Die Ärzte haben ihm das Leben und sein linkes Bein gerettet: Thomas Heinze kann fast ein Jahr nach der schweren Operation wieder Langstrecken laufen.
Die Ärzte haben ihm das Leben und sein linkes Bein gerettet: Thomas Heinze kann fast ein Jahr nach der schweren Operation wieder Langstrecken laufen. Foto: Thomas Oberländer/Helios-Klinikum Berlin-Buch

Thomas Heinze hat viel Ausdauer. Nachdem bei ihm ein bösartiger Tumor im Unterschenkel diagnostiziert wurde, fürchtete er nicht nur, einen Teil seines Beines zu verlieren, sondern bangte auch um sein Leben. Doch der 56-Jährige gab nicht auf und kämpfte sich mit Hilfe seiner Ärzte aus dem Helios-Klinikum Berlin-Buch ins Leben zurück.

Nur knapp zwei Jahre nach seiner schweren Erkankung trainiert der begeisterte Sportler für seinen nächsten Triathlon. Er will sich und anderen beweisen, dass man trotz eines Schicksalsschlags wieder zurück in die Normalität finden kann.

„Ich laufe momentan fünf bis acht Kilometer, zehn habe ich noch nicht geschafft“, sagt Thomas Heinze. Das klingt für jemanden, der seine Leidensgeschichte kennt, nahezu unglaublich. Selbst einer seiner behandelnden Ärzte, Dr. Julian Kricheldorff, Oberarzt der Plastischen Chirurgie sagt: „Mein Patient ist ein Paradebeispiel. Er hat den Vorteil, dass er sehr sportlich ist und kämpfen kann.“

Nachuntersuchung im Krankenhaus: Der behandelnde Arzt Dr. Julian Kricheldorff schaut sich die Wunde von Thomas Heinze an.
Foto: Thomas Oberländer/Helios-Klinikum Berlin-Buch
Nachuntersuchung im Krankenhaus: Der behandelnde Arzt Dr. Julian Kricheldorff schaut sich die Wunde von Thomas Heinze an.

Bis vor kurzem konnte der Berufsfeuerwehrmann und Vater dreier erwachsener Kinder noch nicht mal spazieren gehen und lag Wochen lang in seinem Klinikbett in Berlin-Buch. Neun Operationen, darunter eine sechsstündige Muskeltransplantation im Februar 2020, hatten ihn komplett lahm gelegt.

Das Drama begann im Mai 2019, als ein Orthopäde das Sarkom bei einer Untersuchung entdeckte. „Ich hatte schon länger so eine merkwürdige Unregelmäßigkeit unter der Haut ertastet. Es fühlte sich an, wie ein Muskel, der nicht richtig zusammen gewachsen war“, erinnert er sich. Ein befreundeter Physiotherapeut, dem er davon erzählte, hatte ihn damit zum Arzt geschickt.

Als aktiver Sportler habe er häufiger mal Verletzungen gehabt und sich zunächst nichts dabei gedacht. Thomas Heinze kletterte gern und war Leiter der Höhenrettung, außerdem war er Fallschirmspringer, Leistungssportler im Judo und Deutscher Meister im Seesport-Mehrkampf, mehrere Triathlons war er auch schon gelaufen.

„Es ging nur noch ums blanke Überleben“

Plötzlich war seine körperliche Fitness zweitrangig geworden. „Es ging nur noch ums blanke Überleben“, erzählt Thomas Heinze. Es handele sich bei dem Sarkom um einen extrem aggressiven und schnell wachsenden Tumor, der oftmals zu spät erkannt werde und zum Tode führen könne, bestätigen seine Ärzte. Das Problem ist, dass er manchmal nur als Knubbel unter der Haut wahrgenommen und von den Patienten deshalb oft als harmlos abgetan wird.

