Gericht: Wagensiedlung Köpi muss geräumt werden
Nach dem Urteil gab es Geschrei, Justizmitarbeiter drängten die protestierenden Zuschauer hinaus.

Die links-alternative Wagensiedlung „Köpi-Platz“ der „Köpi“ in Mitte muss geräumt werden. Das entschied das Landgericht. Geklagt hatte die Grundstückseigentümerin, eine Startezia GmbH. Der Anwalt des Köpi-Vereins kündigte an, in Berufung zu gehen.
Bei einer Demo von knapp 100 Bewohnern und Unterstützern vor dem Kriminalgericht sagte eine Rednerin, „mit allen Mitteln“ gegen die Räumung vorzugehen. Zuvor hatte es im Gerichtssaal kurz nach dem Urteil Geschrei gegeben („Faschisten“), Justizwachtmeister drängten die zehn protestierenden Zuschauer hinaus. Im Gerichtsgebäude ertönte ein Alarm, weitere Wachtmeister eilten herbei, die Ausgangstüren wurden verriegelt.
Verhandelt wurde um drei an der Köpenicker Straße liegenden Grundstücke, zusammen rund 2600 Quadratmeter. Dort leben nach offiziellen Angaben des Köpi-Vereins SKI 30 Menschen zum Beispiel in Bauwagen. Vermutlich sind es mehr, Bewohner vor dem Gericht sprachen von 50. Ausdrücklich nicht in die Klage einbezogen war der Altbau auf dem Areal.

Die Nutzungserlaubnis für das Wagen-Gelände war 2015 ausgelaufen. Die Eigentümergesellschaft hat Baurecht, das aber im November endet, und will ihr Eigentum herausgegeben haben.
Moritz Heusinger, der Anwalt der Bewohner, versuchte zu argumentieren, dass Vereinbarungen aus dem Jahr 2008 mit einer früheren Eigentümergesellschaft so eng zusammengehören, dass eine Räumung nicht stattfinden dürfe: Eigentlich sei für das Haus ein Erbpachtrecht geplant gewesen, dazu sei aber nie verhandelt worden. Daher könne erst geräumt werden, wenn über die Erbpacht eine Vereinbarung getroffen sei.
Anwälte ohne Mandat? Ein Strohmann als Geschäftsführer?
Dem folgte die Richterin nicht, auch nicht dem Argument Heusingers, die beiden Anwälte der Firma hätten eigentlich gar keine Verhandlungsvollmacht. Die Unterschrift des Geschäftsführers auf der Vollmacht sehe ganz anders aus als auf anderen Schriftstücken.
Heusinger vermutet, dass der Geschäftsführer mit armenisch klingendem Namen, von dem er weder eine Meldeadresse habe ermitteln und noch ihn habe erreichen können, nur ein Strohmann bei der Eintragung der GmbH gewesen sei. Dafür spreche auch, dass der Mann trotz persönlicher Ladung durch die Richterin nicht erschienen sei.

Die Anwälte der GmbH bestritten, dass es den Geschäftsführer nicht gebe, sagten aber auch nicht, in welcher Sprache sie mit dem Geschäftsführer sprächen. Das täte nichts zur Sache. Die Richterin akzeptierte die „anwaltliche Versicherung“ der Stralitza-Anwälte, sie seien mündlich als „informierte Vertreter“ beauftragt, anstelle des Geschäftsführers zu erscheinen.
Heusinger will jetzt Schriftgutachten beibringen, um vor dem Kammergericht im Berufungsverfahren zu beweisen, dass es den Geschäftsführer gar nicht gebe: „Keiner hier im Saal glaubt, dass die Anwälte mit ihm gesprochen haben.“ Die Rechtsanwälte Bertrand Malmendier und Christoph Brzezinski entsprechend kein Mandat gehabt und die Verhandlung formal nicht stattgefunden hätte.

Grundsätzlich verbreiten die Köpi-Bewohner („wir haben nie einen Cent vom Staat erbettelt“), dass hinter der „Briefkastenfirma“ Startezia GmbH ein ganz anderer, wahrer Eigentümer namens Siegfried Nehls stecke. Der habe in der Vergangenheit die Grundstücke zwischen eigenen Firmen hin- und hergereicht. Sie vermuten auch, dass das Areal nur zu Spekulationszwecken geräumt und dann verkauft werden soll.
Heusingers Vorschlag, dem Verein ein Jahr Zeit zu geben, um auszuloten, ob gegebenenfalls das mehrere Millionen Euro schwere Grundstück von Pensionsfonds oder Stiftungen gekauft und dann den Nutzern überlassen werden kann, akzeptierten die Startezia-Anwälte nicht. Das hätten sie mit ihren Auftraggebern am Mittwoch bereits vereinbart.

Vor einer Räumung muss die Startezia GmbH jetzt 200.000 Euro Sicherheit hinterlegen, wenn sie das Gelände räumen lassen will, was nicht ohne Widerstand abgehen dürfte: Die Bewohner sehen sich in einem Boot mit der Rigaer Straße 94 oder der bereits geräumten Kneipe „Meuterei“.
Die Köpi war 1990 noch zu DDR-Zeiten besetzt worden, gehörte dann einer städtischen WBG, die Wohnverhältnisse wurden legalisiert. Das Areal wurde anschließend rückübertragen und wechselte mehrfach, unter anderem bei Zwangsversteigerungen, den Eigentümer. Die etwa 50 Bewohner des Altbaus haben laut der Anwälte von Stralitza Mietverträge bis 2038.