Haste mal 2,6 Milliarden? Berlin muss viel mehr Geld ausgeben
Opposition kritisiert, dass die Mehrausgaben des Nachtragshaushalts zu spät kommen und falsch eingesetzt werden

Die Berliner CDU hat der rot-grün-roten Koalition vorgeworfen, bei der Verabschiedung des Nachtragshaushaltes unnötig viel Zeit verloren zu haben. „Es war ein Fehler, den Nachtragshaushalt nicht gleich nach der Sommerpause auf den Weg zu bringen“, sagte der CDU-Finanzexperte Christian Goiny. Im Abgeordnetenhaus wurde am Donnerstag in einer Sondersitzung über den Nachtragshaushalt in Höhe von 2,6 Milliarden Euro gestritten. Er soll nach insgesamt kurzer Beratungszeit am nächsten Montag beschlossen werden.
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Goiny kritisierte, ein Teil der Hilfen gegen Auswirkungen der Energie-Krise werde erst im Frühjahr 2023 und damit viel zu spät ausgezahlt. Gleichzeitig monierte er, es sei eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, wenn der Senat jetzt so tue, als ginge es ihm darum, den Menschen schnell helfen zu wollen.
39 Millionen Euro für den Fall, dass Berlin vorzeitig neu wählen muss
Tatsächlich stehe dahinter nur die Angst, den Nachtragshaushalt nicht mehr verabschieden zu können, falls Berlins Verfassungsgerichtshof am nächsten Mittwoch eine Wiederholung der vermurksten Abgeordnetenhauswahl von 2021 anordnet. Für diesen Fall hat Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) übrigens 39 Millionen Euro „Vorsorge Wiederholungswahlen“ eingestellt.
AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker hielt der Koalition vor, das für die vergünstigten Nahverkehrs-Tickets vorgesehene Geld werde den Steuerzahler teuer zu stehen kommen und fehle für Investitionen in die Verkehrsangebote. Berlin lebe angesichts von 66 Milliarden Euro Rekordschulden bereits jetzt auf Kosten künftiger Generationen.
FDP-Haushaltsexpertin Sibylle Meister kritisierte, die vorgesehenen 500 Millionen Euro für den Nahverkehr würden nicht dem Ausbau des Netzes zugutekommen. Das vom Senat durchgesetzte 29-Euro-Ticket koste außerdem 105 Millionen Euro pro Vierteljahr.
Scharmützel zwischen FDP und SPD, im Bund Koalitionspartner, in Berlin Gegner
FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja hatte zuvor bemängelt, es sei fahrlässig, nur 200 Millionen Euro für Wirtschaftshilfen einzuplanen. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Torsten Schneider, wies Czajas Kritik zurück. Sie habe schon „etwas Ulkiges“ angesichts der deutlich höheren Hilfen, die Berlin der Wirtschaft zur Verfügung stelle im Vergleich zu den Plänen aus dem FDP-geführten Bundesfinanzministerium.
Daniel Wesener verteidigte seinen Entwurf für den Nachtrag. Der rot-grün-rote Senat treffe damit Vorsorge für Entlastungsmaßnahmen für Bürger und Betriebe - zusätzlich zu den Hilfen vom Bund. „Der Senat hat mit diesem Nachtragshaushalt Wort gehalten und in Rekordzeit ein ordentliches Paket geliefert“, sagte Wesener. Es sei nötig, Vorsorge zu treffen auch für künftige Belastungen. Denn die Krise werde nicht mit diesem Jahr vorbei sein.
Der Finanzsenator warnte aber mit Blick auf weitere Mehrausgaben, Berlin müsse vorsichtig zu sein. Denn die Steuermehreinnahmen, mit denen Berlin rechne, seien vor allem inflationsbedingt. Kredite würden wegen höherer Zinsen ebenfalls teurer. Der Nachtragshaushalt allerdings komme ohne neue Schulden aus, sagte Wesener.
Berlin beteiligt sich an Bundeshilfen und legt eigene Hilfen auf
Der Nachtragshaushalt ist vor allem für die Finanzierung von Entlastungsmaßnahmen angesichts der Energiekrise nötig geworden. Von den 2,6 Milliarden Euro entfallen laut dem Entwurf der Finanzverwaltung knapp eine Milliarde auf den Berliner Anteil an den Bundesmaßnahmen und rund 1,6 Milliarden auf weitere Hilfen des Landes.
An zusätzlichen Investitionen über einen Nachtragshaushalt führt angesichts der Energiekrise aus Sicht der Grünen kein Weg vorbei. Die gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten seien für viele Menschen in Berlin bereits ein ernsthaftes Problem, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, André Schulze. Die soziale Infrastruktur von Kitas über Stadtteilzentren bis zu Beratungseinrichtungen müsse gegen die steigenden Kosten abgesichert werden.
Auch Unternehmen seien zunehmend unter Druck, warnte Schulze. Bund und Länder hätten der Wirtschaft durch die Corona-Pandemie geholfen. „Die geringe Zahl an Unternehmensinsolvenzen und die positive Arbeitsmarkt-Entwicklung halten in Berlin bis heute an. Und diesen Erfolg wollen wir fortführen: Kein Berliner Unternehmen soll wegen eines verbrecherischen Diktators im Kreml in die Insolvenz rutschen.“
Jetzt wird sich der Hauptausschuss noch einmal mit dem Nachtragshaushalt befassen. Beschlossen werden soll das Haushaltsgesetz am Montag bei der zweiten Lesung im Abgeordnetenhaus. Dann wächst der Gesamthaushalt für 2022 auf über 41,3 Milliarden Euro.