Ironie der Geschichte

Die Stasi wollte es abreißen: Jetzt bekommt das Hans-Zoschke-Stadion 500.000 Euro aus dem SED-Vermögen für ein Dach

Die Heimat der Fußballer von Lichtenberg 47: Der Ausbau ist für die Lizensierung des Stadions für Regionalliga-Spiele dringend notwendig.

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Das Hans-Zoschke-Stadion in Lichtenberg: Eine Teilbedachung muss her, damit der Platz regionalligatauglich wird.
Das Hans-Zoschke-Stadion in Lichtenberg: Eine Teilbedachung muss her, damit der Platz regionalligatauglich wird.Matthias Koch

Es ist eine Ironie der Geschichte. Zu DDR-Zeiten wollte der Staatssicherheitsdienst das Hans-Zoschke-Stadion abreißen, das an der Zentrale des MfS in Lichtenberg angrenzte. Nun soll die Arena des Vereins Lichtenberg 47 mit den Millionen aus dem einstigen SED-Vermögen endlich ausgebaut werden und ein Dach bekommen.

Insgesamt über zwölf Millionen Euro hat jetzt der Senat aus dem finanziellen Erbe der DDR-Staatspartei locker gemacht und an die Bezirke verteilt. Mit dem Geld sollen wichtige Projekte und Bauvorhaben in den Kiezen unterstützt werden. Davon gehen 500.000 Euro an das Hans-Zoschke-Stadion an der Normannenstraße.

Das Geld wird dort bereits dringend für den geplanten Aufbau einer Teilbedachung erwartet. Und nicht nur, damit es für die Fans „in Zukunft möglich sein wird, mit Lichtenberg 47 auch im Trockenen mitfiebern zu können“, wie der Lichtenberger Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg (Linke) sagt.

Das Hans-Zoschke-Stadion: Das Foto, das auf einer Erinnerungstafel am heutigen Stadion zu sehen ist, wurde in den 80ern von der Stasi aufgenommen. Hinter der Arena grenzt die Zentrale des Ministerium für Staatssicherheit.
Das Hans-Zoschke-Stadion: Das Foto, das auf einer Erinnerungstafel am heutigen Stadion zu sehen ist, wurde in den 80ern von der Stasi aufgenommen. Hinter der Arena grenzt die Zentrale des Ministerium für Staatssicherheit.imago

Geld aus dem SED-Vermögen macht das Stadion ligatauglich

Die Teilüberdachung ist für eine Lizensierung des Stadions (knapp 10.000 Plätze) für Regionalliga-Spiele notwendig. Denn 2019 stieg der SV Lichtenberg 47 in die vierte Regional-Liga Nordost auf. In der neuen Saison werden legendäre Mannschaften wie der 1. FC Lok Leipzig, Carl-Zeiss Jena oder Energie Cottbus in dem Hans-Zoschke-Stadion zu Gast sein. Doch die Arena erfüllt noch nicht alle Anforderungen an Spiele auf dieser Ebene. Andreas Prüfer, Präsident des Vereins Lichtenberg 47, ist froh, dass nun 500.000 Euro aus dem einstigen SED-Vermögen in das Stadion fließen. „Mit den jetzt akquirierten Mitteln für eine Tribünenüberdachung wird das Stadion zukunftsfest“, sagt er.

Der Bezirk Lichtenberg hatte das Geld beim Senat beantragt. „Ich freue mich sehr, dass das Zoschke-Stadion nun die notwendigen Mittel für den Ausbau erhalten hat“, sagt Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke). „Das Stadion hat nicht nur historischen Wert, sondern ist auch ein echtes Stück Lichtenberg. Wer noch ehrlichen Fußball in familiärer Atmosphäre erleben will, der sollte ins Hans-Zoschke-Stadion gehen.“

Dabei dürfte es die Arena heute eigentlich nicht mehr geben. 1952 wurde der Sportplatz anlässlich der Weltfestspiele der Jugend errichtet, die ein Jahr später im Osten Berlins stattfanden. Das Stadion wurde nach dem Lichtenberger Fußballer und Widerstandskämpfer Hans Zoschke benannt, den die Nazis 1944 hinrichten ließen. Das störte allerdings Stasi-Chef Erich Mielke kaum, der 1972 das Hans-Zoschke-Stadion abreißen lassen wollte, um bauliche Erweiterungen der benachbarten MfS-Zentrale vornehmen zu können.

Stasi-Chef Erich Mielke: Hier feiert er mit seinen BFC-Stars den DDR-Meistertitel (1987). Ein Jahrzehnt davor wollte er die Arena des Fußballvereins Lichtenberg 47 abreißen lassen.
Stasi-Chef Erich Mielke: Hier feiert er mit seinen BFC-Stars den DDR-Meistertitel (1987). Ein Jahrzehnt davor wollte er die Arena des Fußballvereins Lichtenberg 47 abreißen lassen.imago

Hans-Zoschke-Stadion: Protest verhinderte den Abriss, den Mielke plante

Doch es hagelte Protest. Unter dem Einsatz des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer sowie Zoschkes Witwe Elfriede Zoschke konnte der Abriss verhindert werden. Dass nun die Arena mit Geldern der einstigen DDR-Machthaber ligatauglich gemacht wird, sei schon bemerkenswert, „wenn man bedenkt, dass die Stasi für ihre Expansionspläne ein Auge auf das Gelände geworfen hatte“, sagt der Abgeordnete Schlüsselburg.

Die SED soll am Ende der DDR eine der reichsten Parteien in Europa gewesen sein, so Experten. Ihr Vermögen wurde auf 6,1 Milliarden DDR-Mark geschätzt, davon 3,3 Milliarden in Fonds und Immobilien. Ein Teil des Geldes der Staatspartei und anderer Massenorganisationen wurde über Scheinfirmen auf Banken in der Schweiz transferiert. Nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten gegen verschiedene Geldinstitute wurde auf die Herausgabe dieser Vermögenswerte geklagt.

Insgesamt sollen über 1,6 Milliarden Euro sichergestellt worden sein. Das Geld wird nun an die ostdeutschen Bundesländer für wirtschaftliche Umstrukturierungen oder für soziale, kulturelle oder Sport-Projekte eingesetzt.