Getötete Olena J. (44): Dem Krieg entflohen, in Berlin erstochen
Gestern begann der Prozess gegen den Mann aus Charkiw, der mit seiner Familie vor dem Ukraine-Krieg nach Deutschland floh. Anlass der tödlichen Tat: ein Streit ums Haushaltsgeld.

Sie floh mit ihren beiden Töchtern, als russische Truppen ihre Heimatstadt Charkiw besetzten. Olena J. (44) entkam den Raketen und Kugeln der Angreifer. Doch in Berlin wurde sie erstochen. Der Ehemann steht nun wegen Totschlags vor Gericht.
Edisher J. (51). Ein Georgier, aufgewachsen in guten Verhältnissen: „Wir hatten vier Autos und zwei Häuser.“ 2014 heiratete er die Ukrainerin Olena. Der Lkw-Fahrer: „Sie war meine Jugendliebe.“
Ein Stich in Richtung Herz. Für Olena J. kam jede Hilfe zu spät
Vor den Augen der Kinder griff er laut Anklage zu einem Messer. Auslöser: Ein Streit um Geld aus der Haushaltskasse, die seine Frau verwaltete. Edisher J. gab nun zu: „Es ging wieder um ein wenig Geld für mich.“ Weil er sich gedemütigt fühlte und nicht um jeden Euro fragen wollte, weil er am liebsten zurück nach Georgien gereist wäre.
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Es war 11.30 Uhr, als sie am 1. Oktober in einer Unterkunft für Geflüchtete in Alt-Hohenschönhausen wieder einmal stritten. Im Beisein der 17-jährigen Tochter der Frau aus erster Ehe und der gemeinsamen sechsjährigen Tochter, so die Anklage.
Erst soll er seine Frau auf ein Bett geschubst, dann mit einer Hand am Hals gepackt, schließlich mit einem Messer attackiert haben. Ein Stich in Richtung Herz. Für Olena J. kam jede Hilfe zu spät. Sie starb am Tatort.
Edisher J. fühlte sich gedemütigt, weil seine Frau das Geld verwaltete
Er wirkte nun verzweifelt, schluchzte: „Ich bereue zutiefst. Ich bitte um Vergebung.“ Acht Jahre seien sie glücklich verheiratet gewesen – „ich habe gutes Geld verdient und die Familie versorgt“. Dann Russlands Überfall auf die Ukraine. Über Warschau kam die Familie nach Deutschland.
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Der Angeklagte: „Als wir nach Berlin kamen, war Olena wie ausgewechselt.“ Weil sie als Ukrainerin schnell ein Girokonto bekommen habe, sei das Geld vom Jobcenter bei ihr gelandet. J.: „Wenn ich mir etwas kaufen wollte, sei es auch nur eine Schachtel Zigaretten, musste ich sie förmlich anbetteln.“ Er habe sich gedemütigt gefühlt. An die Sekunden, als er zustach, könne er sich allerdings nicht erinnern – „Blackout“. Fortsetzung: Dienstag.