Terror am Breitscheidplatz: Hat dieser Berliner Hauptkommissar Dienstgeheimnisse an die AfD weiterleitet?
Bereits rund 90 Minuten nach dem Terroranschlag des Islamisten Anis Amri soll der Polizist erste Erkenntnisse der Polizei an eine Chat-Gruppe weitergereicht haben.

Ein Hauptkommissar, der selbst die Anklagebank drücken muss: Detlef M. (57) soll Polizei-Interna mit einer Chat-Gruppe geteilt haben, zu der AfD-Bezirksabgeordnete gehörten.
Der langjährige Polizist war einst Wachleiter. Nun lautet der Vorwurf: Versuchter Verrat von Dienstgeheimnissen. Es geht um interne Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren im Fall des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016.
Der Tunesier Anis Amri war mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gerast. 13 Menschen starben, viele wurden verletzt. Er selbst starb auf der Flucht vier Tage nach der Tat durch Schüsse der italienischen Polizei.
Bereits rund 90 Minuten nach dem Terroranschlag des Islamisten soll M. erste Erkenntnisse der Polizei an eine Chat-Gruppe weitergeleitet haben. Am Folgetag soll er dann erste Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchung des Lkw, mit dem der Anschlag verübt wurde, in die Gruppe geschickt haben.
Dem Hauptkommissar und mutmaßlichen Verräter flatterte zunächst ein Strafbefehl ins Haus
Neben AfD-Bezirksabgeordneten aus Neukölln soll unter den Empfängern auch einer von drei Verdächtigen sein, gegen die wegen einer rechtsextremistischen Anschlagsserie in Neukölln ermittelt wird. Bei den Taten geht es um mindestens 72 Brandstiftungen und Drohungen vor allem zwischen 2016 und 2018.
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Es soll allerdings auch der Hinweis an die AfD-Kumpels gefolgt sein, die Informationen erst einmal nicht weiterzuschicken – sonst würde es keine weiteren Informationen geben.
Dem mutmaßlichen Verräter flatterte zunächst ein Strafbefehl ins Haus: Das Amtsgericht Tiergarten verhängte gegen den Beamten eine Strafe von 8100 Euro (90 Tagessätze zu je 90 Euro). Dagegen allerdings legte M. Einspruch ein und erzwang so einen Prozess.
Hauptkommissar M. war im Frühjahr 2020 ins Visier seiner Kollegen geraten
Der Richter hatte wohl auf ein Geständnis gehofft: „Ich dachte, wir brauchen keine Zeugen.“ Aber seine Hoffnung erfüllte sich nicht: „Mittlerweile weiß ich, dass Zeugen geladen werden müssen.“ Nach knapp einer Minute entschied der Richter: „Termin wird ausgesetzt.“ Zweiter Prozess-Anlauf soll am 4. Mai sein. Zwei Polizeibeamte will der Richter laden.
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Hauptkommissar M. war im Frühjahr 2020 ins Visier seiner Kollegen geraten. Ermittlungen im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Brandstiftung in Neukölln sollen zu einem Mitglied der Chat-Gruppe geführt haben, an die M. illegal Infos geschickt haben soll. Auf beschlagnahmter Technik hätten Ermittler den Chatverlauf entdeckt und die Kontakte geprüft – darunter sei M. gewesen.
Gegen den Hauptkommissar wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet – es ruht laut Angaben bis zum Abschluss des Strafverfahrens, hieß es am Rande. Ruhigen Schrittes und wortlos verließ M. nun nach kurzem Auftritt und in Begleitung seines Verteidigers den Gerichtssaal.