Franziska Giffey: In Berlin wird es weiter ein 9-Euro-Ticket geben – mit oder ohne Brandenburg
Die Senats-Chefin will das Nachbarland überzeugen, den Billig-Fahrschein fortzuführen. Die Pendler aus dem Umland sollen nicht ausgegrenzt werden.

Im Grunde ist die Sache klar. Berlin hält weiter an der Fortsetzung des 9-Euro-Tickets fest, das nach drei Monaten nun bundesweit am Mittwoch ausläuft. Doch in Sachen Billig-Ticket auf Dauer gibt es Zoff mit dem Nachbarland Brandenburg, dass die Berliner Initiative ausbremsen will. Doch am Dienstag machte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) weiter Druck: In der Hauptstadt wird es weiter ein 9-Euro-Ticket geben – mit oder ohne Brandenburg!
Der Berliner Senat will zügig eine regionale Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket vorbereiten. Schon ab Oktober soll es an den Start gehen. Und so versucht Giffey nun mit freundlichen Worten auch das Nachbarland Brandenburg von der Idee zu überzeugen. Das kündigten die Regierende Bürgermeisterin und Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Dienstag nach einer Senatssitzung an.
Die Zusage aus Brandenburg ist für die Weiterführung des 9-Euro-Tickets enorm wichtig, will man die Pendler aus dem Umland mit in den Genuss des Billigfahrscheines kommen lassen. Und daher macht Giffey Druck. Aber sie macht auch deutlich, dass Berlin das neue Ticket für Oktober, November und Dezember notfalls im Alleingang einführen will. Es würde dann für die Öffis in den Tarifzonen AB im Stadtgebiet gelten, nicht jedoch in Zone C, also im Umland in Brandenburg.
„Für uns ist es jetzt wichtig, alle an einen Tisch zu holen und über die konkreten Schritte zu beraten“, sagte Giffey. „Klar ist, dass, wenn wir es schaffen wollen, ein Anschlussticket ab dem 1. Oktober bis zum Dezember in Berlin zu gestalten, wir sehr zügig agieren müssen.“

9-Euro-Ticket: Am Donnerstag beraten Berlin, Brandenburg und Verkehrsbetriebe
Daher sei bereits an diesem Donnerstag eine Videoschaltkonferenz mit allen Beteiligten geplant, darunter mit Vertretern Brandenburgs, der BVG, der S-Bahn und des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB). Dort solle es um den „Wirkungskreis“ des aus Landesmitteln finanzierten temporären Tickets gehen, aber auch um den Preis.
Sie habe über das Thema am Montag auch mit Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) telefoniert, so Giffey. Ja, es gebe bei dem Thema noch Gesprächsbedarf mit dem Nachbarland. Sie sehe dort aber „keine völlige kategorische Ablehnung“.
Das sieht man im Nachbarland aber ganz anders: Brandenburgs Landesregierung hatte sich am Wochenende irritiert über den Vorstoß aus Berlin gezeigt, der nicht abgesprochen gewesen sei. Am Dienstag kam Ablehnung von der SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag. Man wolle zunächst eine Nachfolgevereinbarung im Bund abwarten, sagte SPD-Fraktionschef Daniel Keller. „Wir brauchen eine bundeseinheitliche Lösung, keine Sonderwege einzelner Länder.“

Das Problem, das hinter dem ganzen Zoff steckt: Beide Länder legen ihren Nahverkehrstarif im VBB fest. Darin sind neben BVG, der S-Bahn, den Potsdamer Verkehrsbetrieben auch viele kleine Verkehrsunternehmen aus der Region Brandenburg. Insgesamt sind das 34 Verkehrsbetriebe, die sich bei der Tarifpolitik oft wie „Kleinfürsten“ benehmen.
„Wir werden ganz sicher nicht riskieren, den VBB dabei aufzusprengen“, sagte Jarasch mit Blick auf die Berliner Ticketpläne. Sie glaube vielmehr an eine Verständigung mit dem VBB. „Und es gibt Möglichkeiten, die Berlin notfalls auch alleine machen kann“, fügte Jarasch hinzu. „Allerdings ist das nicht unser Wunsch. Unser Wunsch ist tatsächlich, etwas gemeinsam mit Brandenburg hinzubekommen.“ Sie habe dazu verschiedene Modelle durchgerechnet.
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9-Euro-Ticket: „Wir werden mit den Brandenburgern darüber sprechen, was geht“
Auch Giffey bezeichnete eine gemeinsame Lösung mit dem Nachbarland als wünschenswert, vor allem in Hinblick auf Pendlerströme. „Wir werden mit den Brandenburgern darüber sprechen, was geht“, sagte sie. Berlin selbst könne aber nur den Tarifbereich AB in den Blick nehmen – ähnlich dem kostenlosen Schülerticket, das auch nicht in der Tarifzone C gelte.
Nach Einschätzung Giffeys hat eine preiswerte Anschlusslösung ebenso wie das seit drei Monaten geltende 9-Euro-Ticket eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Menschen sähen darin nicht nur einen Beitrag für Klimaschutz und Mobilitätswende, sondern auch eine sozialpolitische Maßnahme mit konkreten Entlastungen in Zeiten hoher Preise etwa für Energie und Lebensmittel.