Am Ufer der Oder: ein toter Fisch, der schon stark verwest ist.
Am Ufer der Oder: ein toter Fisch, der schon stark verwest ist. dpa/Pleul

Es sind niederschmetternde Zahlen: Bis zu 50 Prozent aller Fische in der Oder sind nach Schätzungen des Instituts für Binnenfischerei durch die jüngste Umweltkatastrophe getötet worden. Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) spricht von einem „Fischsterben, wie wir es noch nie hatten – zumindest seit 1989 –, mit gigantischem Ausmaß.“

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Noch immer kann keine Entwarnung gegeben werden. Obwohl inzwischen wieder Fische in der Oder schwimmend beobachtet werden, sei das Wasser im Fluss für Lebewesen noch nicht in Ordnung. Bei Versuchen sind Wasserkrebse eingesetzt worden, die kurze Zeit später tot waren. „Daran sehen wir, es gibt zumindest für Kleinlebewesen noch toxische Stoffe in der Oder“, erklärt Brandenburgs Umweltminister.

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Auf polnischer Seite wird an 282 Stellen Abwasser ohne Genehmigung in die Oder geleitet

Als möglicher Auslöser des Fischsterbens wird bislang ein zu hoher Salzgehalt des Flusses und eine damit einhergehende Ausbreitung  einer giftigen Alge vermutet. Ein überhöhter Salzgehalt sei bisher aber nicht meldepflichtig gewesen, so Vogel. Berücksichtigt werden müsse jedoch, dass genehmigte Einleitungen durch die Erderhitzung ganz andere Folgen haben könnten als früher. Die Temperatur der Oder habe in den zurückliegenden Wochen lange über 25 Grad gelegen.

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Im Zusammenhang mit dem Fischsterben hat Polens Wasserbehörde nach eigenen Angaben 282 Abwasserabflüsse ohne aktuelle wasserrechtliche Genehmigung entdeckt. Es werde derzeit geklärt, von wo aus diese Leitungen zur Oder gelegt wurden und wem sie gehören, sagt der designierte neue Chef der Wasserbehörde, Krzysztof Wos.

Die Folgen für die Oder sind auf jeden Fall gewaltig. Allein in der Verbrennungsanlage der Raffinerie PCK Schwedt seien bereits 22 Tonnen Fischkadaver entsorgt worden, weitere 88 Tonnen seien dort zur Vernichtung angemeldet, berichtet Umweltminister Vogel, „und viele Tonnen toter Fisch sind noch gar nicht erfasst“.

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Bis zu 400 Tonnen Fisch wurden getötet

Die polnische Feuerwehr hat bislang 202 Tonnen tote Fische aus der Oder geborgen, wie RBB berichtet. Die Feuerwehr hat entlang des gesamten Flusslaufs 159 Ölsperren aufgestellt, um verendete Fische aufzufangen und zu bergen, sagt der Sprecher der polnischen Feuerwehr-Hauptverwaltung.

Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Binnenfischerei (IfB), Uwe Brämick, geht von 200 bis 400 Tonnen Fisch aus, die getötet wurden. „Beim Fischsterben findet man nicht jeden toten Fisch, wir müssen davon ausgehen, dass zwei- bis viermal so viele Fische gestorben sind, wie geborgen und entsorgt worden sind.“

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Die Verluste der Fischereibetriebe an der Oder bezeichnete er als drastisch. „Wir gehen davon aus, dass es zwei bis vier Jahre dauern wird, bis sich die Potenziale der Bestände wieder so entwickelt haben, wie es vor dieser Entwicklung der Fall war.“ In der Oder werden ihm zufolge normalerweise etwa 50 bis 60 Tonnen Fisch durch die zwölf Fischereibetriebe gefangen, die damit 80 Prozent ihrer Erlöse einnehmen. Ebenso viele Tonnen holen Angler jährlich aus dem Fluss.

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel, im Hintergrund die Oder
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel, im Hintergrund die Oder dpa/Pleul

Brämick sprach sich für ein längerfristiges Monitoring bei der Nutzung der Fischbestände aus. So könnten nach solchen Ereignissen die Folgen besser eingeschätzt und bewertet werden.

Die Oder braucht jetzt eine Kur

Nach Ansicht des Leiters des Nationalparks Unteres Odertal, Dirk Treichel, muss die Widerstandsfähigkeit des Fließgewässersystems der Oder gestärkt werden. „Wir brauchen eine Kur für die Oder“, sagte Treichel beim Umweltausschuss. Es müsse alles unternommen werden, um den Stress des Ökosystems zu minimieren. Dazu gehörten die Verhinderung von Gewässereinleitungen und gewässerbauliche Maßnahmen.

In der Oder wurden auf polnischer und deutscher Seite in den vergangenen Wochen massenhaft tote Fische entdeckt und eingesammelt. Bis zum Sonnabend wurden in Polen und Deutschland rund 200 Tonnen Fischkadaver eingesammelt. Die Ursache für das Fischsterben ist bislang unklar. Jedoch wurde in Wasserproben sowohl in Polen als auch in Deutschland eine giftige Alge festgestellt.

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Im Zusammenhang mit dem Fischsterben hat Polens Wasserbehörde nach eigenen Angaben 282 Abwasserabflüsse ohne aktuelle wasserrechtliche Genehmigung entdeckt. Es werde derzeit geklärt, von wo aus diese Leitungen zur Oder gelegt wurden und wem sie gehören, sagte der designierte neue Chef der Wasserbehörde, Krzysztof Wos, am Dienstag.