„Als Osttrainer waren wir immer ein wenig außen vor …“: die Potsdamer Fußballtrainer-Legende Bernd Schröder wird 80
Er hat für Turbine gelebt, aber nie Geld vom Verein genommen. Das hat er als Abteilungsleiter beim Energieversorger verdient.

„Ich habe nie eine Puseratze bekommen. Ich wurde mit dem Bundes- und Landesverdienstkreuz honoriert, bekam den Trainerpreis Mitteldeutschland und die Europa-Urkunde, wurde in der DDR siebenmal als Aktivist ausgezeichnet. Der Verein spendierte mal 14 Tage Urlaub an der Ostsee. Das war’s. Alle meine Co-Trainer bekamen das Geld, was wir vereinbart hatten. Ich wollte das Ehrenamt.“ Das erzählte Fußballtrainer Bernd Schröder vor sechs Jahren in der Welt, als er mit seiner Fußball-Karriere aufhörte. Bei den Frauen von Turbine Potsdam. 40 Jahre als Trainer (599 Spiele), fünf Jahre als Manager. 37 nationale und internationale Titel. Am Freitag wird die Fußball-Legende 80 Jahre alt.
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Er ist das Gesicht von Turbine Potsdam. Ohne ihn hätte es zwar den Frauenfußballverein gegeben, jedoch wahrscheinlich nicht mit seinen vielen Erfolgen. „Ich denke, ich kann auf ein bis hierher sehr erfülltes Leben zurückblicken. Aber auch auf ein sehr arbeitsreiches“, sagte Schröder rückblickend.
„Wenn man dann aber auch die Erfolge sieht – in meiner Zeit habe ich zusammen mit den Frauen und Juniorinnen 37 nationale und internationale Titel geholt – dann kann ich schon zufrieden sein. Denn es gibt ja keinen ostdeutschen Fußballverein, der so eine Entwicklung vollzogen hat“, betont er. Sechs Mal wurden Schröders Turbinen sowohl in der DDR als auch nach der Wiedervereinigung Meister. Dazu kommen drei DFB-Pokalsiege, zweimal gewann er mit den Potsdamerinnen den Europapokal.
1971 wurde er Trainer des Frauenteams
Als Schröder 1942 in Lübeck zur Welt kam, ahnte noch niemand, dass er einmal zu einem der erfolgreichsten Trainer in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs werden sollte. Nach dem Studium zur Montanwissenschaft und Energietechnik landete Schröder im VEB Energieversorgung Potsdam. Hier wurde er 1971 Trainer des neu gegründeten Frauenteams. Diesen Posten sollte er mit einer kleineren Unterbrechung erst 2016 wieder abgeben. Parallel zum Job mit Trainingsanzug und Pfeife arbeitete er auch weiterhin als Abteilungsleiter beim Energieversorger.

Schröder nahm nie ein Pfennig bzw. Cent von seinem Verein. „Jetzt lebe ich von meiner Rente, davor von meinem Gehalt als Abteilungsleiter in der Energieversorgung“, sagte er der Welt. Die Potsdamer Trainer-Legende tut nicht nur so bescheiden. Er lebt auch so. Bis vor wenigen Jahren in einer Zweieinhalb-Zimmer-Plattenwohnung (60 Quadratmeter, ohne Fahrstuhl), in die er mit seiner Familie schon im Jahre 1972 einzog. Vor acht Jahren ist er umgezogen. Allerdings ist die neue Wohnung auch nicht größer, sie liegt bloß nicht mehr in der 5. Etage.
Schröder hatte nie einen Posten beim DFB: „Als Osttrainer waren wir da immer ein wenig außen vor“
Gesellschaftlich stand Schröder im Blickpunkt und erhielt zahlreiche Ehrungen. Dazu gehören das Landesverdienstkreuz und das Bundesverdienstkreuz, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zeichnete ihn mit dem Ehrenpreis für sein Lebenswerk aus.
Rückblickend auf seine erfolgreiche Zeit würde Schröder heute fast alles genauso machen, wie in seinen 45 Jahren als Trainer und Manager bei Turbine. „Zu meiner Zeit hatten wir damals eine unwahrscheinlich hohe Trainingsbelastung und -intensität, die man heute wohl nicht mehr so hätte“, schränkt der Jubilar ein. „Dahingehend würde ich heute zwar Nuancen ändern, aber niemals meinen geradlinigen Führungsstil. Das erwarten die Leute doch, die erwarten keine Eierei.“
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Dass Schröder, der im einzigen Länderspiel einer DDR-Frauenauswahl auf der Trainerbank saß, nie einen Posten beim DFB bekleidete, wurmt ihn keinesfalls. „Als Osttrainer waren wir da immer ein wenig außen vor“, findet Schröder, „aber ich habe mit dem DFB gut zusammengearbeitet, sowohl mit Silvia Neid als auch mit Tine Theune.“

Man hätte damals zwischen den Jahren 2000 bis 2016 eine konstruktive Streitkultur besessen, die auch die Rivalität zum 1. FFC Frankfurt (heute Eintracht) mit einschließe. „Insgesamt, so denke ich heute, hat das damals dem deutschen Frauenfußball geholfen und nach vorn gebracht“, erklärt Schröder. In diese Zeit fallen sowohl die Nachwendeerfolge von Turbine als auch neben unzähligen EM-Titeln die zwei Weltmeisterschaften und der Olympiasieg für die DFB-Frauen. „Und auf einmal war Schluss. Ich könnte jetzt sagen, mit dem Zeitpunkt als ich 2016 aufgehört habe. Aber das stimmt natürlich nicht“, meint Schröder mit einem Augenzwinkern.
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Dass Potsdam heute nicht mehr an die ganz großen Zeiten anknüpfen kann, lässt Turbines Ehrenpräsident Schröder nicht verzweifeln. Nach den jüngsten Querelen mit Trainerrauswurf, Präsidentenrücktritt und zahlreichen Abgängen von Leistungsträgerinnen gibt sich der Ex-Macher kämpferisch und zuversichtlich. „Sportlich müssen wir in dieser Saison in erster Linie versuchen, drin zu bleiben und ordentlich mitzuspielen“, fordert die Trainer-Ikone und mahnt dabei Geduld an: „Um wieder das alte Turbine Potsdam zu sein, brauchen wir aber mindestens vier Jahre.“ In denen möchte „Mister Turbine“ seinem Verein weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen.