Bismarck-Denkmal am Großen Stern

Farb-Attacke auf den Eisernen Kanzler

Täter beschmieren auch vier Statuen von Preußen-Generälen und Schilder am U-Bahnhof Mohrenstraße.

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Das Bismarck-Denkmal wurde besprüht und mit Farbbeuteln beworfen. Die Täter hinterließen den Schriftzug „Decolonize Berlin“.
Das Bismarck-Denkmal wurde besprüht und mit Farbbeuteln beworfen. Die Täter hinterließen den Schriftzug „Decolonize Berlin“.dpa/Sven Braun

Das Bismarck-Nationaldenkmal am Großen Stern ist mit Farbe beschmiert. Auch die Preußen-Generäle auf dem Zietenplatz und U-Bahnschilder an der Mohrenstraße wurden mit Graffiti verhunzt. Die Täter hinterließen den Schriftzug „Decolonize Berlin“ (Berlin dekolonialisieren). Die Denkmal-Attacken gleichen Angriffen auf Statuen in den USA und England. Es geht darum, angebliche Rassisten und Kolonialisten im Stadtbild zu brandmarken.     

Damit jeder die Absicht versteht, hinterließen die Täter politische Flugblätter. Wer sie liest, wird aufgefordert, sich mit den Verbrechen der deutschen Kolonialgeschichte zu befassen. Die Täter verschickten auch eine E-Mail, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. „Wenn die Stadt Mörder und Rassisten auf Sockeln und Straßenschildern toleriert, leisten wir Widerstand“, heißt es darin. Die Polizei sicherte Spuren am Bismarck-Denkmal.  

Aus Täter-Sicht lag die Auswahl der attackierten Statuen nah. Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898) bekämpfte die Sozialisten – und gilt vielen als Wegbereiter des Kolonialismus. Gleichwohl führte er in der Heimat die fortschrittlichsten Sozialgesetze der Welt ein. Die Statuen am Zietenplatz traf es wohl, weil sie vier preußische Militärführer zeigen. Und die Mohrenstraße ist wegen ihres Namens ohnehin umstritten (KURIER berichtete).

Anti-Rassismus-Bündnis: Wir waren es nicht!

Dass die Täter den Schriftzug „Decolonize Berlin“ hinterließen, lenkt den Verdacht auf das gleichnamige Bündnis. Es kämpft für die Umbenennung von Straßennamen, die Kolonialherren rühmen oder rassistische Bezeichnungen tragen. Doch ein Sprecher betont, dass man mit der Tat und den Flyern nichts zu tun habe. Gut möglich, dass Trittbrettfahrer den Schriftzug nutzten. Der Sturm auf vermeintliche Kolonialdenkmäler ist ja regelrecht in Mode.  

Hintergrund: Bereits im Juni wurde ein Bismarck-Denkmal in Hamburg beschmiert. Im englischen Bristol etwa traf es eine Bronzestatue des Sklavenhändlers Edward Colston. Demonstranten „ertränkten“ das Denkmal im Hafen. In US-Städten wie Richmond, Boston und St. Paul wurden Statuen von Amerika-Entdecker Christopher Kolumbus gestürzt und geschändet. Im belgischen Gent nahmen sich Demonstranten eine Büste von König Leopold II. vor. 

Afroamerikaner bei Polizei-Einsatz getötet

Auslöser des internationalen Denkmal-Sturms war der Tod des Afroamerikaners George Floyd am 25. Mai in der US-Großstadt Minneapolis. Er starb bei einer gewaltsamen Festnahme durch vier Polizisten. Ein Video des Vorfalls zeigt, wie ein Polizist auf dem Hals des Verdächtigen kniet. Dessen letzte Worte waren: „Ich kann nicht atmen.“ Seither gibt es in den USA eine Protestwelle der „Black Lives Matter“-Bewegung gegen Polizeigewalt und Rassimus.

Die Ereignisse verschärften auch die Debatte um die Frage, warum es vielerorts noch Denkmäler von weißen Kolonialherren gibt. Sollte man die Statuen nicht lieber abbauen? Diese Diskussion ist nun in Berlin angekommen.