11. Klasse als Chance

Berliner Schüler ohne Ausbildungsplatz müssen bald länger zur Schule!

Berlin plant die Wiedereinführung eines verpflichtenden elften Schuljahres, wenn Schüler nach der zehnten Klasse keinen Ausbildungsplatz haben.

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Lehrlinge arbeiten mit der Metallfeile an Schraubstöcken in einer Lehrwerkstatt. In einer verpflichtenden elften Klasse sollen in Berlin Schüler auf den Berufseinstieg vorbereitet werden.
Lehrlinge arbeiten mit der Metallfeile an Schraubstöcken in einer Lehrwerkstatt. In einer verpflichtenden elften Klasse sollen in Berlin Schüler auf den Berufseinstieg vorbereitet werden.Jens Büttner/dpa

Tausende Berliner Zehntklässler gehen nach dem Ende der Schulzeit nicht in eine Ausbildung oder lernen an einer gymnasialen Oberschule weiter. Für sie soll schon ab dem Schuljahr 2024/25 ein weiteres Jahr an der Schule verpflichtend werden.

Berlin ist das einzige Bundesland ohne das elfte Pflichtschuljahr für Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag nach der allgemeinbildenden Schulpflicht. 2004 hat Berlin dieses Jahr abgeschafft. Nun soll es wieder eingeführt werden. 

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Auch an der Friedenburg Oberschule in Charlottenburg gibt es einige Jugendliche, die nach der zehnten Klasse noch nicht wissen, wie es für sie weitergeht. Für Schüler wie sie wäre das neue Pflichtschuljahr gut, glaubt Sven Zimmerschied, der Schulleiter der Schule. Das Positive sei „mit Sicherheit, dass man diese Schüler, die abgehen und nichts haben und nichts machen, im Bildungssystem behält“, sagte er in einem Bericht des RBB.

Tausende Jugendliche gehen verloren

Das Vorhaben sei ein wichtiger Baustein für den Berufseinstieg: „Wir sprechen über mehrere Tausend Jugendliche, die uns nach dem Ende der zehnten Klasse verloren gehen“, sagte die SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasic dem RBB Inforadio. Das seien vor allem Jugendliche, die ohne Abschluss oder ohne Arbeitsperspektive die Schule verlassen würden. Diese seien für die Fördersysteme nicht mehr auffindbar. In einem elften Schuljahr an einem Oberstufenzentrum gebe es dann ein Jahr Zeit, „um ihnen eine Ausbildung schmackhaft zu machen“.

SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasic
SPD-Bildungspolitikerin Maja LasicBritta Pedersen/dpa

Nötig sei dafür eine Änderung des Schulgesetzes, sagte Lasic. Angesichts des Lehrermangels müssten für diese Jugendlichen auch nicht unbedingt voll ausgebildete Lehrer zuständig sein. Die Jugendlichen auf Berufe vorzubereiten, könnten auch Menschen aus anderen Bereichen übernehmen. Solche Angebote gebe es bereits. Bisher könne man aber niemanden zwingen, sie wahrzunehmen. Das soll sich ändern.

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Derzeit betrifft das Vorhaben etwa 3000 Schüler, das sind rund zehn Prozent eines Jahrgangs. Die neuen Klassen sollen bei den 46 Berliner Berufsschulen angesiedelt sein. In den Klassen sind Fachleute gefragt, denn: „Es sind Schüler, die Unterricht schwänzen, mit häuslichen oder auch gesundheitlichen Problemen. Die treffen dann da in einer Klasse zusammen an der Berufsschule. Da braucht es sozialpädagogisch, wenn nicht sogar psychologisch geschultes Personal“, so Sven Zimmerschied. 

Weiteres Schuljahr ab 2024/25 verpflichtend

Der Senat aus CDU und SPD will dieses weitere verpflichtende Schuljahr bereits zum Schuljahr 2024/2025 für Jugendliche ohne Berufsperspektive einführen. Die Kosten lägen im kleineren zweistelligen Millionenbereich.

Im elften Schuljahr sollen junge Menschen gezielt auf Berufe vorbereitet werden. Einen klassischen Unterricht gebe es für die Absolventen der zehnten Klassen nicht.

Ronald Rahmig, Vorsitzender des Berufsschulleitungsverbands, mahnt, dass es längst nicht nur um die berufliche Orientierung, sondern auch um das „Nachrüsten“ in Grundkenntnissen gehe. „Die Schülerinnen und Schüler müssten alle in Klasse zehn bestimmte Standards erfüllen. Das tun sie im Moment aber flächendeckend nicht“, sagte er dem RBB. Viele seien noch gar nicht in der Situation, dass man mit ihnen belastbar über eine Berufsausbildung sprechen könne.