Nach den Silvesterkrawallen
Gipfel gegen Jugendgewalt: Giffey kündigt viel Arbeit an
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte nach den Berliner Silvesterkrawallen zu einem Gipfel eingeladen, um über Maßnahmen gegen Jugendgewalt zu sprechen

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat eine „konzertierte Aktion“ gegen Jugendgewalt angekündigt. Dafür will der Senat weitere Ausgaben für Sozialarbeit in Millionenhöhe ermöglichen. „Wir haben nicht nur Redebedarf, sondern wir haben auch Handlungsbedarf“, sagte Giffey am Mittwoch nach dem „Gipfel gegen Jugendgewalt“, zu dem sie ins Rote Rathaus eingeladen hatte. Für das Treffen erntete sie Lob und Kritik.
„Es ist ganz deutlich, dass die Ereignisse der Silvesternacht eine Zäsur sind“, meinte Giffey, es sei notwendig, sich mit den tiefergehenden Problemen dahinter auseinanderzusetzen. Sie nannte vier Bereiche, die im Fokus der Bemühungen stehen sollen: intensivere Sozialarbeit mit Elternhäusern, mehr außerschulische Jugendsozialarbeit, neue „Orte für Jugendliche“ und konsequente Strafverfolgung.
Zunächst viele Ankündigungen
„Es ist ganz klar, dass ein solcher Gipfel nicht ein einmaliges Ereignis bleiben darf, wo alle mal sagen, wie betroffen sie sind“, sagte die SPD-Politikerin. Er sei der Beginn eines Arbeitsprozesses, einer konzertierten Aktion für mehr Respekt und gegen Jugendgewalt in Berlin.
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Wegen der Silvester-Krawalle waren in Berlin 145 Menschen mit insgesamt 18 verschiedenen Nationalitäten festgenommen worden, darunter zahlreiche Jugendliche und junge Erwachsene. Vielfach hatten sie Feuerwehrleute und Polizisten angegriffen, mit Feuerwerksraketen und Signalpistolen beschossen.
Bis zu einem weiteren Treffen am 22. Februar sollen Konzepte ausgearbeitet werden und der Finanzbedarf geklärt sein. Für März kündigte Giffey einen Beschluss des Senats dazu an. Das Geld dafür soll aus dem Haushalt mobilisiert werden. Die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus am 12. Februar soll den Prozess nicht aufhalten. Der Senat sei bis zur Bildung einer neuen Landesregierung voll handlungsfähig, sagte Giffey.
Sozialarbeiter mit gewissem Optimismus
An dem „Gipfel gegen Jugendgewalt“ nahmen rund 30 Vertreter von Politik, Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz sowie der Integrations- und Sozialarbeit teil. „Ich bin jetzt nach dem Termin durchaus optimistisch, weil ich eine außerordentlich offene Runde erlebt habe, wo ich das Gefühl hatte, dass alle über das gleiche Thema geredet haben“, sagte Elvira Berndt, Geschäftsführerin des Straßensozialarbeitsvereins Gangway.
Philipp José Richter (27), der bei einem Projekt von Gangway mitarbeitet, sagte: „Ich finde es auch schön, dass einfach mal mit uns geredet wird, statt über uns.“ Er habe selbst oft Probleme gehabt und könne sich gut in die Jugendlichen hineinversetzen, weshalb er die Arbeit des Vereins mittlerweile unterstützt.
Bei manchen Vertretern aus der Sozialarbeitspraxis herrschte im Vorfeld durchaus Skepsis. „Ich erinnere mich an Islamkonferenzen und Integrationsgipfel deutschlandweit. 2200 Seiten Papier wurden gedruckt, und wir haben unsere Ziele nicht erreicht“, sagte Kazim Erdogan, Vorsitzender des Berliner Beirats für Familienfragen und Vorstand des sozialen Vereins „Aufbruch Neukölln“. In der Vergangenheit sei oft über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden worden. Das sei diesmal anders gewesen.
André Juterzenka, Leiter der Kriminalinspektion der Direktion 5, die für Jugenddelikte zuständig ist, sagte, gerade die Vernetzung und Zusammenarbeit vieler wichtiger Partner ermöglichten ein ganzheitliches Konzept.
Schon vor dem Treffen im Rathaus gab es allerdings auch Kritik: Die Amadeu Antonio Stiftung, die sich unter anderem gegen Rassismus und Rechtsextremismus engagiert, forderte langfristig angelegte Lösungen gegen Jugendgewalt. Statt Aktionismus und neuer Parallelstrukturen sei der Ausbau erprobter Ansätze nötig, etwa mit mehr Personal, Räumlichkeiten und Geld.
Aus Sicht des Landeschefs der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP), Stephan Weh, braucht Berlin eine dauerhafte zentrale, Anlaufstelle Jugendgewalt, bei der die Bezirke auf Expertise, Strukturen und Erfahrungen zurückgreifen könnten.
CDU spricht von „purem Aktionismus“
Deutliche Kritik kam vom CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Kai Wegner: „Der Gipfel ist purer Aktionismus. Vier Wochen vor der Wahl entdeckt Frau Giffey plötzlich, dass es Jugendgewalt in Berlin gibt. Wenn Neuköllns ehemalige Bürgermeisterin jetzt so tut, als wäre das alles neu für sie, ist das unglaubwürdig. Seit Jahren fordern wir neben einer vernünftigen Ausstattung der Polizei die notwendigen Maßnahmen für bessere Bildungschancen und die langfristige Finanzierung von Jugendarbeit und Prävention.“
Die Berliner Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken hätten um Probleme herumgeredet und eine Debatte über die Silvesterkrawalle im Abgeordnetenhaus verhindert.