Fällen oder Einzäunen der Bäume - bisher werden diese beiden Varianten vorgeschlagen. Da muss doch noch mehr gehen, hoffen Anwohner.
Fällen oder Einzäunen der Bäume - bisher werden diese beiden Varianten vorgeschlagen. Da muss doch noch mehr gehen, hoffen Anwohner. Gerd Engelsmann

Pro Jahr gehen mehr als 1100 Bäume in Berliner Straßen und Parks verloren. Temperaturen und die Anzahl der gefährlichen Tropennächte steigen dagegen. Dennoch will der Bezirk Pankow – nicht zum ersten Mal - gesunde Bäume fällen lassen. Sieben Pappeln auf einem Spielplatz am Mauerpark sollen weichen. Dabei geht es um viel mehr als diese sieben Bäume: darum, wie Pankow, wie ganz Berlin, mit der Klimakrise umgeht und bestehendes Grün schützt, damit Berlin auch in Zukunft eine lebenswerte Stadt bleibt.

Doch von vorn: In der Nähe der Jugendfarm Moritzhof stehen auf einem als Spielplatz ausgewiesenen Asphaltplatz sieben Pappeln. Sie könnten noch gut 20 bis 30 Jahre dort stehen und Schatten spenden. Es dauert, bis Bäume diese Größe erreichen und ihre Kronen ihre Klimaschutzwirkung voll entfalten. Besser als jeder Baum, den wir pflanzen, ist der, den wir erhalten.

Verkehrssicherheit auf dem Spielplatz Mauerpark nicht gewährleistet

Die Wurzeln der Pappeln haben nun den Boden aufgeworfen, die Verkehrssicherheit des Spielplatzes ist beeinträchtigt. Ein Basketballkorb musste deswegen bereits abmontiert werden. Außerdem stehen die Pappeln einem neu zu bauenden Weg, der in Zukunft die Ost-West-Verbindung zwischen Prenzlauer Berg und Wedding bilden soll, buchstäblich im Wege. Der Durchgang über Steinstufen wird schon jetzt viel genutzt, Anwohner haben eigenmächtig einen Zeil eines Zauns entfernt um schneller zum Bahnhof Gesundbrunnen zu kommen. Auch das ist aus Behördensicht nicht verkehrssicher.

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Im Zuge der Neugestaltung des Areals soll neben dem Weg auch der Spielplatz vor Ort erneuert werden.  Kinder haben sich einen Kletterparkour und Wasserspiel gewünscht. Dass dafür die Bäume gefällt und durch Jungbäume ersetzt werden sollen, will kaum ein Anwohner. Warum soll es nicht möglich sein, die vorhandenen Begebenheiten kreativ in eine Spiellandschaft zu integrieren?

Der Vorschlag der Gutachter für Grün Berlin lautet stattdessen: Die Pappeln sollen durch viel kleinere, klimaresistente Säuleneichen ersetzt werden. Nur dann könne der Spielplatz erneuert und Wegebau wie geplant umgesetzt werden.

Mauerpark: Diese sieben Pappeln sollen neuen, kleinen Bäumen weichen. Aus Protest wurden weiße Kreuze angebracht.
Gerd Engelsmann
Mauerpark: Diese sieben Pappeln sollen neuen, kleinen Bäumen weichen. Aus Protest wurden weiße Kreuze angebracht.

Pappeln passen nicht ins Konzept

Obwohl die Pappeln in einem guten Zustand sind, passen sie nicht in die umfangreichen Neuplanungen, für die es nur jetzt Senats-Gelder  aus dem Fördertopf „Zukunft Stadtgrün“ an die Grün Berlin Stiftung gibt. Nicht aber, wenn der natürliche Lebenszyklus der Pappel zu Ende ginge.