Nach der niederschmetternden Diagnose erhielt Heinze sechs Wochen lang Bestrahlung und anschließend wurde ihm der etwa zehn Zentimeter lange Tumor und der Schienbeinmuskel erfolgreich entfernt. Doch es traten Komplikationen auf, die bei etwa 30 Prozent der Patienten nach einer Bestrahlung vorkommen können: Es kam zu einer schweren Entzündung der Wunde und hohem Fieber und damit bestand das Risiko einer Amputation. Um den großen Weichteildefekt zu verschließen und den freiliegenden Schienbeinknochen zu bedecken, „führten die Plastischen Chirurgen in Buch eine aufwändige Muskeltransplantation durch.“

Lesen Sie auch: Schwere Krankheiten und Existenznot: Das unendliche Leid dieser Brandenburger Familie >>

„Im Rahmen dieses sechsstündigen Eingriffs entnahmen wir einen Muskel aus dem Oberschenkel des Patienten mitsamt seiner Blutversorgung und schlossen diesen unter dem Mikroskop mit 40-facher Vergrößerung wieder an die Durchblutung des Unterschenkels an“, erklärt der Operateur Dr. Kricheldorff. Mit diesen innovativen Techniken können sie heute häufig extremitätenerhaltend operieren und Amputationen könnten dadurch verhindert werden.

Nach der Operation habe er sein Bett in der Klinik nicht länger als zehn Minuten am Stück verlassen dürfen, erzählt Heinze. Die verordnete Ruhe war für ihn ganz ungewöhnlich und nur schwer zu ertragen. „Aber mir war auch klar, dass ich aus diesem Tief wieder heraus kommen muss.“

Thomas Heinze hat sich zurück ins Leben gekämpft und kann wieder acht Kilometer am Stück joggen.
Foto: Thomas Oberländer/Helios-Klinikum Berlin-Buch
Thomas Heinze hat sich zurück ins Leben gekämpft und kann wieder acht Kilometer am Stück joggen.

In solchen Augenblicken habe er an andere Menschen gedacht, die in seinen Augen noch weitaus schlimmere Schicksalsschläge zu meistern hätten. Als Feuerwehrmann seien ihm sehr viele davon begegnet. Ausschlaggebend sei aber auch seine Familie gewesen, die es sehr mitgenommen habe, ihn so leiden zu sehen. Seine Frau, mit der er seit 1987 verheiratet ist, hat ihn sehr unterstützt.

„Sie hat mir unendlich viel Kraft gegeben und mich auch mal schweigend in den Arm genommen, wenn mir die Worte vor lauter Kummer fehlten.“ Er habe erkannt, dass er seinen Liebsten keinen Gefallen getan hätte, wenn er sich so hängen gelassen hätte und an einen Bekannten aus München gedacht, der sogar mit Prothesen den Berg hinauf klettere.

Drei Monate später als Thomas Heinze wieder aus dem Krankenhaus entlassen war, zog er sich einen Neoprenstrumpf an und setzte sich das erste Mal wieder in ein Kajak. Er musste lernen, sich wieder neu in seinem Körper zurecht zu finden. „Da mir der Schienenbeinmuskelte fehlt, kann ich nur noch auf den Fersen laufen. Die erste Zeit fiel mir sogar das Gehen schwer.“

Lesen Sie auch: Mutter auf Mallorca in Not: Erst verlor sie ihren Job und dann auch noch die Wohnung >>

Seit seiner Erkrankung ist Thomas Heinze zu 50 Prozent schwerbehindert und wird in seinem Job gerade wieder langsam eingegliedert. Doch auch das völlig andere Laufgefühl hinderte den Familienvater nicht daran, wieder langsam mit dem Joggen zu beginnen. Sein Ziel: Der erste Triathlon nach dem Lockdown. Dazu muss Thomas Heinze wieder zehn Kilometer am Stück laufen können. Er lebt jetzt bewusster, wie er betont. „Ich achte jetzt bewusster auf die Pflanzen und Bäume am Wegesrand und die Menschen, die mir auf meiner Strecke begegnen.“

Thomas Heinze will mit seiner sehr persönlichen Geschichte auch anderen Menschen Mut machen, die ebenfalls in einer Krise stecken. Er sagt: „Wichtig ist, dass man sich nicht zurück zieht und irgendwann wieder nach vorn blickt.“ So wie er selbst. Thomas Heinze ist wieder zurück im Leben.