Franziska kam wegen der Liebe nach Marokko.
Franziska kam wegen der Liebe nach Marokko. Foto: Privat/BK

Sie sitzt aus Liebe in einem fremden Land fest: Als Franziska T. (25) aus Schöneberg Anfang März zu ihrem Freund in die Nähe von Agadir flog, war ihr noch nicht klar, zu welchem Abenteuer sie aufbrach. Ihr Urlaub hat ein offenes Ende, denn seitdem die europäischen Länder ihre Grenzen schlossen, sitzt sie in Marokko fest.

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Franziska T. sitzt bei 24 Grad auf einer Dachterrasse und blickt über die Dächer der weißen und ockergelben Häuser von Tamraght, einem kleinen Dorf südlich von Taghazout, einem der größten Surf-Hotspots von Marokko.
 Hier hat die Produkt-Managerin vor acht Monaten ihre große Liebe, Sohaib H. (20), im Urlaub kennengelernt. Das Paar führte eine Fernbeziehung, bis das Schicksal sie in der Corona-Krise plötzlich dauerhaft an diesen Ort zusammenführte.

Deutsche Botschaft: „Die Organisation mit marokkanischen Behörden aufwendig“

„Ich hatte eigentlich vor, nur bis zum 12. April zu bleiben, aber dann kam alles anders“, erzählt T. Ihr Flug nach Berlin sei annulliert worden und sie sei auf eine Maschine für den 2. Mai umgebucht worden, doch auch dieses Ticket sei storniert worden. „Jetzt sitze ich hier und habe keine Ahnung, was passiert“, sagt sie.

Sie sei mit der Deutschen Botschaft wegen ihrer Rückreise in Kontakt, aber noch gebe es keine Hoffnung auf eine schnelle  Ausreise. „Die Organisation gestaltet sich leider mit den marokkanischen Behörden äußerst aufwendig“, heißt es in einem internen Schreiben der Botschaft Ende April, das dem KURIER vorliegt.

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Zusammenhalt viel intensiver als in Deutschland

Die äußerst harten Ausgangsbeschränkungen  machen der jungen Frau in Marokko zu schaffen. Bei Verstößen würden unverhältnismäßig hohe Strafen verhängt, die sie fassungslos machten. „Unsere Freunde wurden beim unerlaubten Surfen erwischt und mussten ins Gefängnis. Ebenso ein Sportler aus der Nachbarschaft, der ohne Mundschutz  joggen gegangen ist“, berichtet sie. Auch die Geldstrafen, die verhängt würden, empfinde sie als sehr willkürlich. Sie sagt: „Ich traue mich kaum noch allein aus dem Haus.“

Ansonsten erlebe sie die Einheimischen vor Ort sehr herzlich und empfinde den Zusammenhalt viel intensiver als in Deutschland. „Unsere Nachbarin bringt uns jeden Abend Suppe und einen Nachtisch vorbei, weil Ramadan ist.“ Sie selbst faste nicht, aber ihr Partner. Deshalb hätten sie momentan auch unterschiedliche Tagesrhythmen. Ihr Freund sei eher nachtaktiv und schlafe morgens lang und sie sei schon sehr früh auf den Beinen. „Wir respektieren unsere unterschiedlichen Kulturen. Selbstverständlich würde ich tagsüber aber nie vor ihm essen“, sagt sie.

Franziska T.: „Besonders meine Großmutter fehlt mir sehr“

Da sie ihren Laptop dabei habe, könne sie  aus dem marokkanischen Homeoffice arbeiten. Mit Kollegen, Freunden und der Familie ist Franziska T. per Videocall in Kontakt. Auch wenn sie die geschenkte Zeit mit ihrem Freund genieße, schlage ihr die Ungewissheit ihrer Rückkehr in die Heimat allmählich auf die Stimmung. „Besonders meine Großmutter fehlt mir sehr. Sie ist an Krebs erkrankt, und ich weiß nicht, wann wir uns wiedersehen können. Das macht mich ein wenig traurig“, sagt Franziska T.. Sie hofft, dass sie spätestens im Juni nach Berlin zurückfliegen kann. So lange versucht sie, das Positive in ihrem Schicksal zu sehen. Die Liebe fordert eben immer einen Preis.