Der tödliche Unfall im Januar 2018. 
Der tödliche Unfall im Januar 2018.  Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Die Vernehmung des Polizisten vor Gericht dauert schon eine Stunde, bis der Vorsitzende Richter Sascha Daue an diesem Donnerstag die entscheidende Frage stellt: Es habe einen anonymen Hinweis gegeben, dass der angeklagte Polizeihauptkommissar Peter G. bei der Einsatzfahrt alkoholisiert gewesen sei. „Sie waren der Beifahrer, haben Sie etwas bemerkt“, will Daue von dem 30-jährigen Marosch S. wissen.  Nein, antwortet der Beamte mit emotionsloser Stimme. Sonst wäre er an jenem Tag definitiv nicht in den Funkstreifenwagen gestiegen.

Es geht in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten um den Tod der 21-jährigen Fabien Martini am 29. Januar 2018. Sie starb auf der fünfspurigen Grunerstraße in Mitte, als ein Einsatzwagen der Polizei mit Blaulicht, Martinshorn und Tempo 130 aus dem Tunnel am Alex gefahren kam und in den Kleinwagen der jungen Frau krachte. Erst Monate später wurde durch einen anonymen Hinweis bekannt, dass Peter G., der Fahrer des Polizeiwagens, alkoholisiert gewesen sein soll.

Die Krankenakte wurde beschlagnahmt, die einen Wert von 0,8 Promille ausgewiesen haben soll. Doch Peter G. muss sich vor Gericht lediglich wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Das Gericht ließ den Anklagepunkt der Trunkenheit im Straßenverkehr nicht zu, weil die Krankenakte auf nicht rechtmäßigem Weg beschafft worden sein soll.

Marosch S. sagt an diesem zweiten Verhandlungstag, dass er bei seinem Kollegen weder Alkoholgeruch, noch eine lallende Aussprache wahrgenommen habe, als sie mittags wegen eines Einbruchsversuchs in die Mall of Berlin gerufen worden seien. Er will auch nicht bemerkt haben, dass ihr Funkwagen mit Tempo 130 und damit viel zu schnell gefahren sei. Er finde diese Geschwindigkeit auch nicht schädlich - denn Tunnel und Straße seien frei gewesen.

Marosch S. gibt zudem zu Protokoll, dass er nach dem tödlichen Crash nie wieder mit Peter G. über den Unfall geredet habe. Auch ein weiterer Zeuge, der zusammen mit dem Angeklagten der eingeklemmten Frau zu Hilfe eilte, bemerkte bei Peter G. keinen Alkoholgeruch. „Und ich hätte das ganz sicher gerochen, weil mein Vater Alkoholiker ist“, argumentiert der 34-Jährige.

Unklar ist auch, in welcher Spur Fabien Martini mit ihrem Auto fuhr, als der Funkwagen aus dem Tunnel kam? Polizist Marosch S. sagt, sie sei von der ganz rechten Spur gekommen, um zu parken,  und direkt in den Fahrweg des Polizeiwagens gefahren. Ein Busfahrer unterstützt diese Angabe. Er will den Kleinwagen ebenfalls in der ganz rechten Spur gesehen haben. Als das Polizeiauto aus dem Tunnel aufgetaucht sei, sei der Kleinwagen abrupt nach links abgebogen. „Ich habe noch gerufen, was wird das denn jetzt. Dann krachte es auch schon“, erzählt der Busfahrer.

Eine andere Zeugin, die den Crash von ihrem Fahrrad aus beobachtete, schwört dagegen, dass der Kleinwagen von Fabien Martini in der zweiten Spur von links gefahren sei. Sehr langsam und mit eingeschaltetem Blinker. „Ich wusste, da sucht jemand einen Parkplatz“, sagt die 30-Jährige.

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt, dann will das Gericht entscheiden, ob es einen Beweisantrag der Anwälte der Eltern von Fabien Martini zulässt. Sie wollen zwei neue Zeugen hören, Nachbarn von Peter G. Ihnen gegenüber soll der Angeklagte geäußert haben, den Funkwagen angetrunken gefahren zu haben.