Der Berliner CDU-Chef Kai Wegner will Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen. Dem stimmte am Donnerstag der Landesvorstand seiner Partei einstimmig zu.  Es gibt an den Plänen aber auch Kritik aus den Reihen der CDU. 
Der Berliner CDU-Chef Kai Wegner will Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen. Dem stimmte am Donnerstag der Landesvorstand seiner Partei einstimmig zu.  Es gibt an den Plänen aber auch Kritik aus den Reihen der CDU.  Jörg Carstensen/dpa

Die erwartete Verkündung des Berliner CDU-Chefs Kai Wegner, mit der SPD in Koalitionsverhandlungen einzutreten, war freundlich in alle Richtungen und damit eine verkappte Drohung in Richtung der Sozialdemokraten: Wir können auch mit den Grünen.

Zu deutlich waren Wegners am Donnerstag formulierten Hinweise auf das „Brückenbauen“ über die meisten trennenden Gräben zwischen CDU und Grünen, auf das neue Vertrauen und die Verlässlichkeit – die drei Sondierungsgespräche mit den Grünen seien „wirklich gut“ gewesen. Am Ende seien die Schnittmengen zur SPD, mit der man intensiv gerungen habe, aber doch größer gewesen.

Mit dieser Aussage hatten Wegner und sein Generalsekretär Stefan Evers den CDU-Landesvorstand einstimmig auf ihre Seite gebracht. Von Teilnehmern war zu hören, dass das Verhalten der SPD, aus der heraus und auch von der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey nach den Sondierungen mit den Grünen über den Noch-Koalitionspartner hergezogen worden war, auch Thema war. Am Ende hatte es aber keinen Einfluss auf die Entscheidung. Wegner erklärte, man habe mit der SPD schon über die Art und Weise des Umgangs gesprochen, weil man auf beiden Seiten wisse, dass man das Vertrauen der Bürger in die Politik wiedergewinnen müsse.

Kai Wegner will Regierender Bürgermeister aller Berliner werden

Wegner erklärte, dass er Regierender Bürgermeister aller Berliner werden wolle, und nicht nur mit der Koalition gute Kontakte pflegen wolle, sondern auch mit der demokratischen Opposition. Mit der SPD wolle man auf Augenhöhe zusammenarbeiten, obwohl man bei der Wiederholungswahl am 12. Februar rund zehn Prozent mehr hatte als die SPD: „Man muss nicht täglich zeigen, dass man der Stärkere ist.“

Neuer Ansatz für Klimaschutz und Verkehrspolitik „für alle“

Das gelte auch für das Durchsetzen von Themen. Im Laufe seiner politischen Karriere habe er gelernt, dass man eben nicht alle Positionen der eigenen Partei zu hundert Prozent durchsetzen könne. Es sei viel zu tun: Mieterschutz, Mietennotstand, die Frage der Umsetzung des Volksentscheids zur Enteignung großer Wohnungskonzerne („ernst nehmen“), ein neuer Ansatz für den Klimaschutz, Verkehrspolitik „für alle“, Sicherheit, Sauberkeit und vor allem eine reparierte Verwaltung als Grundlage von allem, damit „es an allen Stellen funktioniert“.

Am Montag sollen die ersten Arbeitsgruppen für die Koalitionsverhandlungen gebildet werden, die zentrale Verhandlungsgruppe beider Parteien soll im Laufe der kommenden Woche zusammentreten. 

Kritik an den Koalitionsplänen aus den Reihen der CDU

Aus den Reihen der CDU gibt es Kritik an den Plänen für Koalitionsverhandlungen mit der SPD. „Ich werbe ausdrücklich für eine progressive Koalition zwischen CDU und Grünen“, sagte Christian Gräff dem Tagesspiegel (Donnerstagausgabe). Der Wirtschaftsexperte der CDU-Fraktion wies darauf hin, dass in vielen Ämtern und Verwaltungen seit Jahren sozialdemokratische Funktionäre das Sagen hätten – auch weil die SPD in Berlin seit der Wiedervereinigung ununterbrochen am Senat beteiligt gewesen sei. „Die Stadt braucht neue Ideen, frischen Wind“, sagte Gräff. „Die Berliner SPD muss sich in der Opposition erneuern. Sie ist in Berlin vorerst nicht regierungsfähig.“

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„Allein angesichts der anstehenden Neuwahl in den Bezirken zeigt sich doch, dass wir in der Union auf den Subsidiaritätsgedanken setzen: Was man an der Basis – also in den Bezirken – lösen kann, sollte man auch dort lösen“, sagte Gräff, der auch Landesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Berlin (MIT) ist. „Eine Verwaltungsmodernisierung nach diesem Prinzip ist mit der Berliner SPD aber nicht zu machen.“ Die SPD stehe für eine inflexible, zentralistische Verwaltungsführung.