Weil es in Entscheidungsvorlagen immer zwei Optionen geben muss, haben sich die Planer zu einer „Alternative“ zur Neupflanzung durchgerungen:  Wenn die Pappeln – wie die Anwohner es sich wünschen – erhalten werden sollten, müssten sie komplett umzäunt werden, um die  Verkehrssicherheit herzustellen. Dann sei gar „keine Spielplatznutzung und Durchwegung möglich“, heißt es kategorisch in dem Papier.  Alternativen, die keine sind, werden hier aufgemacht, kritisiert der Verein Freunde des Mauerpark e.V. und macht sich für andere Kompromisslösungen stark.

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Schon zuvor war es dem Verein gelungen, Kompromisse, die Mensch und Natur im Park berücksichtigen, zu schließen. „Auf dem Falkplatz zum Beispiel ist es uns mit der Dokumentation von Brutstätten gelungen, die Grün Berlin davon zu überzeugen, den Natur- und Artenschutz in deren Fokus zu rücken“, sagt Alexander Puell, der Vorsitzende des Vereins. Auch im Nördlichen Mauerpark konnten ausgewachsene Bäume gerettet, Kahlschlag verhindert werden, ein neuer Weg führt nun in anderer Führung an ihnen vorbei.

Alexander Puell, Vorsitzender des Vereins Freunde des Mauerpark. Der Verein setzt sich für Naturschutz und die Menschen im und am Mauerpark Berlin ein.
Benjamin Pritzkuleit
Alexander Puell, Vorsitzender des Vereins Freunde des Mauerpark. Der Verein setzt sich für Naturschutz und die Menschen im und am Mauerpark Berlin ein.

„Hier hat unsere konstruktive Zusammenarbeit Positives bewirkt: Statt einer einseitigen Maßnahme wurden Synergien für bessere Lösungen gefunden“, sagt Alexander Puell. Im aktuellen Fall kritisiert er, dass das Straßen- und Grünflächenamt Pankow und die Senatsverwaltung für Umwelt und Naturschutz kein Interesse an einer Kompromisslösung für die Pappeln am Moritzhof haben.

Abholzen oder Einzäunen - kein Ohr für kreative Ideen

Für sie gäbe es nur Abholzen oder Einzäunen. Die Interessen von Kindern, die den Spielplatz nach Behördensicht wegen Bedenken hinsichtlich der Verkehrssicherheit nicht nutzen könnten werden gegen Klimaschutz ausgespielt.

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„Auch Kinder brauchen frische Luft zum Atmen, Schatten im Sommer, Klettermöglichkeiten und Natur zum Erleben. Und schließlich soll Klimaschutz auch dazu beitragen, eine lebenswerte Welt nicht nur für jetzt lebende sondern auch zukünftige Generation zu sichern. Nicht von ungefähr haben die Kinder und Jugendliche ihre globale Initiative „Fridays for Future” genannt“, so die Freunde des Mauerparks in einem Brief an die zuständige Pankower Stadträtin Manuela Anders-Granitzki.

Puell und seine Mitstreiter schlagen etwa eine Überbrückung der Wurzeln vor. Eine kühne stadtplanerische Idee, die an kreative Lösungen aus  Städten wie Kopenhagen erinnert und in Berlin neue, weniger langweilige Exempel im urbanen Raum  schaffen könnte.

Spielplätze in Berlin - phantasieloser Einheitsbrei

Wird nicht immer wieder in Schuluntersuchungen bemängelt, Kinder könnten sich weniger gut bewegen? Vielleicht liegt das auch an der glattgebügelten Spielplatzarchitektur, die in Berlin Usus ist, an pflegeleichtem, wartungsarmem, wurzelfreiem, schattenlosen und gebüsch- und phantsielosem Einheitsbau, der viel zu oft praktiziert wird.

Puell und seine Mitstreiter wollen weiter für eine Alternative werben, die beide Interessen berücksichtigt. „Das Bezirksamt muss mehr Verantwortung übernehmen und kann sich nicht mehr hinter Haftungs- und Kostenargumenten verstecken“, so Alexander Puell.

Wenn Berlin klimafreundlich, kinderfreundlich und modern sein will, muss es sich mehr trauen als Zäune oder Kahlschlag.  Am Dienstag soll in der BVV Pankow über die Pappeln am Mauerpark entschieden werden.