An der Spree wird das Wasser knapp.
An der Spree wird das Wasser knapp. Foto: dpa/Fabian Sommer

Dass der frühere Regenmonat April in diesem Jahr ein Dürremonat war, ist inzwischen allgemein bekannt – auch wenn der April mit Regenschauern endete und der Mai genau so begann. Städter überschätzen die Regenmengen oft, weil die Straßen länger nass sind und das Wasser nicht so schnell versickert wie auf dem Land. Doch wer nun im Berliner Boden scharrt, merkt, dass es das Wasser oft nur einige Zentimeter tief geschafft hat. Aber immerhin.

„Das Wasser ist nicht tiefgründig eingedrungen, dafür sind die aktuellen Wassermengen zu klein“, konstatiert Derk Ehlert, ein Sprecher der Senatsumweltverwaltung. „Die Bäume freuen sich natürlich über jeden Tropfen.“ Denn in den oberen 20 Zentimetern war der Boden inzwischen sehr ausgetrocknet. Darunter ist er winterfeucht. Doch die Wurzeln holen ihre Feuchtigkeit meist aus größerer Tiefe. Und die Vorräte dort sind schnell leer, wenn oben an den Bäumen die Blätter spießen.

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„Normalerweise fallen im April in Berlin etwa 40 Liter Niederschlag pro Quadratmeter“, sagt Ehlert. In diesem April waren es zehn Liter. Damit liegt Berlin nun bei dem Wert des Dürrejahrs 2019. „Doch dieses Mal ist es noch mal etwas kritischer, weil es den gesamten Winter über zu wenig geregnet hat.“

Nur im Februar gab es ordentliche Mengen, in den anderen Monaten regnete es so unterdurchschnittlich, dass das Winterdefizit beim Niederschlag bei 60 Prozent liegt.

Im Nachbarland Brandenburg klagen vor allem Landwirte, weil Feuchtigkeit fehlt. Sie wünschen sich zehn Tage lang einen schön gleichmäßigen Regen. Auch auf die Wasserwirtschaft könnten bald erhebliche Problem zukommen.

Extrem geringe Niederschlagsmengen im April

An der Spree – die an der Grenze zu Tschechien entspringt und durch Sachsen und Brandenburg nach Berlin fließt – ist der Wassermangel im Süden schon im Frühjahr stark wahrnehmbar. So stark, dass sich die Frage stellt, ob der Fluss in Berlin vielleicht bald wieder rückwärts fließt?

Das Potsdamer Umweltministerium meldet, dass es im Süden bereits eine beachtliche Wasserknappheit gibt. „Der Grund sind die extrem geringen Niederschlagsmengen im April“, sagt Ministeriumssprecherin Frauke Zelt. „Lediglich fünf Prozent der mittleren Niederschlagsmenge sind bisher gefallen.“ Dazu komme nun, im ziemlich warmen Frühling, eine stärkere Verdunstung.

Im Land Brandenburg sind die Staubecken zwar fast voll, doch in Sachsen gibt es ein großes Wasserdefizit. Aktuelle Berechnungen zeigen, dass aus den sächsischen Speicherbecken und Stauseen voraussichtlich nur sieben Millionen Kubikmeter Wasser bereit stehen, um das niedrige Wasser in der Spree auszugleichen. „Unter normalen Bedingungen stehen 20 Millionen Kubikmeter zur Verfügung“, so Zelt. „Nun sind es lediglich 35 Prozent der üblichen Menge.“

Rückwärts fließende Spree gab es zuletzt im Jahr 2018

Wie viel vom Spreewasser in Berlin ankommt, wird nicht einfach der Natur überlassen, sondern ist das Ergebnis eines ausgeklügelten Wassermanagments. Üblicherweise werten Experten aus Berlin, Brandenburg und Sachsen in monatlichen Sitzungen die Regenmengen aus und legen dann fest, wie viel Wasser aus den einzelnen Staubecken in Sachsen und Brandenburg in die Spree geleitet wird: Damit der Spreewald nicht austrocknen oder damit in der Lausitz ehemalige Tagebaue geflutet und so zu Urlaubsseen werden können. Und damit natürlich auch noch genug Wasser in Berlin ankommt.

Doch das kann dann durchaus – so wie in den vergangenen zwei Dürrejahren – auch so langsam fließen, dass es fast steht oder gar rückwärts fließt. Das ist der Fall, wenn nur noch wenig Spreewasser aus dem Süden nachkommt.

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Dann passiert es, dass das Spreewasser in Spandau nicht in die viel stärkere Havel fließen kann. Die Havel drückt dann in die Spree – und beim Blick von den Brücken ist zu sehen, dass die Spree rückwärts fließt. „Das war zuletzt 2018 der Fall“, bemerkt Derk Ehlert von der Senatsumweltverwaltung. „Was das Jahr 2020 bringt, ist noch völlig offen und hängt von den Regenmengen ab.“

Die Lage ist derzeit nicht vielversprechend. Die monatlich tagende Arbeitsgruppe namens „Extremsituation“ trifft sich nun bereits alle zwei Wochen. Schon jetzt heißt es: „In den Einzugsgebieten der Spree und der Schwarzen Elster ist bereits jetzt ein äußerst sparsamer und gewissenhafter Umgang mit den begrenzten Wasserressourcen angeraten.“

Wegen der Trockenheit war nach Angaben der Fachleute im Süden keine „normale Bewirtschaftung“ der Spree möglich. Ein Beispiel: Am Pegel in Leibsch flossen in der vergangenen Woche 3,54 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch – üblich sind im April durchschnittlich 22,3 Kubikmetern pro Sekunde.