KURIER-Interview
Der Herr der Impfzentren: Herr Czaja, wie lange dauert das Impfen noch?
Der Berliner DRK-Chef Mario Czaja erklärt, warum man noch bis Herbst auf die Impfzentren nicht verzichten kann.

Seit vier Monaten wird gegen Corona geimpft. Nicht immer ohne Probleme, wie auch der Berliner DRK-Präsident Mario Czaja weiß. Das DRK leitet mit anderen Verbänden die sechs Impfzentren der Stadt, zu denen die Arena in Treptow gehört. Dort treffen wir Czaja zum Interview. Wie wird in Berlin weiter geimpft, da nun die Hausärzte mit dabei sind, die Prioritäten fallen und es mehr Impfstoff gibt?
KURIER: Herr Czaja, wie beurteilen Sie derzeit das Geschehen in den Impfzentren?
Mario Czaja: Die Arbeit in den Impfzentren läuft sehr gut und reibungslos. Wir impfen derzeit täglich rund 14.000 Menschen. Es ist deutlich zu sehen, dass nun auch stärker jüngere Berliner in die Impfzentren kommen. Das sind zumeist chronisch Kranke oder Mitarbeitende aus Pflegeberufen. Seit Ostern gibt es einen weiteren Schub.
Aber die Zentren könnten doch mehr leisten?
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Wir könnten 20.000 Berliner pro Tag impfen. Wenn wir die Zentren mit längeren Öffnungszeiten in einem Dreischichtsystem hochfahren, wären es bis zu 30.000 Menschen. Dazu bräuchten wir aber ausreichende Impfstoffmengen. Zum Vergleich: Als wir am 27. Dezember 2020 in der Arena begannen, gab es 1500 bis 2000 Impfungen pro Tag. Seit einigen Wochen liegt die Zahl der Impfungen in den Zentren oberhalb der Zehntausender-Marke. Bei den vollständig Geimpften war Berlin am vergangenen Freitag mit einer Quote von 8,4 Prozent bundesweit auf Platz zwei, davor kam nur Thüringen mit 8,9 Prozent. Allein diese Quote zeigt, wie gut das Impfen in Berlin läuft. Und die Nachfrage ist groß: Die Termine etwa in der Arena und in der Messe sind bis Ende Juni ausgebucht.
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Wie können Sie sich erklären, dass von 1,6 Millionen Berlinern, die eine Impfeinladung bekamen, etwa die Hälfte keinen Termin buchten, wie jüngst die Gesundheitsverwaltung auf Anfrage mitteilte?
Ich denke, die Zahl muss man genauer betrachten. Etwa 1,6 Millionen Impfcodes sind ausgegeben worden, teilweise personalisiert direkt an Impfberechtigte, aber auch viele nicht personalisiert an ausgewiesene Einrichtungen wie Pflegeheime, Krankenhäuser oder Polizeiwachen. Das bedeutet nicht, dass 1,6 Millionen Berliner eine persönliche Einladung schriftlich bekommen haben, sondern über unterschiedliche Wege Impfberechtigungen da waren, bei denen sich Personengruppen überschnitten. Das Einladungswesen und das Versenden der Impfcodes ist nicht die Aufgabe der Hilfsorganisationen, sondern des Senats. Der öffentlich entstandene Eindruck, dass über 800.000 Berliner ihre Impfberechtigung nicht in Anspruch nahmen, ist meiner Meinung nach ein falscher.
Ich sehe keinen Konflikt zwischen Impfzentren und Praxen.
Nun impfen auch die Hausärzte. Fast jeder zehnte bisher geimpfte Berliner bekam den Piks in einer Praxis. Wozu brauchen wir da noch die Impfzentren?
Ich denke, wir brauchen beides - Impfzentren und Hausärzte. Wir impfen am Tag derzeit 14.000 Menschen. Alle niedergelassenen Ärzte, die beim Impfen dabei sind, haben an den besten Tagen auch so um die 10.000 Impfungen pro Tag geschafft. Beide Seiten könnten noch mehr schaffen, wenn mehr Impfstoff zur Verfügung steht. Ich sehe also keinen Konflikt zwischen Impfzentren und Praxen. Am Ende wird es sogar mit den Betriebsärzten einen Dreiklang geben, um mehr Menschen schneller zu impfen. Denn genau darum geht es! Ich finde die Entscheidung des letzten Impfgipfels richtig, dass die Impfzentren in Betrieb bleiben. Wir haben aktuell die Verträge mit dem Senat verlängert.

… die doch Ende April auslaufen sollten?
Es gab eine automatische Verlängerungsklausel. Die hat der Senat schon vor einiger Zeit gezogen und gesagt, wir verlängern monatsweise. Der Senat verlängert die Verträge nur so lange, wie der Bund die Impfzentren ohnehin vorgesehen hat. Das wäre längstens bis Ende September.
Warum wurde aber noch ein neuer Vertrag geschlossen?
Weil das DRK Berlin jetzt die Koordinierung der Ärzte für die Zentren vornimmt. Das tat zuvor die Kassenärztliche Vereinigung (KV) allein, mit der wir nun diese Leistung partnerschaftlich zusammen erbringen. Die KV wird weiter die niedergelassenen Ärzte für die Impfteams stellen, das DRK wird mit der KV die Zeit- und Arbeitspläne erstellen. Sollte es zu Engpässen kommen, weil Hausärzte und die Impfzentren auf Grund von mehr Impfstofflieferungen mehr Impfungen vornehmen müssen, hat das DRK dem Senat zugesichert, dass wir für diese Spitzen eigenes medizinisches Personal für die Impfzentren stellen werden.

Auf Grund der lokalen und persönlichen Nähe zu den Patienten haben doch Hausärzte einen großen Vorteil gegenüber den Impfzentren?
Diese hohe Anzahl an Menschen, die wir Tag für Tag in den Impfzentren impfen, kann nur hier in dieser Geschwindigkeit gewährleistet werden. Die Abläufe sind eingespielt. Die Menschen müssen gezielt eingeladen werden. Der Impfstoff muss aufbereitet und in kürzester Zeit verbraucht werden. Vor Monaten war es wegen der starken Kühlung noch nicht einmal möglich, Biontech in den Praxen einzusetzen. All das geht in einem Impfzentrum, das in Berlin sieben Tage in der Woche und auch an Feiertagen von 9 bis 19 Uhr geöffnet hat, viel effizienter. Das Impfen gegen Corona ist mehr als nur ein kleiner Piks. Aber ich will deutlich sagen: Wir würden die hohe Anzahl an Impfungen in Berlin nicht schaffen, wenn wir nicht beide Impfeinrichtungen parallel nutzen würden, die Zentren und die Praxen.
Sorgt ein möglicher Wegfall der Prioritäten im Juni nicht für einen Ansturm auf die Impfzentren?
Es wird einen weiteren Ansturm auf die Termine geben. Da wird einiges neu zu organisieren sein, denn einige Zentren sind jetzt schon bis Ende Juni ausgebucht. Die Aufhebung der Prioritäten bei der Impfreihenfolge, die ich sehr begrüße, betrifft zentral auch den Hausärzte-Bereich. Ich denke aber, dass wir im Herbst die Impfzentren schließen können, da bis dahin dann sehr viele Menschen geimpft werden konnten. Wir wollen in der Arena oder in der Messe ja auch bald wieder die Veranstaltungen haben, die dort hingehören. Darauf freuen sich alle.