Trotz Rückgabe-Pläne
Hat der Büsten-Streit nun ein Ende? Senat macht klar: Nofretete bleibt Berlinerin
Um die Rückgabe des Kunstwerkes, das vor über 100 Jahren nach Berlin kam, wird immer wieder gestritten.

Um die schönste Berlinerin wird seit Jahrzehnten immer wieder gestritten. Die Nofretete-Büste, die vor über 100 Jahren in die Hauptstadt kam und im Neuen Museum ausgestellt ist – immer wieder fordern ägyptische Historiker und auch Regierungsvertreter ihre Rückgabe. Auch Senatsvertreter sprachen sich vor kurzem erneut dafür aus, die Büste zurückzugeben. Sogar der Pergamon-Altar soll wieder in sein Herkunftsland zurück – in die Türkei. Doch nun macht der Senat eine klare Ansage.
Anlass ist eine Aussage der Staatssekretärin für Vielfalt und Antidiskriminierung, Saraya Gomis (parteilos), die für viel Wirbel und Unstimmung in der eigenen Behörde sorgte. „Ich persönlich bin dafür, dass der Pergamonaltar und die Nofretete-Büste zurückgegeben werden“, hatte sie in einem Zeitungsinterview gesagt. Ihre Begründung: „Aus einer Antidiskriminierungsperspektive muss man sagen: All die Kulturgüter aus anderen Weltregionen gehören nicht uns, sie sind unrechtmäßig hier.“
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Ihre Chefin, Justizsenatorin Lena Kreck (Linke), prescht nun dazwischen und stellt klar: Es wird keine Rückgabe der Kunstschätze geben. „Der Senat strebt nicht an, die Nofretete und den Pergamon-Altar wieder zurückzugeben“, sagte die Senatorin jetzt auf einer Sitzung im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Um ihrer Staatssekretärin nicht völlig in den Rücken zu fallen, erklärte Behörden-Chefin Kreck, dass sie die Debatte um das Thema zwar begrüße. Aber es gebe verschiedene Perspektiven auf die Rechtmäßigkeit des Besitzes des Pergamon-Altars und der Nofretete-Büste – sowohl im juristischen und moralischen Sinn. Die Nofretete ist ein Touristenmagnet, müsse daher in Berlin bleiben.
Nofretete in Berlin: Sie ist nicht illegal eingereist

Schließlich sei ihr Dasein in Berlin nicht unrechtmäßig. Die um 1340 vor Christus gefertigte Büste der Hauptgemahlin von Pharao Amenophis IV., die im Neuen Museum zu sehen ist, sei damals nicht illegal aus Ägypten gebracht worden. Das hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu dem das Neue Museum gehört, immer wieder klar gemacht. Die Büste ist im Rahmen einer von der ägyptischen Antikenverwaltung genehmigten Grabung gefunden worden. Dabei sei wie damals üblich eine Fundteilung vereinbart worden, heißt es.

Der Berliner Textil-Unternehmer James Simon (1851-1932), der mit einem Vermögen von über 35 Millionen Reichsmark zu den Millionären der damaligen Reichshauptstadt zählte, hatte als Förderer der Berliner Museen die Grabungen in Ägypten finanziert. Ab 1911 wurden diese vom deutschen Ägyptologen Ludwig Borchardt (1863-1983) etwa 300 Kilometer südlich von Kairo durchgeführt.
In einer antiken Bildhauerwerkstatt fand der Forscher am 5. Dezember 1912 die bemalte Kalkstein-Büste von Nofretete. Da Unternehmer James Simon die Grabungen finanziert hatte, ging der Kopf der altägyptischen Königin in seinen Besitz über. Er schenkte die Büste dem damaligen preußischen Staat. 1920 kam Nofretete nach Berlin, wurde 1924 erstmals öffentlich auf der Museumsinsel gezeigt.
Nazis wollten Nofretete zurückgeben, doch Hitler hatte eigene Pläne mit der Büste
Schon kurz danach gab es auch die ersten Rückgabe-Forderungen von der ägyptischen Regierung. Nofretete sollte gegen andere Kunstschätze ausgetauscht werden. Seitens des Museums war man auch bereit. Selbst Finanzier Simon soll dem zugestimmt haben. Doch das Wissenschaftsministerium entschied sich 1930 dagegen.
Sogar die Nazis wollten Nofretete den Ägyptern zurückgeben. 1933 plante dies Reichsminister Hermann Göring. Offensichtlich wollte man die Ägypter als Verbündete gewinnen. Doch Hitler stellte sich quer: „Ich werde den Kopf der Königin niemals aufgeben. Es ist ein Meisterwerk, ein Juwel, ein wahrer Schatz.“
Er hatte mit der Büste eigene Pläne. In seiner angedachten Hauptstadt Germania, die Berlin werden sollte, wollte Hitler ein großes Museum errichten, in dem Nofretete in einem für sie errichteten Saal gezeigt werden sollte.

Nach dem Krieg stritten sich die Alliierten um die Büste, die dann im Westteil Berlins verblieb und im Ägyptischen Museum gegenüber dem Schloss Charlottenburg ausgestellt wurde. Nach der deutschen Wiedervereinigung machten ägyptische Regierungsvertreter erneut ihren Anspruch auf Rückgabe geltend. Aktuell gebe es seitens Ägyptens keine Forderungen, teilt Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit.
Im Falle des Pergamon-Altars, der im danach benannten Pergamonmuseum zu sehen ist, machte die Türkei immer wieder mal Vorstöße in Richtung Rückgabe. Der Altar stammt aus der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts vor Christus. Er stand auf dem Burgberg der kleinasiatischen Stadt Pergamon und wurde Ende des 19. Jahrhunderts bei Grabungen entdeckt. Die Präsentation im danach benannten Pergamonmuseum auf der Museumsinsel geht auf einen Vertrag zur Fundteilung zwischen der deutschen Regierung und dem Osmanischen Reich, aus dem die Türkei hervorging, nach Verhandlungen 1878/79 zurück.