Chaos vorprogrammiert?

In Berlin und Brandenburg gehen uns die Richter und Staatsanwälte aus!

Was bedeutet das für unser Rechtssystem? In Berlin und Brandenburg geht ein großer Teil der Richter und Staatsanwälte in wenigen Jahren in Pension.

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Ein vorsitzender Richter vor dem Berliner Landgericht
Ein vorsitzender Richter vor dem Berliner LandgerichtPressefoto Wagner

Kommt bald der Notstand? Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften von Berlin und Brandenburg drohen bald große Personallücken: Denn zahlreiche Juristen stehen kurz vor dem Rentenalter. Doch wieso gehen so viele gleichzeitig – und was kann man jetzt gegen die kritischen Lücken im Rechtssystem tun?

In Berlin gehen 39 Prozent der Richter und Staatsanwälte bis 2033

Der Deutsche Richterbund teilte nun erschreckende Zahlen in der Deutschen Richterzeitung mit: Berlins Gerichte und Staatsanwaltschaften stehen vor einer Pensionierungswelle und müssen in den kommenden zehn Jahren 758 Juristen ersetzen! Das sind ganze 39 Prozent der aktuell 1937 Richter sowie Staatsanwälte. Und es wird nur noch schlimmer: Danach gehen in Berlin und den fünf ostdeutschen Ländern bis zu 50 Prozent aller Juristen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften bis zum Jahr 2033 in den Ruhestand.

In Berlin scheiden nach Angaben der Justizverwaltung im nächsten Jahr 40 Juristen altersbedingt aus. Diese Zahl steigt in den Folgejahren kontinuierlich an! So liegt sie im Jahr 2027 bei 117 Pensionierungen, 2028 gehen dann 120 Juristen in den Ruhestand. Erst 2033 nimmt die Zahl wieder ab und liegt dann bei 47.

In Brandenburg ist die Lage genauso übel

Im Umland sieht es ähnlich knapp aus: In Brandenburg gehen innerhalb der nächsten neun Jahre rund vier von zehn Richtern und Staatsanwälten in Pension. Nach Angaben des Deutschen Richterbundes sind es 453 von 1081 Juristen, die bis 2032 die Justiz verlassen – darunter 343 Richter sowie 110 Staatsanwälte. Der Höhepunkt wird demnach im Jahr 2031 erreicht sein, wenn 61 Richter und 20 Staatsanwälte ausscheiden werden.

Das Berliner Landgericht in der Littenstraße in Berlin-Mitte – hier wird es auch bald an Juristen fehlen.
Das Berliner Landgericht in der Littenstraße in Berlin-Mitte – hier wird es auch bald an Juristen fehlen.T.Seeliger/imago

Woran liegt die Pensionierungswelle?

Aber wie kann es sein, dass so viele Juristen auf einmal ihre Robe an den Haken hängen? „Die ostdeutschen Bundesländer sind davon besonders betroffen, weil dort zahlreiche Juristen direkt nach der Wiedervereinigung ihren Dienst begonnen haben und jetzt das Ruhestandsalter erreichen“, erklärt Sven Rebehn, der Bundesgeschäftsführer des Richterbundes.

Nach den Berechnungen erreichen dort in den kommenden zehn Jahren fast 3000 Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte die Altersgrenze. Um eine große Personallücke zu vermeiden, seien umfangreiche Neueinstellungen nötig, betont Rebehn.

Was tun gegen den Richter-Schwund?

Aber: Das Problem wird offenbar ernst genommen! Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg sieht in der Gewinnung neuer Juristen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften ihre größte Herausforderung: „Ich setze mich mit aller Kraft dafür ein, dass gute Rahmenbedingungen entstehen und junge Juristinnen und Juristen aus Überzeugung bei uns arbeiten wollen“, betont sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Dabei geht es nicht nur um die Besetzung von Dienstposten, sondern auch um die langfristige Identifizierung mit diesem Amt.“

Die Justizverwaltung habe die anstehende Pensionierungswelle seit Jahren im Blick, heißt es. Neue und frei werdende Stellen würden deshalb möglichst zeitnah besetzt. Das sei weiterhin das Ziel. Helfen sollen dabei verschiedene Projekte. Geplant werde etwa die Einführung einer sogenannten Justizassistenz: Besonders geeignete Referendare sollen dabei befristet für maximal zwölf Monate direkt an einem Gericht in Teilzeit angestellt werden können.