1322 Straftaten in sieben Monaten! Der„ Kotti“ ist einer der gefährlichsten Orte Berlins
Jeden Tag erfasst die Polizei hier mehr als sechs Straftaten. Das Kottbusser Tor war schon immer speziell. Hochhäuser mitten in Kreuzberg, viel Nachtleben drumherum, viel Kriminalität direkt dran. Jetzt wurden neue erschreckende Zahlen gemeldet.

Dealer verticken hier ungeniert ihre Drogen, Obdachlose werden angegriffen, fast täglich gibt es am Kottbusser Tor Schlägereien, Diebstähle und Raubüberfälle. Seit vielen Jahren zählt dieser Platz im Herzen von Berlin-Kreuzberg zu den Kriminalitäts-Hotspots der Hauptstadt. Jetzt wurden neue erschreckende Zahlen gemeldet.
Erst vor wenigen Tagen wurden zwei mutmaßliche Anführer einer Dealerbande vom Kottbusser Tor gefasst. Insgesamt 110 Polizisten, darunter auch Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK), waren bei Durchsuchungen an insgesamt elf Orten hauptsächlich in Berlin-Kreuzberg beteiligt. Dabei beschlagnahmten sie knapp 100.000 Euro sowie mehrere Kilogramm Drogen, wie die Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten.
Am Kottbusser Tor registriert die Polizei täglich im Schnitt mindestens eine Körperverletzung oder Raubtat, zwei bis drei Diebstähle und diverse Rauschgiftdelikte. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der Grünen zu der Kriminalität im vergangenen Jahr am „Kotti“ hervor.
Von Mai bis Dezember 2021 stellte die Polizei monatlich rund um das Kottbusser Tor zwischen 30 und knapp 50 Gewalttaten fest, vor allem Körperverletzungen, Bedrohungen und Raubüberfälle.
Köperverletzung, Taschendiebstahl, Drogenhandel
Im gleichen Zeitraum wurden monatlich zwischen 40 und 100 Diebstähle gemeldet, meist Taschendiebstahl und sonstige einfache Diebstähle. Dazu kamen jeden Monat etwa 40 bis 90 Delikte aus dem Bereich Drogen, meist unerlaubter Besitz oder Handel mit Cannabis und anderen Rauschgiften. Für diese drei Kriminalitätsbereiche ergeben sich so in den sieben Monaten insgesamt 1322 erfasste Straftaten.
Die Polizei kommt pro Monat auf 60 bis 80 Einsätze in der Gegend. Summiert ergaben sich dabei zwischen 3000 und 4000 Arbeitsstunden von Polizisten.
Das Kottbusser Tor ist bekannt für Straßenkriminalität und ist bei der Polizei als sogenannter kriminalitätsbelasteter Ort eingestuft. Das bedeutet, dass sie dort etwa ohne besonderen Anlass Menschen kontrollieren darf. Die Polizei würde dort gerne vor allem Videoüberwachung einsetzen.
Die uniformierte und zivile Präsenz von Polizisten wurde am Kottbusser Tor verstärkt. Folge: Es werden mehr Rauschgift- und aufenthaltsrechtliche Delikte registriert. Denn diese werden nur aufgedeckt, wenn kontrolliert wird. 2021 verdoppelte die Polizei hier ihre „Dienstkräftestunden“ und Identitätsfeststellungen gegenüber dem Vorjahr.
Die Innensenatorin will eine feste Polizeiwache auf dem Platz
Um die Lage an den Kriminalitätsschwerpunkt zu entspannen, will Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) eine feste Polizeiwache am Kottbusser Tor durchsetzen. Es soll ein Konzept für eine „dauerhaft besetzte Polizeiwache“ erstellt werden. Die Polizeipräsenz und Sichtbarkeit solle dort „deutlich erhöht werden - zu einer Wache im 24/7-Betrieb“. Das stärke das Sicherheitsgefühl.
Laut Berliner Polizei wäre die geplante Wache aber nur mit weiteren ergänzenden Maßnahmen wie einer Videoüberwachung sinnvoll. „Es geht wie so oft um ein ganzheitliches Konzept – in einem ersten Schritt die Kotti-Wache als Anlaufstelle, dann die Videoüberwachung, aber auch städtebauliche Änderungen“, sagt Polizeipräsidentin Barbara Slowik.

Die Videoüberwachung an dem Platz mit viel Diebstählen, Drogenhandel und einigen Überfällen könnte ein Pilotprojekt in Berlin sein, sagt Slowik. Wie sie konkret aussehe, richte sich nach den rechtlichen Rahmenbedingungen und den weiteren Maßnahmen für mehr Sicherheit. Zu klären sei auch die Größe der Polizeiwache abhängig von den örtlichen Erfordernissen und dem notwendigen und zur Verfügung stehenden Personal. Gefordert sei auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. „Sinnvoll erscheint mir zum Beispiel, den Bereich unter der U-Bahn-Trasse am Kottbusser Tor stärker auszuleuchten“, erklärt die Polizeipräsidentin.
Mindestens 300 Quadratmeter Fläche wären für die Polizeiwache aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei nötig. Aber: Mindestens 65 Beamte müssten dafür aus anderen Dienststellen abgezogen werden, die dann andernorts fehlen.