Umjubelte Premiere in der Komödie im Schiller-Theater
Grusel-Mord in der feinen Gesellschaft: Der „Orientexpress“ von Katharina Thalbach rattert auf der Erfolgsschiene los
Endlich wieder Theater! Die millionenteure Produktion „Mord im Orientexpress“ wurde pandemiebedingt mehrfach verschoben. Jetzt ist die Inszenierung von Katharina Thalbach endlich draußen.

Eine der teuersten Privattheater-Produktionen des Jahres ist nach mehrmaliger Verschiebung endlich an den Start gegangen. Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ in der Regie von Katharina Thalbach feierte am Sonnabend Premiere in der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater. Die Regisseurin – in der Rolle des Meisterdetektivs Hercule Poirot zu sehen – und ihr Ensemble bekamen am Schluss donnernden Applaus.
Die Luca-App und ein Impfnachweis waren die Must-haves des Abends im orientalisch drapierten Foyer des Schiller-Theaters. Wer den gewünschten Corona-Status nicht nachweisen konnte, kam nicht rein. Aber draußen war es ja auch nicht wirklich unangenehm. Wer mochte, konnte sich die schwüle Sommernacht auf dem Rasenrund vorm Eingang vertreiben – bei kühlen Drinks und lockeren Gesprächen. Ein ziemlich gelöst wirkender Intendant Martin Woelffer empfing die kulturhungrige Prominenz persönlich, und er freute sich wirklich, dass die millionenteure Produktion nun doch noch zustande gekommen war. War’s eine Zitterpartie? Absolut: „Ich glaube, es ist jetzt der fünfte Anlauf. Richtig entspannt bin ich wohl erst nach der Premiere.“
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Zu sehen gab es dann schrilles, pralles Schauspielertheater vom Feinsten. Mit Glitzer, Pelz, Musik und viel Schnee. Katharina Thalbach (als Poirot zum Knuddeln schräg mit gelacktem Toupet, feinem Oberlippenbart und französischem Akzent) hat den „Orientexpress“ liebevoll als kratzbürstige Revue angelegt, mit grotesken Überzeichnungen: Es wird gesungen und getanzt, gerungen und gezankt. Und selbstverständlich – sonst wären wir nicht bei Agatha Christie (1890–1976) – geschieht mittendrin ein Mord. Wer aus der mondänen Reisegesellschaft im Zug ist der Täter? Das ist die Frage, die Hercule Poirot umtreibt. Am Ende geht es um einen Fall von Selbstjustiz, und die Zuschauer reisen 1. Klasse mit. Nur einmal droht der Thalbach-Express zu entgleisen: Wenn der Messermord auf einer Videoleinwand nachgestellt wird, läuft es einem kalt den Rücken runter.

An Bord des Luxuszuges sind übrigens auch Christoph Marti als schrullig-schrille Lebefrau Helen Hubbard, Anna Thalbach als übernervöse Mary Debenham, Nellie Thalbach als Gräfin Andrenyi, Andreja Schneider (Prinzessin Dragomiroff) und Tobias Bonn. Der tritt als Eisenbahndirektor Bouc wie eine liebenswürdige Kreuzung aus Jens Riewa und Detlev Buck in Erscheinung, was am Sonnabend allgemeine Heiterkeit hervorrief.

Ein Gedicht auf Rädern ist das opulente Bühnenbild von Momme Röhrbein. Sein dampfender Luxuszug mit Bar und Salon misst alles in allem 18 Meter und startet in einer wuseligen Bahnhofshalle. Modemacher Guido Maria Kretschmer entwarf die Abendroben. Er sagte: „Ich bin froh, dass es endlich wieder Theater gibt, und hoffe, dass meine Kostüme funktionieren.“

Nun, die Premierengäste waren sichtlich angetan (darunter Peter Raue, Tim Renner, Kultursenator Klaus Lederer, der Ex-Regierende Klaus Wowereit, Sheila Wolf, Sabin Tambrea, Klaus Bresser, Gesine Cukrowski, Gerit Kling, Marion Kracht, Annette Humpe, Katja Riemann, Detlev Buck, Max Raabe, Holger Klotzbach und Regina Ziegler). Modedesignerin Esther Perbandt brachte es mit einem Wort auf den Punkt: „Märchenhaft!“
Die extravagante Mordrevue im Schiller-Theater ist ein Abend, der Spaß macht. Dieser „Orientexpress“ rattert direkt in dein Herz.
Die Vorstellungen im Juli und August sind bereits ausverkauft. Tickets für weitere Vorstellungen gibt es im Internet.