„Disco“-Legende Ilja Richter (69) im KURIER-Interview: „Ich habe sehr früh etwas von dem mitbekommen, was man Leistungsdruck nennt!“
Schon als Kind war Ilja Richter berühmt. Seine Mutter gab ihm den Rat: „Wenn man dich fragt ‚Ilja, kannst du Seil springen?‘, sag einfach Ja. Es wird schon nicht dazu kommen.“

Nicht nur Fans kultverdächtiger 70-Jahre-Moderationen werden aus dem Häuschen sein, wenn Ilja Richter („Disco“) am 9. April in der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater seinen neuesten musikalischen Leckerbissen präsentiert. Auch Liebhaber von Chanson-Klassikern dürften dabei auf ihre Kosten kommen. Denn der Schauspieler und Entertainer singt – nicht irgendwas, seine Lieblingslieder! Von Disco bis Kabarett.
Richter erzählt über die Musik wunderbare Geschichten und persönliche Anekdoten – zu heiteren und weniger heiteren Begegnungen mit Menschen, die er liebte und liebt. Begleitet wird er dabei von Harry Ermer am Klavier. Für die Ukraine-Hilfe haben sich beide Künstler ebenfalls noch was ausgedacht, verrät Ilja Richter im KURIER-Interview, das auch seine Kindheit streift. Und da war längst nicht alles so rosig, wie es heute scheint.
Berliner KURIER: Sie singen wieder! Dieses Mal Ihre Lieblingslieder. Was genau erwartet uns?
Ilja Richter: Eine wilde Mischung.
Wonach haben Sie die Lieder und Chansons denn ausgewählt?
Wir alle haben ja unsere Lieblingslieder im Herzen und verbinden mit diesen Liedern Erinnerungen. Das ist schon immer so gewesen, und bei mir ist das genauso. Und deshalb verbinde ich mit den Liedern, die ich präsentiere, nicht prinzipiell das, was ich in „Disco“ präsentiert habe, lasse es aber auch nicht aus. Stichwort: Slade und Suzi Quatro. Es gibt aber auch Songs, die extra für das Programm von mir geschrieben wurden, wie beispielsweise: „Drei Poeten“, meine Liebeserklärung an „Fanta 3“: Reinhard Mey, Hannes Wader und Klaus Hoffmann. Diese drei Poeten haben mich seit meinem 18. Lebensjahr geprägt und begleitet.
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Wir hören auch Kreisler, Krug und Franz Lehár. Das passt nur auf den ersten Blick nicht zusammen, oder? Alle drei waren Grenzgänger – im Leben und in der Kunst.
War ich auch. Dass ich mit 18 im Anzug mit Schlips in der „Disco“ Rock-Pop und deutsche Schnulzen präsentierte, das Ganze aber gleichzeitig durch den Kakao zog, so etwas gab es nicht im TV der 70er-Jahre. Satire war mir allerdings verboten worden – mit Rücksicht auf die Plattenindustrie.
Ilja Richter: Operettenkönig hatte sogar Adolf Hitler eines seiner Werke gewidmet
Lehár ist wegen seiner Rolle im „Dritten Reich“ nicht unumstritten. Würden Sie grundsätzlich sagen: Man muss den Künstler vom Menschen trennen, oder ist das für jeden Einzelfall gesondert zu entscheiden?
Ach, wissen Sie, der Manfred Krug sang Franz Léhars „Niemand liebt dich so wie ich“ als Popschnulze und hat bestimmt nicht die Schleimspur des Komponisten gemocht, auf der dieser Operettenkönig sogar Adolf Hitler eines seiner Werke gewidmet hatte! Widerlich! Dennoch sing ich diese Version mit dem von mir so geschätzten Manfred im Duett als Ton-Mix! Und wir waren uns auch privat sehr gewogen.
Was die Jüngsten unter uns vermutlich gar nicht wissen: Sie haben schon als Kind in Musicals und Singspielen mitgewirkt. Vermutlich waren Sie ein Naturtalent, oder steckte harte Arbeit darin?
Es steckte immer harte Arbeit darin – seit meinem neunten Lebensjahr. Ich habe sehr früh etwas von dem mitbekommen, was man Leistungsdruck nennt und erst später ist mir klar geworden, dass man diese Art von Belastung einem Kind nicht zumuten sollte.
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Wie wird man ein Kinderstar und ist das überhaupt erstrebenswert?
In meiner Familie war es eine Mischung aus typischem Elternehrgeiz und Armut. Der verstorbene ZDF-Unterhaltungschef Peter Gerlach zitierte meine Mama, als ich ihn später als junger Mann traf: „Ich sehe immer noch Ihre Mutter mit Ihnen an der Hand in meinem Büro erscheinen, und bevor ich überhaupt Luft holen konnte, um etwas zu fragen, sagte sie: ,Der kann das.‘“ (Lacht). Meine Mutter gab mir auch den Rat: „Wenn man dich fragt ‚Ilja, kannst du Seil springen?‘, sag einfach Ja. Es wird schon nicht dazu kommen.“ Unterm Strich nehm ich das aber alles als persönlichen Weg an und nicht als permanente Kritik an den Eltern, sondern als Gesamtkunstwerk.
Eine Jugend, die mit Spotify und Amazon Music aufwächst, die Shows wie „Disco“ niemals kennenlernt, was entgeht der?
Ein Song-Spiegel, in dem sich meine Fans ab 50 plus spiegeln. Und nehmen die oft ihre Kinder und Enkelkinder mit, wird es für die zwischen 30 und 40 fast exotisch. Jetzt also erst mal am 9. April meine Lieblingslieder – und wahrscheinlich schon mit einer Kostprobe daraus am 28. März im Schiller- Theater – gemeinsam mit anderen Kollegen und Kolleginnen, die ich als Moderator präsentieren werde. „Schillern für die Ukraine!“ Als Benefiz-Gala!
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Karten für „Ilja Richter – Meine Lieblingslieder“ am 9. April, 15.30 Uhr, in der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater gibt es für 28 Euro hier im Internet oder unter der Telefonnummer (030) 88 59 11 88.