Preisanstieg bis zu 50 Prozent

Warum Berlins kleine Bier-Brauereien jetzt große Probleme haben

Vom Malz bis zu den Kronkorken: Die Produktion wird teurer. Die Gefahr, dass die Bier-Steuer wieder steigen könnte, macht den Brauern noch am wenigsten Kopfschmerzen

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Jonas Mömken  zieht eine Probe, um die Stammwürze nach der Kochung zu bestimmen.
Jonas Mömken zieht eine Probe, um die Stammwürze nach der Kochung zu bestimmen.Volkmar Otto

Bier macht Kohle: Allein Berlin hat im vergangenen Jahr fast zwölf Millionen Euro Biersteuer von den 27 Brauereien der Stadt eingenommen. Etwas weniger als 2020, weil die Steuer zwischenzeitlich wegen Corona gesenkt wurde. Auf Betreiben Bayerns, wo sehr viele kleine Brauereien beheimatet sind, wird jetzt bundespolitisch das ganz große Rad gedreht, weil die Bundesländer von Bundestag und Bundesregierung verlangen, diese Verringerung auf Dauer beizubehalten. Ein Wunsch, den speziell kleine Brauereien gerne erfüllt sähen, auch wenn das nur den kleinsten Teil ihrer Probleme lösen würde.

Seit 2015 machen die Biesdorfer Bier, seit 2017 mit einer eigenen Anlage

Jonas Mömken betreibt seit 2015 mit seinen Partnern Mario Marinoff und Marcel Siewa sowie mittlerweile sechs weiteren Mitarbeitern eine eigene Brauerei in Marzahn. Auf dem Gelände des alten Magerviehhofs in Biesdorf stellen sie seit 2017 mit einer eigenen Brauanlage unter der Marke Brewer’s Tribute verschiedene Gerstensäfte her.

Ärger bei den Bierbrauern, die Steuern zahlen: Wein-Lobby setzte durch, dass die Weinsteuer auf Null gesetzt wurde

„Es wäre nett, wenn die Biersteuer niedriger blieb“, sagt Mömken. Wirklich ins Kontor würde eine Erhöhung aber nicht schlagen: Bei einem 20er Kasten Helles würde sie 53 statt 47 Cent ausmachen. „Uns ärgert viel mehr, dass es überhaupt noch eine Biersteuer gibt, nachdem es die Wein-Lobby schon vor vielen Jahren durchgesetzt hat, dass die Weinsteuer auf Null gesetzt wurde.“

Der Preis von Kronkorken ist teilweise auf das Doppelte gestiegen.
Der Preis von Kronkorken ist teilweise auf das Doppelte gestiegen.Volkmar Otto

Eine Null-Steuer auf Bier wäre angesichts der gegenwärtigen Lage mit den um sich greifenden Preiserhöhungen und Materialknappheiten schon hilfreich. Mömken: „Vor Corona haben wir für einen Kronkorken 0,8 Cent bezahlt, jetzt 1,2 bis 1,6 Cent.“ Das läppert sich bei 300.000 Flaschen pro Jahr.

Die steigenden Energiepreise schlagen sich gleich mehrfach nieder, rechnet Mömken vor: „Jede Flasche, die wir kaufen, kostet beim Hersteller schon 2 Cent mehr, und der Transport pro Flasche ist um einen Cent teurer geworden. Man kann rechnen, dass die Logistik-Kosten um 16 Prozent gestiegen sind.“

Der Hopfenpreis hat auch eine Tendenz nach oben, weil die Ernten in den vergangenen Jahren nicht berauschend waren.
Der Hopfenpreis hat auch eine Tendenz nach oben, weil die Ernten in den vergangenen Jahren nicht berauschend waren.Volkmar Otto

Höhere Kosten verursache auch der Diesel für den Lieferwagen der Brauerei, der Woche für Woche 350 Kilometer abspule, um die derzeit 120 Händler und Gastronomen zu beliefern.

Malz hat bei den Preisen um ein Drittel zugelegt

Malz, ein Hauptbestandteil des Biers, sei um ein Drittel teurer geworden. Das liege einmal am hohen Energiebedarf der Mälzereien, zum anderen an der Knappheit von Braugerste, aus der Malz gemacht wird.

