Einfach peinlich: In Sachsen kennt man Dathes Tierpark nicht!
In einer kleinen Stadt im Erzgebirge hat man doch tatsächlich den legendären Direktor zum Chef des Berliner Zoos gemacht.

Unseren Tierpark in Friedrichsfelde gibt es seit fast 70 Jahren. Aufgebaut von den Berlinern und von vielen Menschen aus der damaligen DDR, 1955 von Prof. Heinrich Dathe eröffnet. Ich war bisher der Meinung, dass man vor allem im Osten Deutschlands den größten Landschaftstierpark Europas und dessen legendären ersten Direktor kennt. Doch da sollte ich mich gewaltig irren.
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Vor wenigen Tagen erhielt ich eine Mail. Norman Springer schrieb mir, ein ehemaliger Berliner, der der Liebe wegen nach Chemnitz gezogen ist. Er berichtete, wie er vor Monaten im beschaulichen sächsischem Erzgebirgsstädtchen Thum den dortigen Tiergarten besuchte. Schön sei die Anlage mit so vielen Tierarten wie Präriehunden oder Schneeeulen, die 1969 errichtet wurde. Tierpark-Chef Dathe, der im knapp 60 Kilometer entfernten Reichenbach geboren wurde, schenkte dem Gehege in Thum sogar ein paar Schwäne. Das war 1970.

Darin erinnert in dem Tiergarten nun auch eine Tafel mit Foto. Darunter steht: „Von Prof. Dr. Dr. Dathe aus dem Berliner Zoo übergebene Schwäne werden durch den Spartenvorsitzenden Tauchnitz in den Rathausteich gelassen.“ Und nicht nur ich, auch mein Mail-Schreiber ist schockiert.
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„Weiß man etwa nicht, dass man von einem West-Berliner Zoo zu DDR-Zeiten kaum Tiere bekommen hätte“, sagt Norman Springer zu mir am Telefon. Hat man etwa in dem sächsischen Ort keine Kenntnis von dem Tierpark im Osten Berlins und dessen Chef Dathe, den in der DDR fast jedes Kind kannte – schon wegen der beliebten Fernsehsendung „Tierparkteletreff“? Offenbar nicht.
Denn Springer hatte den Thumer Bürgermeister auf den gravierenden Fehler auf der Tafel aufmerksam gemacht. Der CDU-Mann Thomas Mauersberger aber reagierte erst einmal eine lange Zeit nicht darauf. Erst als die örtliche Presse anfragte, gab es eine Reaktion.
„Ich dachte, es gibt zwei Berliner Zoos“
Mauersberger tut es leid, dass er es versäumte, auf die Mail zu antworten. Auch mir gegenüber sagt der Bürgermeister, dass er dankbar auf diesen Hinweis sei. Und er gibt zu: „Ich selbst bin übrigens immer davon ausgegangen, dass Berlin einfach zwei Zoos hat“, sagte er mir und zuvor der örtlichen Zeitung Freie Presse.
Dabei bezieht man sich auf Wikipedia im Internet. Dort steht: „Der Zoologische Garten Berlin (…) liegt im Berliner Ortsteil Tiergarten (Bezirk Mitte), während sich der andere der beiden zoologischen Gärten der Hauptstadt, der Tierpark Berlin, im Ortsteil Friedrichsfelde befindet.“ Da liege man ja mit der Bezeichnung „Berliner Zoo“ für den Tierpark gar nicht so falsch – meint man in Sachsen.

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Ändern könne man den Fehler jetzt nicht, sagt mir der Bürgermeister. Überkleben sei keine Lösung. Und eine neue Tafel? Dafür fehle es an Kapazitäten. Eine neue Voliere für 60 Vogelarten wird in dem kleinen Tiergarten gerade gebaut, in dem Besucher keinen Eintritt zahlen müssen und der sich daher aus kommunalen Geldern und Spenden finanziere.
Norman Springer erklärt mir, dass er das alles sehr peinlich finde. „Zum Fremdschämen ist das“, sagt er. Ich bin gespannt, wie Sie, liebe Leser, das finden. Vielleicht bedarf es ja nur einer kleinen Spende aus Berlin, damit man nun im sächsischen Thum endlich auf einer Tafel erfährt, dass die Berliner seit fast 70 Jahren auch einen Tierpark haben, dessen Chef einst Prof. Heinrich Dathe war.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com