeder, wichtig sind die richtige Einstellung und Disziplin“, ergänzt Joachim Schenk, mit 68 Jahren ältester „Stone Walker“ und ehemaliger Leiter des Fürstenwalder Oberstufenzentrums. Er schwärmt von Wettbewerben in Japan, den USA oder Irland, wo sich die „Highland Games“ nach schottischem Vorbild zu echten Volksfesten entwickelt hätten. „Da haben wir zumindest im Osten Deutschland noch Nachholbedarf“, meint Schenk.

Nach Angaben des 2006 gegründeten Deutschen Highlandgames Verbandes mit aktuell 40 Mitgliedsvereinen erfreut sich der schottische Rasensport in der Bundesrepublik wachsender Beliebtheit. Mehr als 25 Highland Games finden demnach von Mai bis Oktober dieses Jahres im Bundesgebiet statt.

Wer die brandenburgischen Highländer live erleben will, kann das am 5. und 6. August beim Sommerfest in Kolpin (Oder-Spree). „Da zeigen wir, was wir so draufhaben, veranstalten außerdem ein Tauziehen nach schottischen Regeln“, sagt Daniel Dorow.

Trotz aller Anstrengungen, ergänzt sein Vater, sei es ihnen bisher nicht gelungen den Schottensport in Berlin und Brandenburg populärer zu machen. „Vielleicht fehlen hier einfach verrückte Leute. Und ein bisschen verrückt sein musst du dafür schon“, mutmaßt der 64-Jährige.

„International genießt die Szene in Deutschland immer mehr Ansehen. Die Weltmeisterschaft der Damen wurde im vergangenen Jahr in der Nähe von Bonn ausgetragen“, sagt Jürgen Stickelbrock, Vorsitzender des Deutschen Higlandgames Verbandes.