Gesetzesänderung soll her! Innensenatorin Iris Spranger will die Klima-Kleber länger einsperren
Bisher bleiben die Demonstranten nur paar Stunden in Polizeigewahrsam - danach sind sie bei der nächsten Blockade.

Jetzt fordert auch der Senat eine härtere Gangart gegen die Straßenblockierer, die sich auf den Fahrbahnen festkleben. Wegen ihres gewaltsamen Eingreifens in den Straßenverkehr wurden viele Klima-Demonstranten bereits mehrfach festgenommen – manche sogar mehr als 20 Mal. Doch nach ein paar Stunden sind sie wieder raus und machen bei weiteren Blockaden mit. Dies könne man so nicht länger hinnehmen, so Innensenatorin Iris Spranger (SPD).
Nach dem bereits Polizeipräsidentin Barbara Slowik ein längeres Wegsperren der Klima-Kleber gefordert hat, spricht sich nun auch erstmals ein Mitglied des Senats dafür aus. Innensenatorin Spranger (SPD) forderte am Dienstag im RBB, Klimaschutz-Demonstranten wegen ihrer Straßenblockaden länger als bisher vorsorglich einzusperren zu können.
„In Berlin darf eine Person maximal 48 Stunden in polizeiliches Gewahrsam genommen werden“, sagt sie. Die Senatorin würde eine Verlängerung begrüßen. „Aber dafür müsste man das entsprechende Gesetz im Abgeordnetenhaus verändern.“ Eine Regelung wie in Bayern lehnt Spranger ab. „30 Tage finde ich verfassungsrechtlich bedenklich.“
48 Stunden Polizeigewahrsam reichen nicht
Spranger berichtet von bisher 300 Fällen, in denen Klima-Protestierer in Berlin in Gewahrsam genommen werden sollten. Außerdem seien als Folge der Proteste auf Straßen oder in Museen 2000 Strafanzeigen und fast 500 Gebührenbescheide erstellt worden.
Spranger betont aber gleichzeitig ihr Verständnis für die Ziele der Klimaproteste. „Das Thema ist uns überhaupt nicht egal. Das Thema ist allen wichtig“, sagt sie. „Aber wie es gemacht wird, dafür habe ich natürlich überhaupt kein Verständnis.“

Die Gewerkschaft der Polizei unterstützte die Forderung, die Dauer auszuweiten, in der Menschen vorsorglich in Gewahrsam genommen werden können. „In Berlin müssen keine bayrischen Bedingungen herrschen, aber vier, fünf Tage würden den präventiven Handlungsrahmen spürbar erweitern.“ Auch Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte sich bereits ähnlich geäußert und die aufwendigen Maßnahmen der Polizei wegen der ständigen Blockaden durch Demonstranten, die sich an Straßen festkleben, beklagt.
Die FDP teilt mit, es sei nicht zu erwarten, dass die linke Berliner Justizsenatorin die Forderung der Innensenatorin unterstützen werde. „Linke und Teile der Grünen halten ihre Hände schützend über die Straftäterinnen und Straftäter.“
Mit den Koalitionspartnern kann Spranger bei dem Plan in der Tat nicht rechnen. Sebastian Schlüsselburg, justizpolitischer Sprecher der Linke-Fraktion: „Eine Verlängerung des Polizeigewahrsams wird es mit der Linksfraktion nicht geben. Grund- und Freiheitsrechte werden wir sicherlich nicht als SPD-Wahlkampf-Sonderopfer auf dem Altar anachronistischer Fortbewegungsmittel darbringen.“ Auch die Grünen kündigen Widerstand an.
Richterbund: Keine Gefängnisstrafen für Ersttäter
Der Deutsche Richterbund wies den Vorwurf zurück, dass die Justiz in Berlin nicht hart genug gegen Klima-Demonstranten vorgehe. Der Vorsitzende des Landesverbands, Stefan Schifferdecker, sagte im RBB-Inforadio, viele der Demonstranten seien noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Auch wenn Nötigung oder Hausfriedensbruch Straftaten darstellten, seien dafür bei Ersttätern keine Gefängnisstrafen vorgesehen. Ob eine Gewahrsamnahme, also das präventive Einsperren, künftig länger möglich sein sollte, sei eine politische Entscheidung, betonte der Richter.
Für die Bewegung „Letzte Generation“ verwies einer der Organisatoren, Theodor Schnarr, auf die Folgen der Klimakatastrophe. „Wir reden davon, dass unsere Gesellschaft zusammenbricht. Das ist die Alternative.“ Dafür würde auch längeres Gewahrsam in Kauf genommen. „Wir machen das ja nicht gerne“, sagte Schnarr im RBB-Inforadio, „ich bin Naturwissenschaftler. Ich bin verheiratet und würde jetzt gern meine Familie planen.“ Stattdessen müsse er auf den Straßen Berlins sein, „weil die Zukunft der Kinder, die ich gern in die Welt setzen möchte, sehenden Auges verspielt wird“.