Der angeklagte Rechtsextreme steht in Berlin vor Gericht. Er trägt Sonnenbrille und eine Corona-Schutzmaske.
Der angeklagte Rechtsextreme steht in Berlin vor Gericht. Er trägt Sonnenbrille und eine Corona-Schutzmaske. Pressefoto Wagner

Ein Jamaikaner überlebte einen Stich in den Hals knapp. Ein Neonazi wurde festgenommen. Zum Prozess allerdings kam der mutmaßliche Täter als freier Mann.

Mit Sonnenbrille und Mund-Nasen-Schutz marschierte Maurice P. (29) in den Saal. Er gilt als polizeibekannter Rechtsextremist. Um Vorwürfe aus zwei Anklagen geht es nun.

Die Richterin: „Ihr Beruf?“ Maurice P.: „Ungelernter Arbeiter.“ Er saß von Juli bis Dezember vorigen Jahres in Untersuchungshaft, wurde dann verschont. Die Staatsanwaltschaft warf ihm zunächst einen versuchten Mord vor. Doch das Landgericht sah den Fall anders. Die Hauptvorwurf lautet nun auf gefährliche Körperverletzung.

Am 4. Juli 2021 gegen 3.15 Uhr am Morgen. P. soll zwei junge Frauen angesprochen haben. Die Anklage: „Er versuchte, sie in ein politisches Gespräch zu verwickeln.“ Er soll sich fremdenfeindlich geäußert haben. Eine Zeugin (28): „Ich sagte, dass wir nicht mit Nazis chillen wollen.“ Da hätten P. und mehrere seiner Begleiter den rechten Arm gehoben und den Hitlergruß gezeigt.

Einige Stunden später soll sich P. zu Männern vor einem Imbiss gesetzt haben – mit in der Runde der damals 35-jährige Jamaikaner W. Alkohol floss. P. habe sich gerühmt, rechtsradikal zu sein, so die Anklage. Seine braunen Pöbeleien hätten einige Männer aus der Runde aufgebracht.

Die Klinge des Rechtsextremen verfehlte die Halsschlagader nur knapp

Eine Bierflasche flog. Dann schlugen P. und W. mit Fäusten aufeinander ein. W. sei P. noch bis zum Bürgersteig vor einem nahen Café gefolgt. Dann habe P. ein Cuttermesser eingesetzt. Die Anklage: „Aufgebracht über die Auseinandersetzung und aus Hass gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe.“

Die Klinge verfehlte die Halsschlagader nur knapp. Danach soll P. von einem weiteren Angriff abgesehen und einen unbeteiligten Mann aufgefordert haben, die Polizei zu alarmieren. Ein Vorgang, der später dazu führte, dass das Landgericht einen „strafbefreienden Rücktritt“ von einem versuchten Tötungsdelikt sah.

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Das Amtsgericht Tiergarten prüft nun die Vorwürfe der zwei Anklagen – neben Körperverletzung geht es um schweren Landfriedensbruch und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Spekulationen gab es am Rande des Prozesses – übermittelte P. an den Verfassungsschutz, was ihm ein anderer Neonazi im Knast anvertraut haben soll? Für den 13. Oktober kündigte ein Verteidiger für P. eine Aussage an.