Nachhaltige und langlebige Produkte
Erinnern Sie sich noch an DIESE DDR-Gläser? Superfest und fast unzerbrechlich
Früher gab es Superfest-Gläser in jeder DDR-Kneipe. Jetzt soll die alte Idee für Trinkflaschen wiederbelebt werden. Eine Crowdfunding-Aktion von Soulbottles lief erfolgreich.

Gläser, die zerbrechen, müssen öfter nachgekauft werden. Diese Tatsache ist wahrscheinlich der einzige Grund, warum eine gute Idee und Entwicklung aus der DDR bis heute nicht wiederbelebt wurde. Gewinn machen, das war in den vergangenen 30 Jahren stets wichtiger, als nachhaltige und langlebige Produkte zu entwickeln.
Das Berliner Unternehmen Soulbottles setzt jetzt alles daran, die Glasindustrie zu revolutionieren. Mit einer Weiterentwicklung des in der DDR innovativen Verfahrens, superfeste Gläser herzustellen, wollen die Berliner Glas unsterblich machen. Naja fast.
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Gehen Sie mal in ein Dorfgasthaus oder in eine alte Kegelbahn. Auch in Kleingärten oder in Küchenschränken können Sie noch fündig werden. DDR-Gläser der Marke Superfest halten mittlerweile mehr als 40 Jahre. „Ein herkömmliches Glas in einem Restaurant oder in einer Kneipe hat eine Lebensdauer von zwei Wochen“, sagt Steve Köhler, der bei Soulbottles für Innovationen und damit auch für die Entwicklung des neuen, alten Glases zuständig ist.
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Glas ist ein natürlicher Rohstoff, der unendlich oft recycelt werden kann und die Umwelt nicht belastet, so weit, so gut. Doch noch besser ist das Glas, welches lange Zeit über verwendet werden kann. Je länger ein Produkt hält, desto geringer sein CO2-Fußabdruck, so die Rechnung, bei der vor allem der Planet Erde gewinnt.
Soulbottles ist seit der Gründung mit dem Ziel angetreten, die nachhaltigsten Flaschen der Welt herzustellen und es so jedem zu ermöglichen, Leitungswasser zu trinken. Die zwei Knackpunkte von Glas als Alltags-Material: sein Gewicht und seine Fragilität.
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An den beiden Stellschrauben tüfteln die Entwickler mithilfe der Uni Bayreuth seit zwei Jahren, forschen, proben ein neues Herstellungsverfahren für bruchsicheres Glas. Dabei machen sie sich das in der DDR entwickelte Verfahren des Ionenaustauschs, dessen Patent längst abgelaufen ist, zunutze.
DDR-Produkte: langlebig und ressourcenschonend
In der DDR wurde aus der Not an Ressourcen intensiv daran geforscht, Gläser länger haltbar zu machen. In der Gastronomie soll der Mangel an Gläsern so gravierend gewesen sein, dass einem Minister bei einem Fest das Bier in einem Pappbecher serviert worden sei, so steht es in einem Artikel des Standard.
„Es fiel dann die Entscheidung in der DDR, Gläser zu entwickeln, die nicht mehr so leicht kaputtgehen, eine längere Haltbarkeit haben und den Bedarf decken“, sagte Peter Sonntag, der im sächsischen VEB Sachsenglas Schwepnitz an der Entwicklung und Verkauf der Superfest-Gläser arbeitete, in dem Bericht.

Schon Mitte der 1970er-Jahre hatten in der DDR Versuche begonnen, dünnwandiges Wirtschaftsglas fester und hitzebeständiger zu machen. Am Zentralinstitut für anorganische Chemie bei Dresden gab es sogar eine eigens gegründete Abteilung Glasstrukturforschung. Dort wurde das auch heute noch angewandte Verfahren des Ionenaustauschs erfunden. Um die Erfindung auf Industriemaßstab zu hieven, stieg der Wissenschaftlich-Technische Betrieb für Wirtschaftsglas in Bad Muskau ein, dazu der Jenaer Glasofenbau. Eine Erfolgsgeschichte. Bald gab es im ganzen Land die stapelbaren Superfest-Gläser, einige sogar ausgezeichnet mit Preisen für gutes Design.

Bei dem Verfahren wird, vereinfacht gesagt, Glas in ein heißes Salzbad getaucht, wobei auf der Oberfläche der Gläser kleinere Natrium-Ionen durch größere Kalium-Ionen ersetzt werden. So erhöht sich die Spannung in der Glasoberfläche, die Teilchen verhaken sich quasi, das Glas wird fester.
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Unter der Marke Superfest werden die Gläser zwischen 1980 und 1990 im damaligen VEB Sachsenglas Schwepnitz produziert. Von „CV-Glas“ sprach man in der DDR. CV für chemisch verfestigt. Nach der Wende kann sich das bislang erfolgreiche Glas im kapitalistischen System nicht durchsetzen, es hält schlicht zu lange, um gewinnbringend am Markt, der auf ständige Konsumanreize setzt, zu bestehen. 1990, noch vor der Wiedervereinigung, wird die Herstellung eingestellt.

Damit das alte Verfahren neu aufgerollt werden kann, sammelte Soulbottles in einer Crowdfunding-Aktion für die Etablierung einer neuen Produktionsstrecke. „Wir wollen damit die Nutzungsdauer der Flaschen verdoppeln oder sogar verdreifachen und auch andere Gebrauchsgläser langlebiger machen“, sagt Steve Köhler. Man plane nichts weniger als eine Revolution in der Glasindustrie, so Soulbottles-Gründer Paul Kupfer. Energie und Ressourcen sparen, die alte DDR-Idee sei heute wichtiger denn je, wenn auch aus anderen Gründen.
Bruchfeste Trinkflaschen aus Glas
Die Tests mit den neuen Flaschen sind vielversprechend gelaufen. Aus zwei Metern Höhe fallen gelassen, zerbricht sie nicht. Die Auslieferung der im Crowdfunding vorbestellten Flaschen ist für Anfang des nächsten Jahres geplant.
Und wer weiß, vielleicht ist dies wirklich der Anfang einer neuen Art zu produzieren: Für Konsumenten und Umwelt. „Wir kleineren Unternehmen können das leichter anstoßen. Und wir sind viele“, sagt Paul Kupfer.
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Glas besteht aus natürlichen Materialien. Trinkflaschen werden meistens aus Kalk-Natron-Glas hergestellt. Dafür vermischt man Quarzsand, Natriumcarbonat und Kalk – man benötigt also keine knappen Ressourcen und keine Chemie. Glas kann problemlos recycelt werden. Altscherben werden ohne Qualitätsverlust eingeschmolzen und können zu neuen Glastrinkflaschen verarbeitet werden. Das Einschmelzen von Altscherben braucht weniger Energie als das Herstellen von neuem Glas, wodurch man CO2 spart.
In der Chemie und auch bei wenigen Haushaltsgläsern wie Teegläsern und Kannen wird bereits ein haltbares Glas eingesetzt. Das Borosilikat-Glas ist hitzebeständig und fest. Was viele jedoch nicht wissen: es lässt sich im herkömmlichen und etablierten Glas-Kreislauf nicht recyclen. Dafür wären zum Einschmelzen viel höhere Temperaturen nötig als bei herkömmlichem Kalk-Natron-Glas.