Zukunftsvision: So soll der Signa-Turm aussehen, wenn er fertig ist. 
Zukunftsvision: So soll der Signa-Turm aussehen, wenn er fertig ist.  Grafik: Signa Real Estate

Ein paar Hammerschläge – und schon bröckeln die Platten. Mit einem symbolischen Teilabbruch der Fassade an der Galeria Kaufhof am Alexanderplatz hat die Signa Real Estate, die zum Imperium des österreichischen Milliardärs René Benko gehört, am Montag den ersten Schritt zum Bau eines neuen Hochhauses gefeiert.

Als „Bauarbeiter“ betätigten sich neben dem Chef der Signa Real Estate Timo Herzberg Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke), Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) und Architekt Jan Kleihues. Um ihnen die Arbeit zu erleichtern, waren die Platten auf einer Bühne im überdachten Partyzelt aufgebaut worden, wo die hochrangigen Bauleute zur Tat schritten  – mit Sicherheitsbrillen geschützt vor dem splitternden Material.

„Es geht los“, sagte Signa-Boss Timo Herzberg. Er freue sich, dass nach jahrelangen Planungen nun die Arbeiten für das Projekt beginnen. Nach Plänen des Berliner Architekten Jan Kleihues entsteht an der Galeria Kaufhof auf der Seite zur Karl-Liebknecht-Straße ein 134 Meter hoher Büroturm. Außerdem wird das Gebäude der Galeria Kaufhof erweitert. Im 5. Obergeschoss des  Warenhauses soll es eine „eventorientierte Gastronomie“ geben, sagte Herzberg. Darüber hinaus werde das Warenhaus um eine zusätzliche Geschäftsfläche im Untergeschoss erweitert.

Einige Teile werden wiederverwendet

Weil der Turm auf einem Teil des Warenhausgrundstücks entsteht, muss das alte Gebäude in diesem Bereich zurückgebaut werden. Aus dem Bestandsgebäude werden je Etage rund 740 Quadratmeter entfernt, damit alt und neu miteinander verbunden werden können. In den kommenden vier Monaten soll zunächst ein Teil des alten Kaufhofgebäudes an der westlichen Ecke zur Karl-Liebknecht-Straße abgebrochen werden. Im ersten Schritt werden dabei 4.000 Quadratmeter Natursteinfassade demontiert. Jedes einzelne Fassadenelement wiegt rund 250 Kilo. Einige Elemente der Fassade werden wiederverwendet.

Erfolgreicher Abbruch: Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel, Signa-Chef Timo Herzberg, Architekt Jan Kleihues und Stadtentwicklungssenator&nbsp; Sebastian Scheel (v.l.) zertrümmerten symbolisch die Fassadenplatten, die dem Turm weichen müssen.<br>
Erfolgreicher Abbruch: Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel, Signa-Chef Timo Herzberg, Architekt Jan Kleihues und Stadtentwicklungssenator  Sebastian Scheel (v.l.) zertrümmerten symbolisch die Fassadenplatten, die dem Turm weichen müssen.
Volkmar Otto

Architekt Jan Kleihues setzt mit dem Projekt die Arbeit seines Vaters Josef Paul Kleihues (1933-2004) fort, nach dessen Plänen der alte Kaufhof nach der Wiedervereinigung modernisiert worden war. „Das Warenhaus und der Turm, der aus diesem erwächst, müssen für sich selbst stehen“, sagte Jan Kleihues am Montag. „Aber genauso sollen sie auch eine Einheit bilden, ein Ensemble. Mit der vertikalen und horizontalen Gliederung der Fassaden haben wir einen klaren, aber unauffälligen Bezug zwischen den beiden Gebäudeteilen hergestellt.“

Im Turm sind 32.000 Quadratmeter Büroflächen geplant. Pro Geschoss entstehen Flächen mit einer Größe zwischen 950 bis 1.340 Quadratmeter. Das Hochhaus soll besonders nachhaltig sein. Signals Ziel ist es, den Turm CO2-Neutral zu betreiben. Ein Baustein dafür ist der Einsatz sogenannter Kappendecken, worunter eine gewölbte Deckenkonstruktion verstanden wird. Damit lassen sich laut Signa  bis zu 30 Prozent Beton ein. Dadurch wird das gesamte Gebäude auch weniger schwer, wodurch weniger Last in das Erdreich abgetragen werden muss.

Gebäude wird auf Pfählen errichtet

Der Turm wird auf Pfählen errichtet, die nicht nur dazu dienen, das Gebäude im Boden zu verankern. Die Pfähle werden zugleich geothermisch genutzt und tragen so zum Wärmen oder Kühlen des Gebäudes bei. Die bodentiefen Fenster des Turms sollen als sogenannte Twin-Face-Fassade gestaltet werden, bei der der Sonnenschutz zwischen zwei Scheiben liegt, sagte Kleihues. Vorteil: Die Rollläden sind unbeeinflusst von äußeren Einflüssen. Wenn es windig wird fahren sie nicht automatisch hoch, wie bei manch anderen Häusern üblich.

