Gericht entscheidet: Wimmelwürmer bei der BVG verboten!
Mit Verkaufsartikeln im Großstadtdschungel- Design hat das Landesunternehmen viel Geld verdient. Damit ist jetzt erst mal Schluss

Scheußlich oder Kult? An dem wirren rot-blau-schwarzem Textilmuster Urban Jungle, das bei der BVG auf vielen Sitzen prangt, scheiden sich die Geister. Manch einen erinnert das Farb-Gewirr an wimmelnde Würmer. Andere sehen nur ein Chaos aus roten, blauen und schwarzen Flecken, das Augenkrebs verursacht. Doch die BVG nutzt es vielfach – von Sitzbezügen bis zu Souvenirs. Doch nun hat das Landgericht Hamburg dem Landesunternehmen die Nutzung verboten, von wenigen Ausnahmen abgesehen.
Lesen Sie auch: Baustellen-Chaos bei der Bahn endet: Es geht wieder mit Tempo 230 nach Hamburg>>
In einem jahrelangen Rechtsstreit, der sich um die Verwendung dieses Designs dreht, hat der Gestalter Herbert Lindinger einen Durchbruch erzielt, wie die Berliner Zeitung schreibt. Und das wird wohl teuer für die BVG. Das Gericht entschied, dass das Unternehmen die meisten anderen Dinge, auf denen das Urban-Jungle-Muster prangt, herausgeben muss – „zum Zwecke der Vernichtung“. Der Designer hat Anspruch auf Schadenersatz, die BVG muss mitteilen, wie viel sie mit dem Einsatz des Musters über die Jahre verdient hat.
Das Wimmelwürmer-Muster hat 1989 ein heute 88-jähriger Designer entworfen – für S-Bahnen in West-Berlin
Und das dürfte keine geringe Summe sein. Denn die BVG hat das Muster für vieles genutzt. Selbst Badeshorts, Brustbeutel, Socken oder Seidenkrawatten wurden damit verkauft. Auch auf Berlkönig-Rufbussen und Adidas-Turnschuhen kam es zum Einsatz.
Das Muster hat Herbert Lindinger entworfen, ein heute 88 Jahre alter Grafiker und Industriedesigner. Entwickelt wurde das Farbmuster, um Graffitisprüher zu entmutigen, damit die Schmierereien untergehen - allerdings nur für neue Züge der S-Bahn, die von 1984 bis 1994 in West-Berlin von der BVG betrieben wurden. Doch das Unternehmen nutzte es seitdem für viele andere Dinge –anscheinend ohne Genehmigung.

2018 kam der Rechtsstreit ins Rollen, in dem die erste Instanz nun ein Urteil gefällt hat. Das Landgericht Hamburg entschied, dass die BVG widerrechtlich handelte, weil sie sich nicht die Nutzungsrechte besorgte. Lindinger bekam aber nicht in allen Punkten Recht: Seine Forderung, dass die BVG auch Sitzbezüge aus U-Bahnen und Bussen herausgeben muss, sei unverhältnismäßig, schreibt die Berliner Zeitung. „Auf einen Schlag müssten in allen betroffenen Fahrzeugen die Sitze entfernt werden“, heißt es. So lange wären die Bahnen und Busse nicht nutzbar – was den Berliner Nahverkehr „ganz erheblich“ beeinträchtigen würde, wie die Richter meinten.
Das Verbot wird teuer für die BVG: Alle Wimmelwürmer-Produkte müssen vernichtet werden
Das Landgericht entschied aber, dass die BVG das Muster nicht mehr vervielfältigen und damit versehene Merchandising-Produkte verbreiten darf. Bei Verstößen droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro – und der Vorstandsvorsitzenden Eva Kreienkamp insgesamt bis zu zwei Jahre in Ordnungshaft. Das bedeutet auch: Wenn ein Sitzbezug mit dem Wimmelmuster beschädigt wird, darf er nicht mehr damit ausgebessert werden.

Lesen Sie auch: Corona: Diese neuen Regeln und Maßnahmen werden heute beschlossen! Aber reichen sie wirklich?>>
Außerdem muss die BVG auflisten, wie viel Sitze nach 2008 mit dem Muster bezogen waren und wie viele Fahrgäste befördert wurden, wie viel Gewinn sie mit diesen Merchandising-Artikeln erzielt hat. So soll die Höhe des Schadenersatzes berechnet werden. Auch das wird teuer: Mit Ausnahmen der Sitze soll die BVG alle Produkte mit dem Urban-Jungle-Muster herausgeben, damit sie vernichtet werden können.