Mückin und Luftmatratze

Erinnern Sie sie sich noch an diese Dinge? Ohne sie ging im Urlaub in der DDR nix

Ohne Mückenspray, Panthenol und Luftmatratze war kein Sommerurlaub in der DDR komplett.

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Sommer am Ostseestrand. Kinder spielen auf einem Klettergerüst am Strand. An Sonnencreme dachten damals die wenigsten.
Sommer am Ostseestrand. Kinder spielen auf einem Klettergerüst am Strand. An Sonnencreme dachten damals die wenigsten.IMAGO/Gerhard Leber

Ferienlager mit Frottana

Zwischen Anfang Juli und Ende August urlaubte die DDR. Acht Wochen Sommerferien hieß es, bis am 1. September die Schule wieder begann. Die Ferien kamen einem damals nicht nur unheimlich lang vor, sie waren es auch.

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Die Schulkinder wurden daher in Ferienlager geschickt, bis die Eltern auch endlich Urlaub nehmen konnten. Der DDR-Werktätige hatte seit 1979 Anspruch auf mindestens 18 Tage Grundurlaub. Lehrlinge bekamen 24 Tage. Um also die acht Wochen Sommerferien rumzukriegen, war neben der Betreuung in den Ferienspielen in der Schule auch mindestens eine Woche Betriebsferienlager von Bergmann Borsig in Töpchin bei uns Kindern Pflicht.

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Neptunfest, Wandern, Lagerfeuer und Disko brannten sich in die kollektive Erinnerung ein.

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DDR-Ostseesommer, im Ferienlager der IG Wismut in Binz auf Rügen wird das Neptunfest gefeiert.
DDR-Ostseesommer, im Ferienlager der IG Wismut in Binz auf Rügen wird das Neptunfest gefeiert.IMAGO/Harald Lange

Mit dabei in den karierten Koffern und Campingbeuteln: neben kurzen Hosen, Nickis und Sandalen, oft ein geblümtes Handtuch aus dem VEB Frottana – 1988 gehörte die VEB Frottana immerhin zu den größten Frottierherstellern in Europa.

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Vertragsarbeiterinnen bei Frottana im Werk Großschönau.
Vertragsarbeiterinnen bei Frottana im Werk Großschönau.IMAGO/Ulrich Hässler

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Im Reisegepäck fand sich auch häufig ein Besteckset. Das waren Messer, Gabel und Löffel mit Plastikgriff in einem Kunstleder-Etui, mit dem Namen markiert und heute wieder topmodern, weil nachhaltig. Man verreiste in der DDR außerdem nicht mit Duschgel, sondern mit einer Seifendose. Auch das wird heute wieder entdeckt. In der Waschtasche, die damals Kulturbeutel hieß, befand sich bei vielen Ferienkindern auch ein Fläschchen Mückin oder Mückol. Beides grässlich riechende Wässerchen zur Mückenabwehr mit begrenzter Wirkung. 

Ein Produkt der chemischen Industrie der DDR: Mückol
Ein Produkt der chemischen Industrie der DDR: MückolDDR-Museum

Mückenschutzmittel in der DDR

In der DDR kam der Mückenschutz in kleinen Flaschen daher, wie sie heute als Flachmann mit Schnaps an den Supermarktlassen stehen. Die Erzeugnisse der chemischen Industrie in der DDR hatten es in sich: Einmal aufgeschraubt, war man von dem beißenden Geruch erst mal benebelt. Flibol, Mückin oder Mückol Mückenschutz hießen die Produkte des VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt.

Auf kleinen Wunden brennt es höllisch

„Mückol ist ein auf wissenschaftlicher Grundlage aufgebautes Mücken-Schutzmittel. Es verursacht auch bei Daueranwendung keinerlei Hautschäden“, konnte man auf der Rückseite des aufgeklebten Etiketts durch die Wand der Flasche lesen. So richtig dran glauben – eher nicht. Der anfänglich leichte Alkoholgeruch mache nach schneller Verflüchtigung einem angenehmen Tannenduft Platz, heißt es weiter auf der Flasche. Eine glatte Lüge. Auf kleinen Wunden brannte das Zeug jedenfalls höllisch.

Urlauber vor den Bungalows im FDGB-Urlauberdorf Klink an der Müritz. Viel Wasser, viele Mücken. 
Urlauber vor den Bungalows im FDGB-Urlauberdorf Klink an der Müritz. Viel Wasser, viele Mücken. IMAGO/Harald Lange

Trotzdem war das Mittel ein ständiger Begleiter, wenn es zum Blaubeerenpflücken oder Rudern auf den See ging. Die Flasche kostete eine Mark. Später gab es auch Mückenschutz zum Sprühen, in einer grün-weißen Dose. Ganz Schlaue sprühten einen Stoß aus der Dose ins Lagerfeuer, das gab im Ferienlager dann Ärger vom Betreuer. Ach und überhaupt Spraydose: bei uns ging im Sommer nichts ohne Panthenol-Spray.