Jonas Mömken schultert ein Bierfass. Seine Brauerei muss höhere Preise schultern.
Jonas Mömken schultert ein Bierfass. Seine Brauerei muss höhere Preise schultern.Volkmar Otto

Mömken: „Bauern schrecken zunehmend vom hohen Aufwand für den Anbau von Braugerste zurück.“ Wenn das Wetter nicht mitspiele, werde aus hochwertiger Braugerste, die bestimmte Eigenschaften wie niedrigen Eiweißgehalt aufweisen muss, Futtergerste. Und die bringe dem Bauern weniger Geld. Deshalb müsse Braugerste immer öfter importiert werden.

Jonas Mömken lässt Malz durch die Finger rieseln: Dieser wichtige Bierbestandteil ist um ein Drittel teurer geworden.
Jonas Mömken lässt Malz durch die Finger rieseln: Dieser wichtige Bierbestandteil ist um ein Drittel teurer geworden.Volkmar Otto

Jetzt erwarte er noch, dass die Versorger höhere Kosten für Strom und Gas verlangen werden.

Die Steuer auf Bier bemisst sich auf die Stammwürze, die bei allen Biersorten unterschiedlich ist und in „Grad Plato“ gemessen wird. Auf 100 Liter (1 Hektoliter) werden pro Maßeinheit 78,7 Cent Steuern erhoben.

Jonas Mömken zapft eine Probe.
Jonas Mömken zapft eine Probe.Volkmar Otto

Im Prinzip. Denn kleine Brauereien mit weniger als 200.000 Hektoliter Ausstoß pro Jahr zahlten schon immer und nach Produktionsmenge gestaffelt weniger Steuern. Seit dem 1. Januar 2021 noch weniger, nämlich in der bis 2003 geltenden Höhe.

Deshalb muss Brewer’s Tribute mit unter 5000 Hektolitern nur den halben Steuersatz begleichen, bis Ende 2020 waren es 56 Prozent. Brauereien mit 40.000 Hektolitern beispielsweise werden mit 75 statt 84 Prozent des Regelsteuersatzes belegt.

Wohl bekomm's! Sieben verschiedene Gerstensäfte stellt Brewer's Tribute her. Man kann sie im<a target="_blank" href="https://brewers-tribute.com"> Online-Shop</a> der Brauerei bestellen oder dort auf einer Karte nachsehen, wo man die Produkte kaufen kann. Online kosten sie zwischen 2 und 3 Euro für 0,33 Liter.
Wohl bekomm's! Sieben verschiedene Gerstensäfte stellt Brewer's Tribute her. Man kann sie im Online-Shop der Brauerei bestellen oder dort auf einer Karte nachsehen, wo man die Produkte kaufen kann. Online kosten sie zwischen 2 und 3 Euro für 0,33 Liter.Volkmar Otto

Diese reduzierten Sätze, durch das (ja, so heißt es) „Abzugssteuerentlastungsmodernisierungsgesetz“ ermöglicht,  sollen aber mit dem Jahr 2022 auslaufen. Das ginge ja gar nicht, erklärte der Bundesrat in einer Stellungnahme zum Entwurf eines „Achten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchssteuergesetzen“ der Bundesregierung.

Denn: „Die Biervielfalt und Braukunst in Deutschland ist einzigartig.“ Von rund 1500 Brauereien und Braustätten produzierten 90 Prozent maximal 50.000 Hektoliter pro Jahr und damit sieben Prozent der gesamten Bierherstellung in Deutschland. Diese kleinen und mittleren Braubetriebe seien „Garant für brautechnisches Können und höchste Qualitätsansprüche.“ Das müsse so bleiben, und daher habe die Steuer für sie nicht wieder auf den Stand vor 2021 zu steigen.

Kleine Brauereien sind in der Konkurrenz mit den Bier-Konzernen im Hintertreffen

Das sei dringend notwendig, weil sie sonst einer „äußerst preisaggressiven Wettbewerbssituation“ mit den Bier-Weltkonzernen nicht gewachsen sein könnten, die Preiserhöhungen wegen der gestiegenen Rohstoff- und Logistikkosten kaum zuließen.