Zwar gibt es noch keine Baugenehmigung für das Hochhaus – diese erwartet Signa erst im November -, doch gibt es schon einen Namen für das Projekt: MYND soll der Turm heißen. „MYND steht für My Mind“, erklärt Signa-Sprecher Sebastian Schmidt. Das bedeute im übertragenen Sinne, „die neue Art des Denkens“. Wenn das Gebäudeensemble fertig ist, soll es unter- und oberirdisch über rund 110.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche verfügen, davon etwa 42.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche im Turm und 68.000 Quadratmeter im Sockelgebäude. Nach Angaben von Signa ist die Fertigstellung für Ende 2025 geplant.

Der Turm von Signa ist das dritte Hochhaus, das nach dem Masterplan für den Alexanderplatz aus dem Jahr 1993 errichtet wird. Lange Zeit tat sich nichts, weil es keinen Bedarf für Hochhäuser am Alex gab. Erst im Jahr 2019 startete der russische Investor Monarch die Bauarbeiten für den ersten Turm. Der Alexander Tower, den Monarch errichtet, entsteht direkt neben dem Haupteingang des Einkaufszentrums Alexa an der Grunerstraße/Ecke Alexanderstraße. Mit 35 oberirdischen Geschossen und einer Höhe von 150 Metern wird das Gebäude das höchste Wohnhaus Berlins. Vier weitere Geschosse sind unterirdisch geplant. Der Entwurf des Architekturbüros Ortner + Ortner sieht den Bau von 377 Wohnungen mit Größen von 24 bis 423 Quadratmetern vor. Die Wohnungen verteilen sich auf 29 Geschosse. Auf den übrigen sind Büro- und Konferenzräume, ein Fitnessstudio, eine Club-Lounge, ein Pool, ein Wellness-Spa sowie ein Restaurant vorgesehen. Im Jahr 2023 soll der Turm fertig sein. Zumindest wurde das bei Baubeginn so gesagt. Die Arbeiten laufen zwar, doch sind oberirdisch noch keine Geschosse zu sehen.

Nachbarprojekt soll 2026 fertig werden

Neben dem Hotel Park Inn errichtet das Immobilienunternehmen Covivio ein rund 130 Meter hohes Hochhaus am Alexanderplatz. Nach einem Entwurf der Architekten Sauerbruch Hutton entstehen in dem Turm und einem niedrigeren Sockelbau eine Kita, Büros und Mietwohnungen, eine rund 1600 Quadratmeter große Dachterrasse mit Gartenflächen auf dem Sockeldach sowie gemeinschaftlich nutzbare Flächen und Räume für den Einzelhandel. Vorgesehen ist außerdem ein „gastronomisches Angebot“.

Dass der Covivio-Turm anders als der Alexander Tower nicht 150 Meter, sondern ähnlich wie der Signa-Turm nur rund 130 Meter in den Himmel ragen soll, liegt am geänderten Umgang mit der Hochhausplanung. Die von Ende 2016 bis Mitte 2020 amtierende Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) setzte durch, dass sich die noch nicht geplanten Hochhäuser am Hotel Park Inn orientieren. So soll der Blick auf den Fernsehturm weniger stark beeinträchtigt werden.

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Die Baugenehmigung für den Covivio-Turm liegt seit März 2021 vor. Die vorbereitenden Baumaßnahmen wurden nach Angaben von Covivio-Sprecherin Barbara Lipka Ende Mai 2021 abgeschlossen. Im Juni 2021 haben laut Lipka die Arbeiten zur Herstellung der Baugrube und der Geothermie begonnen. Der Start der Rohbauarbeiten wird Ende 2022 erwartet. Das Sockelgebäude soll im Jahr 2025 fertig werden, der Turm im Jahr 2026.

Streit um die Höhe

Streit um die Höhe gibt es noch bei einem anderen Hochhausprojekt: dem geplanten 150 Meter hohen Turm des US-Investors Hines, das neben dem Elektronikmarkt Saturn entstehen soll. Die inzwischen aus dem Amt ausgeschiedene Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hatte noch kurz vor dem Abschied erklärt, dass dort eine Höhe von 130 Metern besser sei.  Hines will aber an einer Höhe von 150 Metern festhalten.

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Anders als viele Stimmen in der Linken sieht Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel die Entwicklung am Alex positiv. „Wenn alles erst mal realisiert ist, wird man sehen, was für eine tolle Silhouette hier entsteht“, sagte er am Montag.