Gegen das schlechte Gewissen: Panthenol-Spray

Wenn man sich beim Herumlungern auf der Hollywoodschaukel im Kleingarten oder auf der Radtour durch die Brandenburger Sandwüste hinter Königs Wusterhausen einen Sonnenbrand geholt hatte, was häufiger vorkam, als wir es heute wahrhaben wollen, zückten in der DDR Eltern gern die orange-weiße Flasche Panthenol-Spray. Das war schwer zu bekommen, wer einen Vorrat hatte, freute sich.

Im DDR-Museum ausgestellt: Panthenol-Spray und Action-Haarspray.
Im DDR-Museum ausgestellt: Panthenol-Spray und Action-Haarspray.IMAGO/Christian Thiel

Oft lagerte eine Dose im Kühlschrank, um die kühlende Wirkung noch zu verstärken. Dass man das Spray im Sommer brauchen würde, war klar wie Klassenkampf. Mit dem weißen Schaum auf Schienbeinen, Schultern und im Gesicht mussten die Sonnenverbrannten dann ausharren, bis alles eingezogen war. Auch das brannte höllisch. Die Eltern glaubten aber, sie könnten so Versäumnisse beim ohnehin nicht üblichen Eincremen mit Sonnenschutz wieder wettmachen.

DDR-Touristen auf Reisen ins Ausland

Weit ins Ausland reisen konnten die wenigsten in der DDR. Wenn, dann ging es in die Bruderstaaten im Ostblock. In die Tschechoslowakei in die Hohe Tatra, nach Polen oder noch besser an den ungarischen Balaton: Auf den Straßenmärkten dort wurden dann die wenigen mitgebrachten Devisen gern für Klamotten und andere Westwaren wie Kassetten ausgegeben. Man kostete die kleine Freiheit und der Urlaub schmeckte nach den riesigen Melonen, die an den Straßen verkauft wurden und nach Waffeln mit Schokocreme und Sahne.

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Luftmatratze auf dem Balaton

Auf den Campingplätzen Ungarns traf man sich auch mit der Westverwandtschaft, manche brachen von hier aus in ein neues Leben im Westen auf. Oft mit dabei: die obligatorische blau-rote Luftmatratze, die es in vielen Haushalten gab. Wenn gerade kein Badeurlaub anstand, übernachten gern auch Gäste auf der Matratze. 

DDR-Bürger machen Urlaub am Balaton in Ungarn. Mit dabei die blau-rote Luftmatratze. 
DDR-Bürger machen Urlaub am Balaton in Ungarn. Mit dabei die blau-rote Luftmatratze. IMAGO/C3 Pictures

Das anarchische Potenzial von Urlaub sollte von jeher mit der Ferienorganisation durch den FDGB eingehegt werden. Doch reichten die Plätze in den Heime hinten und vorne nicht. Der Markt an Privatquartieren an der Ostsee oder im Thüringer Wald blühte.

Privatquartier für den Urlaub in der DDR

Hatte man eins gefunden, fuhr man oft jahrelang hin: ein privat vermietetes Zimmer an der Ostsee. Weil Reisen nach Lust und Laune in der DDR verpönt war, sah die politische Führung die Vermietung von Zimmern nicht gern. Trotzdem brachten die Einheimischen die Touristen überall unter, wo ein Dach war. Es gibt Berichte von Urlauben in Garagen an der Ostsee, von leer geräumten Kinderzimmern und ausgebauten Ställen. Der Mangel an staatlichen Urlaubsplätzen in den FDGB-Heimen sorgte für einen Boom an Campingurlauben und Übernachtungen auf fremden Sofas.

FDGB-Urlauber erholen sich auf dem Campingplatz des Ostseebades Prerow auf dem Darß.
FDGB-Urlauber erholen sich auf dem Campingplatz des Ostseebades Prerow auf dem Darß.IMAGO/Harald Lange

Auf den Campingplätzen aber auch in den Kleingärten der Republik konnte man oft Improvisiertes betrachten. Eine Feuerschale aus einer alten Waschmaschinentrommel, ein Grill Marke Eigenbau.

Kartenspiel am Campingtisch.
Kartenspiel am Campingtisch.IMAGO/Ulrich Hässler

Was die DDR-Bürger zusammenschraubten und schweißten überdauert manchmal bis heute. So wie ein zerlegbarer Reise-Grill meines Schwiegervaters. Ganze Wohnwagen bauten findige Tüftler sich. Drinnen meist ein Set gestreifter oder geblümter Campingstühle und der zusammenfaltbare Tisch mit der Sprelacart-Platte.