Vorm Saturn am Alex standen die Leute Schlange.
Vorm Saturn am Alex standen die Leute Schlange. Foto: Gudath

Was viele Händler befürchtet hatten, ist am Sonntagabend Gewissheit geworden. Weil die Corona-Neuinfektionen immer neue Höchstwerte erreichen, muss auch der Einzelhandel vom 16. Dezember bis zum 10. Januar schließen - ausgenommen Geschäfte für den täglichen Bedarf. Viele Läden sind am Montag sehr gut besucht, doch vorausgesagte Mega-Ansturm auf die Läden bleibt am Montagmittag vorerst aus.

Jessica Haack sieht der kommenden Schließung gelassen entgegen. Die Marketing-Leiterin der Kiezbuchhandlung am Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg hat auch allen Grund dazu: „Nach derzeitigem Stand sind Buchläden vom neuerlichen Lockdown ausgenommen. Bibliotheken müssen zwar schließen, das verstehe ich nicht ganz.“ Sie seien, wie ihre Kiezbuchhandlung auch, geistige Tankstellen. Bereits den ganzen Dezember über habe Haack einen „Wahnsinnsansturm“ erlebt. Recht viel anders sei die Situation momentan nicht – nur wüssten viele ihrer Kunden noch nicht, dass der Buchhandel vom harten Lockdown nicht betroffen ist.

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Weniger entspannt ist die Ladeninhaberin einer kleinen Boutique unweit der Kiezbuchhandlung - sie möchte anonym bleiben. In ihrem liebevoll eingerichteten Geschäft, das nur drei Leute gleichzeitig betreten dürfen: Bunte Papierblumen und -girlanden, schmucke Kerzen jeglicher Couleur und Größe, niedliche Postkarten, Christbaum-Engelanhänger mit runden Holzköpfen und lächelndem Gesicht – die perfekten Accessoires für Weihnachten.

Doch der Inhaberin ist nicht nach Lachen zu Mute: „Mir war klar, dass der Lockdown kommt – aber ich hatte gehofft, dass das erst nach Weihnachten der Fall sein wird.“ Sie verstehe die Maßnahme, ist aber besorgt wegen der fehlenden Einnahmen. „Für die Weihnachtsware, die ich jetzt nicht losbringen werde, bin ich in Vorleistung gegangen. Und Januar ist sowieso meist tote Hose.“

Die Tüten: Einkaufen kurz vor Torschluss am Mittwoch.
Die Tüten: Einkaufen kurz vor Torschluss am Mittwoch. Foto: AFP/Schwarz

In den Schönhauser Allee Arcaden herrscht geschäftiges Treiben. Von der Dame hinter dem Rezeptionstresen erhält man auf Nachfrage, ob heute mehr los sei als an üblichen Montagmittagen, ein Lächeln: „Etwa fünfmal so viel“, sagt sie. Vor allem vor kleineren Läden stehen Menschen Schlange, größere Bekleidungsgeschäfte wie etwa H&M oder C&A scheinen keine höhere Frequenz aufzuweisen.

Eine Kundin, die gerade mit voll bepackten Tüten eine Filiale des Kosmetikherstellers Rituals verlässt, ist froh, ihre Einkäufe erledigt zu haben: „Das hier sind Geschenke für Arbeitskollegen“, sagt sie, „und damit ist dann auch Schluss. Ich war heute schon bei Ikea und im Baumarkt, dagegen ist hier gähnende Leere.“ Ihre Einkäufe hätte sie normalerweise „in aller Ruhe erledigt“, aber das ging angesichts des Lockdowns nicht. Dennoch: Viel Stress hätte sie nicht gehabt.

Ortswechsel: Am Alexanderplatz ist am Montagmittag vor allem vor der Postfiliale Anstehen angesagt. Noch rasch die Geschenke versenden, den Arbeitsvertrag, die Klamottenbestellung zurückschicken. Ein Mitarbeiter muss die Schlange, die zeitweise bis an die Ecke Rathausstraße steht, immer wieder ans Abstandhalten erinnern – doch das ist längst Alltag geworden.

Geduldig steht auch Alexandra Braun aus Friedrichshain hier mit ihrem Sohn, zum „schnell noch die Familiengeschenke abschicken“. Die Pakete gehen nach Sylt und Rastatt. Eines wird Berlin nicht verlassen, nur ein anderer Bezirk steht auf der Adresse, denn: „Eine persönliche Übergabe ist in diesem Jahr nicht drin.“ Besondere Einkäufe muss die alleinerziehende Mutter vor dem harten Lockdown nicht mehr erledigen, sagt sie und seufzt erleichtert. Den Wocheneinkauf möchte sie aber vor Mittwoch noch schaffen, denn dann heißt es erst mal: zu Hause bleiben.

Die Schloßstraße in Steglitz war gestern Mittag gut gefüllt.
Die Schloßstraße in Steglitz war gestern Mittag gut gefüllt. Foto: AFP/Schwarz

In der Steglitzer Schloßstraße ist am Montagmittag so viel Betrieb wie am vergangenen Sonnabend. Die Bürgersteige sind voll, die Autos stauen sich vor den Ampeln. Im Elektronikmarkt Saturn haben sich lange Schlangen an den Kassen gebildet. Trotzdem geht es noch vergleichsweise schnell. „Ich habe fünf Minuten gewartet“, sagt ein Mann, der für seine Tochter einen Monitor gekauft hat.

Bei Karstadt drängen sich die Kunden im Erdgeschoss. Hier werden „alle Weihnachtssüßigkeiten“ mit 50 Prozent Rabatt verkauft. Die ersten Regale sind schon leer. Eine Schlange von wartenden Kunden steht bei Blume 2000. Weihnachtssterne, Christrosen und Weihnachtsbäume halten die Kunden in den Händen. „Ich komme gleich nochmal wieder“, sagt eine Kundin beim Rausgehen.

Auch vor der Post in der Eisenacher Straße musste man draußen warten.
Auch vor der Post in der Eisenacher Straße musste man draußen warten. Foto: Wächter

Manche Friseure schieben unterdessen Sonderschichten. Dazu gehört der Laden SK Hairstyling am Breitenbachplatz. Normalerweise hat er am Montag wie die meisten Friseure geschlossen. Doch in dieser Woche ist alles anders. „Wir haben die Kunden angerufen und ihnen gesagt, dass wir heute für sie öffnen“, sagt Friseurin Sonja Hermann. Der Montag werde ein langer Arbeitstag werden, der Dienstag genauso.