Im Spreewald: Wenn die Postfrau zweimal stakt
Es hat im Spreewald eine lange Tradition: Seit 126 Jahren wird im Dorf Lehde in der warmen Jahreszeit die Post mit dem Kahn ausgeliefert.

Immer schneller, immer hektischer: Nicht so im Spreewald. Hier wird die Post immer noch mit dem Kahn ausgefahren. Am Mittwoch begann die neue Kahn-Saison für Postzustellerin Andrea Bunar. Seit 126 Jahren wird im Dorf Lehde in der warmen Jahreszeit die Post mit dem Kahn ausgeliefert. Dabei hat die Zustellerin von der Hollywoodschaukel bis zur Gartenhecke so einiges an Bord.
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Mit einem kräftigen Schwung der Ruderstange ging es für Postfrau Andrea Bunar im Spreewald wieder in die Kahn-Saison: Seit dieser Woche liefert die 52-Jährige im Spreewald-Dorf Lehde wieder Briefe und Pakete auf dem Wasserweg aus.
Mit ihrem Kahn bringt sie pro Woche mehr als 600 Briefe, Einschreiben und Postkarten sowie rund 70 Pakete und Päckchen für 65 Haushalte über die Spreewaldfließe, wie die Deutsche Post berichtet. Denn im brandenburgischen Lehde haben viele Haushalte keine direkte Anbindung an eine Straße. Bunar bietet auf ihrer Tour auch einen mobilen Postservice an: Kunden können ihr Briefe und Pakete mitgeben, Brief- und Paketmarken kaufen.
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Andrea Bunar transportiert mit dem Kahn sogar Fußballtore und Kühlschränke
Für Postzustellerin Bunar ist es bereits die zwölfte Saison auf dem Wasser. Vormittags liefert die 52-Jährige dann in Lübbenau mit dem Postauto und nachmittags über die Fließe in Lehde aus. Zum Start am Mittwoch hatte sie bereits 30 Pakete im Kahn.
Dort hat während der Saison so einiges Platz – bis zum Höchstgewicht von 31,5 Kilogramm: Im vergangenen Jahr waren es ein Fußballtor, ein Mähroboter und Laminat, berichtet die Zustellerin. Aber auch eine Hollywoodschaukel, einen Strandkorb, einen Kühlschrank und eine Gartenhecke hat sie schon über die Fließe geliefert.
Den neun Meter langen Kahn bewegt Bunar auf der rund acht Kilometer langen Tour mit reiner Muskelkraft. Traditionell nutzt sie dafür ein etwa vier Meter langes Rudel (Ruderstange). Die Zustellung ist also klimaneutral und leise: Ein Motor ist im Unesco-Biosphärenreservat Spreewald nicht gestattet. In einer Postkahnsaison können so etwa 1100 Kilometer zusammenkommen. Die Saison endet Mitte Oktober: Dann muss Bunar die Sendungen wieder mit dem Postauto liefern – und zu Fuß über Brücken und Treppen.

Die Postzustellerin ist selbst fest im Spreewald verwurzelt und pflegt auch privat die Bräuche der Region: „Bei Festen wie der Fastnacht trage ich die sorbische Tracht“, sagte die 52-Jährige.
Seit 126 Jahren wird die Post im Spreewald mit dem Kahn gebracht
Die Postzustellung per Kahn hat eine 126-jährige Tradition. Damals geschah das so auch noch in anderen Orten im Spreewald, da viele Dörfer lange Zeit nicht mit dem Straßennetz verbunden waren. Bis Ende der 1890er-Jahre mussten die Bewohner Lehdes ihre Post sonntags beim Kirchgang abholen.
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1897 richtete die Post wegen der zunehmenden Zahl von Briefen und anderen Sendungen die Zustellung per Spreewaldkahn ein, um die Haushalte besser erreichen zu können. Heute hat sich diese Tradition nur noch im Spreewalddorf Lehde erhalten.