Ampel, Jamaika, Kenia, Deutschland oder doch wieder Rot-Rot-Grün
Fünf bunte Koalitionen für einen Senat: Das blüht den Berlinern nach der Wahl
Politwissenschaftler Gero Neugebauer erklärt im KURIER, wer mit wem regieren könnte und was das für die Hauptstadt bedeutet.

Die Berliner haben mit ihren Stimmen am Sonntag entschieden, welche Parteien in das Abgeordnetenhaus einziehen und wer im Senat künftig die Stadt regieren könnte. Alles läuft auf eine SPD- oder Grün-geführte Regierung hinaus. Im KURIER erklärt Politwissenschaftler Dr. Gero Neugebauer (80), ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Otto-Suhr-Institut der FU, welche Koalitionen möglich sind und was diese für die Zukunft der Berliner bringen könnten.
SPD, Grüne, CDU, Linke und die FDP können unterschiedliche Dreier-Bündnisse bilden. Die AfD fällt in dieser Betrachtung heraus, da die großen Parteien angekündigt haben, mit der Alternative für Deutschland keine Koalitionsgespräche zu führen, stellt der Politologe klar. Folgende Koalitionen sind möglich:
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Rot-Rot-Grün: Unterm Strich habe sich die bisherige Koalition aus SPD, Linke und Grünen bewährt, auch wenn sie ihre Leistung etwa bei den Themen Bildung oder Verkehr nicht erfüllt haben, so Neugebauer. „Da alte Verantwortliche wie Michael Müller, Ramona Pop und möglicherweise auch Verkehrssenatorin Regine Günther nicht mehr dabei sind, werden wir bei der Fortführung dieser Koalition viel neues Personal in der Regierung erleben, das sich selbstkritisch den Aufgaben stellen und versuchen wird, die mangelhaften Leistungen des vorangegangenen Senats zu verdrängen.“

Das heißt: Baustellen beseitigen. So wird die verstärkte Digitalisierung der Verwaltung, der Bezirksämter und der Schulen zu den wichtigsten Aufgaben von Rot-Rot-Grün gehören. Beim Thema Wohnen wird man neben dem Forcieren von Neubau auch weiter an dem Mietendeckel festhalten und versuchen, ihn im zweiten Anlauf durchzusetzen. „Mit einer möglichen SPD-geführten Bundesregierung und einer Bundesratsinitiative könnte die dafür nötige Unterstützung vom Bund kommen“, sagt Neugebauer.
Rot-Rot-Grün: „Können im neuen Senat vieles besser machen“
Sollte der Senat von einer Regierenden Bürgermeisterin Bettina Jarasch (Grüne) geführt werden, stehen Themen wie Klima, Umwelt und Verkehr (autofreie Innenstadt) ganz klar im Vordergrund. Themen, die auch ein sozialdemokratisch geführter Senat verfolgen wird, aber mit anderer Gewichtung. Möglich wäre, dass das von der SPD favorisierte 365 Euro-Jahresticket kommt, um den Berlinern das Umsteigen vom Auto auf Bus und Bahn zu erleichtern.
Eine autofreie Innenstadt, auf die die Grünen zu Gunsten des Ausbaus des Fahrradverkehrs bestehen, soll es mit Franziska Giffey (SPD) als Regierende Bürgermeisterin nicht geben. Sie wird verstärkt ihr Augenmerk auf die E-Mobilität richten, die den Autoverkehr mit einbezieht. Das Fazit des Politologen: „Rot-Rot-Grün wird nicht viel anders arbeiten als jetzt, aber versuchen, künftig vieles besser zu machen.“

Deutschland-Koalition bringt Berlin nicht wirklich voran
CDU, SPD, FDP: Die Deutschland-Koalition, die sich SPD-Spitzenkandidatin Giffey unter ihrer Führung eigentlich wünscht. Beim Wohnungsbau und Verkehr (A100-Ausbau, E-Mobilität) wäre man sich in vielen Punkten einig. Doch schon beim Thema Mietendeckel würden CDU und FDP nicht mitspielen, da sie auch die Interessen der Hausbesitzer vertreten, ist sich der Politologe sicher. Ein Grund, warum die SPD-Basis gegen Giffeys gewünschte Deutschland-Koalition ist. Neugebauers Fazit: „Bedenkt man, dass CDU und FDP bisher kaum nennenswerte Beiträge zum Stadtleben eingebracht haben, wird so ein Senat Berlin nicht ernsthaft voranbringen.“

Ampel-Koalition: Hier wird mehr gestritten als regiert
SPD, FDP, Grüne (Ampel-Koalition): Eine Koalition, bei der etwa die Digitalisierung der Behörden und Schulen auf einen guten Weg käme. Auch könnte dieser Senat in Sachen Wirtschaft und Justiz punkten, so Neugebauer. Problematisch wird es vor allem zwischen Grünen und FDP bei Themen wie A100-Ausbau, Mieten, Klima- und Umweltschutz. Fazit: „In diesem Senat könnte mehr gestritten als regiert werden“, sagt Neugebauer.

Jamaika-Koalition hat keine Chance
CDU, Grüne, FDP (Jamaika-Koalition): Über dieses Dreier-Bündnis wurde im Vorfeld der Wahlen diskutiert. Digitalisierung, Bildung (etwa Anwerbung von neuen Lehrern für Berlins Schulen) wären Ziele, die diese Koalition ohne Schwierigkeiten in Angriff nehmen kann. Aber schon beim Thema Verkehr würde es krachen, so Neugebauer. Rein rechnerisch hätte Jamaika kaum Chancen: Diese Koalition hätte eine schwache Mehrheit.

Kenia-Koalition: Kein Gewinn für Berlin
SPD, Grüne, CDU (Kenia-Koalition): Ein Bündnis mit einer sicheren Mehrheit, bei dem viel Streitpotenzial in der Luft liegt. Schon bei der Ressortverteilung dürfte es zwischen SPD und CDU krachen, meint Politologe Neugebauer. „Die CDU wird darauf pochen, den Innensenator stellen zu wollen. Allerdings hat die SPD in den vergangenen fünf Jahren gezeigt, das auch sie das Thema Sicherheit sehr gut beherrscht, wie die sinkenden Kriminalitätszahlen zeigen“, sagt der Politologe. Streit wird es auch mit den Grünen geben. „Die klima- und umweltschutzorientierte Partei wird von CDU und SPD kaum Unterstützung bekommen“, sagt Neugebauer.

Ein Hauen und Stechen könnte daher in einem „Kenia“-Senat zur Tagesordnung gehören. Eine mögliche Regierende Bürgermeisterin Giffey müsste oft mit einem Machtwort dazwischengehen, so der Politologe. „Ob sie das auf Dauer mitmachen wird, ist die entscheidende Frage“, sagt Neugebauer. Sein Fazit: Ein Gewinn für Berlin wäre eine Koalition aus SPD, Grüne und CDU nicht. „Ziel des neuen Senats muss es sein, eine Stadt voranzubringen, die vielseitig und klimabewusst ist, die gute Bildung und gute Arbeitsplätze garantiert und in der die Menschen sicher und gerne leben wollen.“