Besonders viel Trubel war am verkaufsoffenen Sonntag nicht.
Besonders viel Trubel war am verkaufsoffenen Sonntag nicht. Foto: Pritzkuleit

Das Weihnachtsgeschäft in Berlin verlief am verkaufsoffenen Sonntag nur schleppend. Der Handelsverbandschef befürchtet Tausende Insolvenzen. Der KURIER schaute sich um. 

Rund 50 Kunden stehen an diesem Sonntag vor dem Media-Markt im Alexa in einer Schlange. Es ist zwei Minuten vor 13 Uhr, als die Metallrollos hochgezogen werden und den Weg für die Einkaufswilligen an diesem verkaufsoffenen Sonntag freigeben. Die Schlange löst sich auf, die Kunden verschwinden in dem Laden, der sich über drei Geschosse erstreckt. Eine Warteschlange gibt es danach nicht mehr.

Jochen Jesse und Christine Krzywda schlenderten über den Alexanderplatz.&nbsp;<br><br><br>
Jochen Jesse und Christine Krzywda schlenderten über den Alexanderplatz. 


Foto: Benjamin Pritzkuleit

Alexander Bolwin und Angela Kunz haben es auf eines der Sonderangebote in dem Technikmarkt abgesehen. Einen großen Monitor, der an diesem Tag für etwas mehr als 600 Euro und somit die Hälfte des normalen Preises zu haben ist. Das Paar hatte sich gut 40 Minuten vor der Öffnung des Geschäfts angestellt. Nun sind sie froh, einen der wenigen Bildschirme ergattert zu haben. „Wir sind eigentlich nicht die Shopper, schon gar nicht sonntags, schon gar nicht in Corona-Zeiten“, sagt Bolwin. Der Berliner arbeitet als Berater für Digitalisierung. Das Angebot an diesem verkaufsoffenen Sonntag sei einfach unschlagbar gewesen, sagt der 34-Jährige.

Nur ein paar Meter weiter schlendern Christine Krzywda und Jochen Jesse über den Alexanderplatz. Der 53-Jährige Jesse hat sich Schuhe gekauft. „Zufall“, sagt er. Eigentlich wollten er und seine Frau heute nur die neueröffnete U-Bahn-Strecke der Linie 5 abfahren. Einkaufen war nicht ihr Ziel. Zufall war auch der Einkauf von Ute und Jürgen A. aus dem brandenburgischen Zepernick. Die Eheleute kamen nach Berlin, um ihrer Tochter zum Geburtstag zu gratulieren. Dabei bekamen sie mit, dass Berlin anders als Brandenburg seine Geschäfte öffnen durfte. „Da wir einen neuen Herd bekommen, haben wir gleich noch Töpfe gekauft“, sagt Ute A. Das Einkaufen im Kaufhaus Galeria Karstadt Kaufhof sei sehr entspannt gewesen.

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Es ist der erste und damit vorletzte verkaufsoffene Sonntag in der Adventszeit in Berlin. Am vierten Advent haben die Geschäfte noch einmal geöffnet. Auf dem Alexanderplatz laufen Leute mit Einkaufstüten herum, die weihnachtlich geschmückten Buden, die zu dieser Jahreszeit sonst immer auf dem Alex stehen, fehlen – wegen der Pandemie. Die Händler hoffen in dieser vom Teillockdown geprägten Zeit auf Kundschaft. Auch aus Brandenburg.

Doch Optimismus sieht anders aus. „Das Weihnachtsgeschäft lässt sich in diesem Tagen nicht mit dem Vorjahr vergleichen“, weiß Nils Busch-Petersen, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. Betriebswirtschaftlich seien die Umsatzzahlen eine Katastrophe. Gerade Branchen wie Bekleidung, Uhren und Schmuck sowie Spielwaren seien auf das Weihnachtsgeschäft angewiesen, machten im November und Dezember 30 bis 40 Prozent ihres Jahresumsatzes aus. Das sei weggebrochen. „Ich sehe Tausende von Insolvenzen auf den Berliner Einzelhandel zukommen“, sagt Busch-Petersen.

Schlangen vor dem KaDeWe und dem Apple-Store

Auch in der West-Berliner Innenstadt überschattet Corona den sonst herrschenden Weihnachtstrubel in den Geschäften. Etwa 70 Menschen stehen vor dem KaDeWe, bevor das Kaufhaus seine Türen öffnet. Die meisten Wartenden kommen aus Berlin, ein paar Vereinzelte aus Brandenburg, Touristen fehlen ganz. Polizisten patrouillieren, ermahnen Passanten, die keinen Mundschutz tragen.

Carolin Brauer hat sich mit ihrer Freundin in die Schlange vor dem KaDeWe eingereiht. Die Berlinerinnen sind seit zehn Minuten da. Als es 13 Uhr ist, bewegen sich die Einkaufslustigen schnell in Richtung Eingang. Sicherheitsmitarbeiter winken sie durch. Bis zu 1000 Kunden dürfen gleichzeitig hinein. Carolin Bauer will Weihnachtsgeschenke kaufen. „Wir dachten, heute ist ein guter Tag dazu“, sagt sie. Fünf Minuten später ist sie im KaDeWe verschwunden. Lange Wartezeiten gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Das Luxuswarenhaus sowie der Apple-Store am Kudamm wirken an diesem Sonntag wie Magnete auf die Kunden. Dort warten sie geduldig auf Einlass. Gähnende Leere herrscht dagegen in vielen anderen Läden. Bei Zara, Deichmann oder dm sind die Gänge fast leer, nur bei Butlers am Kudamm freut man sich schon das ganze Jahr über die Kauflust der Berliner. „Bei uns sieht es ganz gut aus. Viele wollen sich im Lockdown neu einrichten, es sich daheim schön machen“, sagt ein Verkäufer. Auch Baumärkte verzeichnen in diesen Zeiten kaum Umsatzeinbrüche.

Auf der Wilmersdorfer Straße läuft das Geschäfte eher schleppend. Eine Boutique-Besitzerin erzählt, dass die Menschen fast nur noch in Drogerien und Supermärkten einkauften. Kleidung werde fast ausschließlich im Internet bestellt. „Für uns läuft das Weihnachtsgeschäft sehr schlecht. Wir wissen nicht, ob wir im Frühjahr noch existieren.“