Die digitale Waffe gegen die Virus-Mutanten
Die Gesundheitsämter in Berlin nutzen als eine der ersten in Deutschland eine Software, die auch gegen die neuen Corona-Mutationen eingesetzt werden kann.

Berlin gilt als technisch verschlafen. Doch obwohl die Digitalisierung in den Behörden noch schleppend vorangeht, besitzen die Gesundheitsämter als eine der ersten in Deutschland ein Computer-System, das nun eine wichtige Waffe im Kampf gegen die gefährlichen Mutanten des Coronas-Virus werden kann, das sich derzeit in der Stadt ausbreiten.
Es ist die Software Sormas, die 2014 das Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) zur Nachverfolgen von Epidemien entwickelte. In afrikanischen Ländern hat sie sich bei Ausbrüchen vieler Krankheiten von Ebola über Masern bis hin zum Lassafieber bewährt. Vor einem Jahr wurde Sormas auf das Corona-Virus angepasst. „Die Software kann auch bei der Verfolgung und Eindämmung der Corona-Mutationen eingesetzt werden“, sagt Epidemiologe Prof. Gérad Krause, der das Programm am HZI mit seinem Team entwickelte.
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Seit April 2020 wird das System in Berlin getestet. Damit können Gesundheitsämter genau verfolgen, wo Corona-Fälle auftreten, wie sie sich verbreiten, wo sich Kontaktpersonen befinden. Möglich ist, dass Betroffene und Infizierte mit leichten Symptomen, die sich in Quarantäne befinden, ihren aktuellen Gesundheitszustand über das System an die Behörden melden. Mittels einer App, die auf Smartphones oder Tablets geladen werden kann.
Das Gesundheitsamt Mitte war im Frühjahr 2020 das erste, das Sormas einsetzte. Auf Grund hoher Infektionszahlen konnte das bis dahin genutzte Excel-Tabelle-Verfahren, das zur Dokumentation und zur Nachverfolgung von Infektionsketten diente, nicht weiter verwendet werden. „Als Notlösung haben wir uns für Sormas entschieden, um ein besseres Kontaktpersonen-Management wieder herzustellen“, sagt Bezirksprecher Christian Zielke. Die Umstellung hätte sich bewährt. „Das Erfassen von Kontaktpersonen läuft viel effizienter“ so Zielke. Ein Vorteil des Systems sei, dass auf Grund der einheitlichen Datenbasis alle Mitarbeiter des Gesundheitsamtes nun bei Corona-Fällen den gleichen Informationsstand hätten.
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Laut HZI- Epidemiologe Krause würden jetzt alle zwölf Berliner Gesundheitsämter Sormas testen. Ziel von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ist es, das System nach der Erprobungsphase in allen Bezirken einzusetzen. Daher soll im nächsten Schritt die Software mit den nötigen Schnittstellen ausgestattet werden, so dass ein Datenaustauch über Corona- und auch über Mutationsfälle des Virus mit dem RKI, anderen Gesundheitsbehörden und den Testlaboren möglich ist. Oft werden die Ergebnisse noch per Fax verschickt.
Der Bund hatte im November 2020 die über 380 Gesundheitsämter in Deutschland aufgefordert, die kostenfreie Sormas-Software zu nutzen. Nur 111 Behörden kamen dem bis jetzt nach. Dazu gehören neben Berlin auch Gesundheitsämter in Bayern und Nordrhein-Westfalen.