EX-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger: Jetzt ermittelt der Staatsanwalt! Lückenlose Aufklärung gefordert
Es geht um den Verdacht der Untreue und der Vorteilsannahme, so ein Sprecher der Berliner Justiz.

Der Rücktritt von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger hat Folgen. Seit Montag ermittelt die Justiz gegen die Top-Journalistin.
Die Berliner Justiz ermittelt auch gegen Schlesingers Mann und den RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf. Das hat die Staatsanwaltschaft am Montag dem RBB bestätigt. Es gehe um den Verdacht der Untreue und der Vorteilsannahme, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Schlesingers Rücktritt war am Montag in aller Munde und ist im brandenburgischen Landtag fraktionsübergreifend begrüßt worden. Der Rücktritt sei „richtig und wichtig“, erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende Daniel Keller am Montag. Nun müssten jedoch auch die Kontrolle der Gremien und neue Strukturen offen diskutiert werden. Jenseits eines personellen Neuanfangs müssten dringend „die Strukturen hinterfragt werden, die die berichteten Verfehlungen ermöglicht haben“, betonte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Budke bezeichnete den Rücktritt als „richtigen Schritt“. Die Vorwürfe müssten aufgeklärt werden, sagte sie. Nach dem Rücktritt von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger dringen auch Medienexperten auf weitere Aufklärung. Zugleich wurde am Montag weitere Kritik am Verhalten der 61-Jährigen und am Krisenmanagement der Senderverantwortlichen laut.
Es seien viele Kommunikationsfehler gemacht worden, sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall, im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). „Transparenz zu versprechen, sie aber nicht konsequent durchzuhalten, beispielsweise gegenüber der Politik sich nicht zu äußern, aber dann Zeitungsinterviews zu geben – da war einiges nicht wirklich schlau“, sagte Überall.
Nach wochenlangen Vorwürfen war Patricia Schlesinger zurückgetreten
Die mangelnde Transparenz habe verheerende Auswirkungen in der Öffentlichkeit, aber auch beim RBB selbst: „Ich habe es noch nie erlebt, dass sich die Freien-Vertretung und auch der Personalrat nicht nur kritisch geäußert haben, sondern an die Öffentlichkeit gewandt haben – und letzten Endes formuliert haben, sinngemäß: ,Wir schämen uns.‘“ Den Rücktritt nannte Überall einen „richtigen Schritt“, um Schaden vom RBB und den Mitarbeitenden abzuhalten.
Nach wochenlangen Vorwürfen möglicher Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme war Schlesinger am Sonntagabend als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg zurückgetreten. Der Schritt erfolgte drei Tage nach ihrem Rückzug vom ARD-Vorsitz. Die Leitung des RBB übernimmt ab sofort der stellvertretende Intendant Hagen Brandstäter. Der Rundfunkrat wollte am Montag zu einer nichtöffentlichen Sondersitzung zusammenkommen.
Trotz ihres Rücktritts als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) will der Hauptausschuss des Brandenburger Landtags Patricia Schlesinger zu den Vorwürfen hören. Die Einladungen zu der Sondersitzung am Dienstag kommender Woche würden aktuell verschickt, sagte der Ausschussvorsitzende Daniel Keller (SPD) am Montag auf Anfrage. „Mit dem Rücktritt von Frau Schlesinger ist der Fall nicht beendet“, sagte Keller. „Jetzt geht die Aufklärung erst los.“
Eingeladen zu der Sitzung würden auch der Verwaltungsrat und die Vorsitzende des Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach. Brandenburg hat derzeit die Rechtsaufsicht über den RBB. Mitte Juli waren Schlesinger sowie Vertreter der beiden Gremien einer Einladung zur Anhörung in dem Ausschuss nicht gefolgt. Das hatte in der Brandenburger Politik für Empörung gesorgt. Notwendig seien nun grundlegende Reformen beim RBB, sagte Keller.
Patricia Schlesinger wird auch Maßlosigkeit vorgeworfen
Dabei gehe es um wirksame Kontrollen und eine Stärkung des Verwaltungsrats. „Wir werden uns dazu den RBB-Staatsvertrag genau ansehen“, kündigte Keller an. „Vielleicht ist auch ein kompletter Neuanfang notwendig“, meinte er. Einzelheiten dazu wollte Keller zunächst nicht nennen. „Es lohnt sich, alle Fragen grundsätzlich zu diskutieren“, sagte er.
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Der Business Insider hatte die Untersuchungen gegen Schlesinger Ende Juni ins Rollen gebracht. Die bislang ungeklärten Vorwürfe reichen von fragwürdigen Beraterverträgen zu einem inzwischen auf Eis gelegten RBB-Bauprojekt über eine Gehaltserhöhung für Schlesinger auf gut 300.000 Euro bis hin zu einem zusätzlichen, zuvor öffentlich nicht bekannten Boni-System.
Außerdem geht es um angebliche Essen mit „Multiplikatoren“ auf RBB-Kosten in ihrer Privatwohnung, einen luxuriösen Dienstwagen mit Massagesitz, für den es einen sehr hohen Rabatt gegeben haben soll, und einen teuren Umbau der Chefetage im RBB. Seit gestern ermittelt auch die Staatsanwaltschaft gegen die zurückgetretene RBB-Intendantin.