Gier-Investoren ins Abseits gestellt

Unternehmer mit großem Herz: 1. FC Union-Unterstützer rettet Berliner Mieter

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg übt das Vorkaufsrecht für den Unternehmer Michael Kölmel aus. Landeseigene Unternehmen und Genossenschaften standen nicht zur Verfügung.

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Retter in der Not: Unternehmer Michael Kölmel erwarb das Haus in der Corinthstraße 56 in Friedrichshain-Kreuzberg.
Retter in der Not: Unternehmer Michael Kölmel erwarb das Haus in der Corinthstraße 56 in Friedrichshain-Kreuzberg.Foto: Volkmar Otto

Die Mieter des Hauses in der Corinthstraße 56 in Friedrichshain-Kreuzberg können aufatmen. Das Bezirksamt hat am Dienstag das gesetzliche Vorkaufsrecht für das Mietshaus mit 31 Wohnungen zugunsten des Unternehmers Michael Kölmel ausgeübt, wie aus einer Mitteilung hervorgeht. Ein anderes Unternehmen mit Verbindung nach Luxemburg, das das Gebäude ursprünglich erwerben wollte, kommt damit nicht zum Zuge.

Der 67-jährige Unternehmer Michael Kölmel wurde bundesweit als Gründer des Filmverleihs Kinowelt und als Besitzer der Verlags- und Buchhandelsfirma Zweitausendeins bekannt. Berliner kennen ihn zudem als Unterstützer des Fußballvereins 1. FC Union Berlin. Vor zwei Jahren erwarb Kölmel bereits ein Wohnhaus am Strausberger Platz 21, nachdem die Mieter nach einem „Investor mit Herz“ für das Gebäude gesucht hatten.

Besonderen Mieterschutz vereinbart

Für Häuser wie das in der Corinthstraße 56, das in einem Milieuschutzgebiet liegt, haben die Bezirke ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Abwenden kann ein privater Erwerber die Ausübung des Vorkaufsrechts nur, wenn er sich in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Bezirk zur Einhaltung eines besonderen Mieterschutzes verpflichtet. Dazu gehört der Verzicht auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen für die Dauer von 20 Jahren. Im Fall der Corinthstraße soll das Unternehmen mit Verbindung nach Luxemburg nicht bereit gewesen sein, das Vorkaufsrecht abzuwenden. Kölmel seinerseits sicherte nach Angaben aus dem Bezirk den besonderen Mieterschutz für 20 Jahre zu.

Die Mieter hatten Anfang Juni in einem Aufruf an den Senat verlangt, die Zuschüsse für die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten von landeseigenen Unternehmen und Genossenschaften von bisher zehn Prozent des Kaufpreises zu erhöhen – „damit Milieuschutz zukünftig wieder funktioniert und Mieter*innen nicht aus Ihren Wohnungen und Kiezen verdrängt werden“, wie sie formulierten. Denn in anderen Fällen war die Ausübung des Vorkaufsrechts gescheitert, weil die Zuschüsse angesichts der hohen Preise nicht ausreichten. Zugleich kontaktierten die Mieter auf der Suche nach einem gemeinwohlorientieren Erwerber rund 40 Wohnungsbaugenossenschaften und Stiftungen – und den Unternehmer Michael Kölmel. Auf ihn waren sie nach den Berichten über den Erwerb des Hauses am Strausberger Platz gestoßen.

Bewohner sind erleichtert

Nach dem Zuschlag für Kölmel zeigen sich die Mieter erleichtert. „Die Zitterpartie nach herausfordernden Wochen und einem emotionalem Auf und Ab hat ein Ende“, sagt Tankred Friedrich. „Da der Erwerb durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft nicht möglich war, haben wir Mieter*innen großes Glück gehabt, dass dank Herrn Kölmel der Verkauf des Hauses an anonyme Spekulant*innen aus Steueroasen verhindert werden konnte.“ Friedrich: „Wir hatten das Glück, mit ihm einem von jenen Menschen begegnet zu sein,, die ihre finanziellen Möglichkeiten als Privileg sehen und verstanden haben, dass Eigentum nicht zu maximalem Profit auf Kosten anderer, sondern zu gesellschaftlicher Verantwortung verpflichtet.“

Michael Kölmel sagt: „Wir sind Investor*innen, denen Menschlichkeit vor Rendite geht.“ Der Bezirk zeigt sich zufrieden. „Ich zolle dem Engagement der Hausgemeinschaft in der Corinthstraße 56 meinen Respekt“, sagt Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Das Bezirksamt zeige mit diesem Modell, dass es handlungsfähig sei, selbst wenn landeseigene Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften nicht für die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Verfügung stehen. Der Erwerb einer Immobilie ohne Absicht, eine Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen, werde somit in Friedrichshain-Kreuzberg „ein risikoreiches Geschäft, das ich niemandem empfehlen kann“, so Schmidt.