Hausdurchsuchung in der Karl-Marx-Allee: Polizei findet 275.000 Euro teure Geige. Trottel-Diebe hatten sie für nur 200 Euro weiterverkauft
Das 1769 von Nicolò Gagliano aus Neapel gebaute Instrument verschwand vor drei Jahren aus Musikhochschule Hanns Eisler.

Das Instrument ist unersetzbar. Vor drei Jahren verschwand eine wertvolle Geige aus Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin-Mitte. Trottel-Diebe verkauften das 275.000 teure Instrument für 200 Euro weiter – sie wussten nicht, was sie da gestohlen hatten. Jetzt hat die Polizei die 1769 vom Geigenbauer Nicolò Gagliano aus Neapel gebaute Geige bei einem Hehler beschlagnahmt.
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So ein Instrument ist einfach zu erkennen, an der individuellen Holz-Maserung, die wie ein Fingerabdruck ist, an bestimmten Eigenheiten. Diese Geige etwa hat einen Zettel im Inneren auf den Boden geklebt, durch das F-Loch in der Decke ist die Beschriftung „Nicolaus Gagliano 176…“ lesbar. Wie die Polizei nach dem Diebstahl im März 2019 meldete, ist das Holz besonders in der Zarge und beim Boden durch Asteinschlüsse gemasert.

Die wertvolle Geige wurde für nur 200 Euro weiterverkauft
Der Dieb war damals schnell gefunden, doch die rund 250 Jahre Geige war weg. Mehr als ein Jahr nach dem Diebstahl wurde der Täter Berthold S. (43) zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Gagliano-Geige habe S. entwendet und für vermutlich 200 Euro verkauft, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren, hieß es damals im Amtsgericht Tiergarten.
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Am 11. März 2019 hätten der Angeklagte und sein Mittäter auf der Suche nach Beute die Hochschule für Musik betreten, hieß es weiter im Urteil. Zuvor hätten sie vergeblich versucht, ein Fahrrad zu entwenden. „Durch einen unglücklichen Zufall war die Tür in der dritten Etage offen.“

Das wertvolle Streichinstrument ist Eigentum der Bundesrepublik. Die Deutsche Stiftung Musikleben hatte die Gagliano-Geige damals einem Stipendiaten zur Verfügung gestellt.
Die Mutter des Hehlers half beim Geigen-Deal
Zunächst hätten die Täter in dem Raum eine Tasche entdeckt und Geld gesucht, so die Richterin. „Dann fanden sie die Geige.“ Mit dem Instrument unter der Jacke habe der Angeklagte das Gebäude verlassen. Das Gericht sprach den 41-Jährigen des Diebstahls in einem besonders schweren Fall schuldig. Es ordnete zudem die gesamtschuldnerische Einziehung von Wertersatz in Höhe 275.000 Euro an.
Um den Wertersatz kommt der Dieb jetzt wohl herum. Denn das Instrument ist wieder da. Bei Durchsuchungen in Berlin haben Polizisten die wertvolle Geige aus dem 18. Jahrhundert sichergestellt. Auf die Spur kam die Polizei, die mit 80 Beamten im Einsatz war, dem mutmaßlichen Hehler bei Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzungen, Freiheitsberaubung und Bedrohung. Diese richten sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft gegen fünf Männer im Alter von 22 bis 34 Jahren. Einer der Verdächtigen soll die wertvolle Geige gekauft haben, er wird der Hehlerei beschuldigt. Seine Mutter soll dabei geholfen haben.
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Am Mittwochmorgen durchsuchten wegen der Ermittlungen etwa 80 Polizisten vier Orte in Berlin, unter anderen eine Wohnung an der Karl-Marx-Allee in Berlin-Friedrichshain. Es seien Durchsuchungsbeschlüsse aus den beiden Parallelverfahren vollstreckt worden, sagt eine Polizeisprecherin. Angaben zu sichergestellten Beweismitteln machte sie nicht. Nach einem B.Z.-Bericht wurden neben der Geige auch mindestens ein Messer, ein Schlagstock, Drogen sowie ein Gerät zur Manipulation von Auto-Tachos beschlagnahmt.