Gefährliches Bienen-Gift: Dieser Imker muss seinen Honigtraum aufgeben
René Jeske (47) aus Bernau half eine Allergie-Behandlung, aber sein Hobby ist jetzt trotzdem Geschichte.

Thomas Oberländer/Helios-Klinikum
Ein Imker, der allergisch gegen Bienen ist? Das klingt grotesk, aber es gibt ihn. René Jeske aus Bernau musste deshalb sein Hobby aufgeben. Weil der 47-Jährige plötzlich überempfindlich auf Bienengift reagierte, war seine Freizeitbeschäftigung lebensgefährlich für ihn. Im Krankenhaus wurde er von einer Allergologin desensibilisiert, aber als Imker darf er nie wieder arbeiten.
„Es war sehr schmerzhaft für mich, als ich von der Ärztin hörte, dass ich mein Hobby aufgeben muss. Gerade in der Pandemie hat mir das Imkern viel Kraft und Halt gegeben“, sagt Jeske. Seine zehn Bienenstöcke musste der leidenschaftliche Imker von heute auf morgen verkaufen. Neben der Honiggewinnung war die Arbeit mit den Bienen ein wichtiger Ausgleich zu seinem Job als Führungskraft bei einem Internetprovider. „Das Summen der Bienen hören und ihnen beim Ein-und Ausfliegen zuzusehen, hat eine beruhigende Wirkung auf mich“, erklärt er.
Er hatte zehn Bienenvölker an drei verschiedenen Standorten
Als sich Jeske vor sechs Jahren erstmals für das Imkern begeisterte, weil er einen Freund zu einem Bienenstock begleitete, wusste er noch nichts von seiner Allergie. „Damals haben wir bis zwei Uhr nachts Honig geschleudert und das hat mir viel Spaß gemacht“, sagt er. Kurz danach machte er einen Imkerkurs und einen Honiglehrgang und legte sich selbst das erste Baby-Bienenvolk zu. Seitdem erntete er seinen eigenen Stadt- und Waldhonig und hatte zuletzt zehn Bienenvölker an drei verschiedenen Standorten.
Als Imker war es Jeske gewohnt, auch von seinen Bienen gestochen zu werden. „Gerade durch die Handschuhe gehen immer mal ein paar Stiche durch“, erklärt er. Sein Körper reagierte darauf zunächst nicht. Doch je mehr Stiche der Hobbyimker bekam, desto mehr allergische Reaktionen zeigten sich. „Nach einem Stich am Fuß, hatte ich auf einmal ein Elefantenbein“, sagt er. Als nach anderen Stichen dann neben den Schwellungen auch noch Übelkeit, Schwindel und sogar Herzrasen dazu kamen, habe er gewusst, „dass es so nicht weitergehen kann“.

René Jeske suchte einen Allergologen auf. Der bescheinigte ihm eine sehr hohe Allergieausprägung. „In den üblichen Fällen ist das eigentlich umgedreht. Je mehr Stiche man bekommt, desto weniger reagiert man. Ich gehöre zu den zehn Prozent, bei denen der Körper deutlich stärker reagiert, desto mehr Stiche man bekommt“, so Jeske.
Sechs Tage lang musste René Jeske im Krankenhaus bleiben
Im Helios-Klinikum Berlin-Buch halfen ihm Experten, das Problem mithilfe einer allergenspezifischen Immuntherapie (Desensibilisierung) mit Bienengift zu lösen. Sechs Tage lang musste René Jeske dazu stationär bleiben, die restlichen Termine erfolgen ambulant. Insgesamt dauert die Behandlung drei bis fünf Jahre und führt bei 85 Prozent der Betroffenen zu einem kompletten Schutz. Bereits nach einem Jahr Therapie merkt René Jeske schon, dass sein Körper nicht mehr ganz so stark auf Bienengift reagiert. Allerdings sei der Behandlungsbeginn hart gewesen und er habe mehrmals gedacht, das halte er körperlich nicht durch.
Begleiterscheinungen wie Fieber, geschwollene Gliedmaßen und roter Ausschlag an den Armen hätten ihm sehr zu schaffen gemacht. Doch die Pflegekräfte und Ärzte hätten sich sehr um ihn gekümmert und das habe ihn motiviert, weiterzumachen. „Bei der Desensibilisierung wird immer wieder das Gift der Bienen mit steigender Dosis gespritzt. Ziel ist es, dass der Körper wieder Bienenstiche toleriert“, erklärt Dr. Carolin Bouveret, Leitende Oberärztin der Dermatologie. „Personen, die bereits einmal auf einen Bienenstich allergisch reagiert haben, sollten über die Gefahr eines jeden weiteren Stichs aufgeklärt werden. An Herrn Jeske haben wir appelliert, die Imkerei unbedingt aufzugeben.“

Allergiker erhalten ein medizinisches Notfallset mit Antihistaminika, Kortison und einer Adrenalinfertigspritze. Bei jedem weiteren Stich müssen die verordneten Medikamente sofort eingenommen werden, noch bevor es zu einer allergischen Reaktion kommt. Bienenstiche können lebensbedrohliche Reaktionen auslösen. „Die ersten Beschwerden treten meist innerhalb von Minuten nach dem Stich auf und reichen von Symptomen der Haut wie allgemeiner Juckreiz, Rötungen und Nesselfieber über Augen- und Gesichtsschwellungen, Erbrechen, Bauchschmerzen, Atemnot bis hin zum Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit, Atemstillstand oder Herz-Kreislauf-Kollaps. Eine schwere allergische Reaktion – eine Anaphylaxie, ein sogenannter allergischer Schock kann lebensgefährlich sein“, erklärt Dr. med. Kerstin Lommel, Chefärztin der Dermatologie und Allergologie im Helios-Klinikum Berlin-Buch.
Er hat seine Lebensfreude nicht verloren
Auch wenn René Jeske sein Hobby nicht mehr ausführen kann, hat er seine Lebensfreude nicht verloren. Er hat Alternativen, um sich vom Alltagsstress zu erholen. Motorradfahren oder das Gärtnern und auch soziales Engagement bringen Abwechslung in seinen Alltag. Er unterstützt zwei tibetanische Mönche finanziell, die von Tibet nach Indien geflohen sind und unterstützt ein Projekt zum Orgelneubau in seiner Heimat Thüringen. Gerade hat sich René Jeske noch bei einem Schreibprojekt angemeldet und sendet älteren Menschen, die allein und einsam sind, Briefe. Seinem Imkerverein ist er noch als „Bienenweide-Obmann“ ehrenamtlich treu geblieben und gibt seine Erfahrungen aus seinem ersten Beruf als Landschaftsgärtner und als Imker weiter. René Jeske sagt: „Natürlich ist es traurig, dass ich nicht mehr imkern kann, aber ich riskiere nicht mein Leben dafür.“