Die Büste der Nofretete im Neuen Museum, das zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehört.
Die Büste der Nofretete im Neuen Museum, das zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehört. Foto: dpa/Rainer Jensen

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Herrin unter anderem über das Pergamonmuseum, die Staatsbibliothek und verschiedene Institute, soll zerschlagen werden. Das empfiehlt der Wissenschaftsrat, wissenschaftliches Berater-Gremium der Bundesregierung.  

Die Vielzahl der Institutionen führten zu einer „strukturellen Überforderung“ der von Bund und Ländern getragenen Stiftung, heißt es im Entwurf. Einrichtungen drohten „teilweise den Anschluss an aktuelle Entwicklungen und Debatten zu verlieren, auch und insbesondere in internationaler Perspektive“. 2019 hatte schon der Bundesrechnungshof moniert, dass die Stiftung nicht genug in ihre Berliner Häuser investiere, was bei den Museen die Exponate gefährde.

Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD festgeschrieben, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz „strukturell an die Anforderungen eines modernen Kulturbetriebs mit internationaler Ausstrahlung“ anzupassen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) beauftragte deshalb den Wissenschaftsrat mit der Bewertung der Stiftung. Heraus kamen 278 Seiten umfassende Empfehlungen nach der Untersuchung von Leitungs- und Finanzstruktur der Stiftung, der Funktionsfähigkeit der Museen, Archive und Bibliotheken sowie der Strategien bei Digitalisierung und Forschung.

Gründung von vier eigenständige Organisationen

Das Gutachten sieht vor, vier eigenständige Organisationen zu gründen: für Staatliche Museen, Staatsbibliothek, Geheimes Staatsarchiv und das Ibero-Amerikanische Institut. Dafür soll es jeweils eine unabhängige Leitung mit Personal- und Budgetverwaltung geben. Erwartet werden dadurch mehr Effizienz und Eigenständigkeit bei Schwerpunkten, Forschung und Bildung.

Die wissenschaftliche Kommission empfiehlt, die föderale Struktur mit der Finanzierung durch die Bundesländer weitgehend aufzulösen. Der Bund soll Staatsbibliothek, Staatsarchiv und Ibero-Amerikanisches Institut tragen. Die Staatlichen Museen sollen von Bund und Berlin finanziert werden. Die Gesamtzuständigkeit läge weiterhin beim Bund. Gleichzeitig fordert der Wissenschaftsrat die künftig nicht mehr an der Finanzierung beteiligten Länder „mit allem Nachdruck auf, die frei werdenden Mittel für andere gesamtstaatliche Aufgaben im Kulturbereich zu verwenden“.

Einige Pläne werden jedoch vielleicht nicht realisiert. „Möglicherweise werden nicht alle Empfehlungen 1:1 umgesetzt werden können“, sagte Grütters, „aber ich sehe bei allen Beteiligten eine große Offenheit und Bereitschaft, sich gut begründeten, auch weitreichenden Veränderungen zu stellen.“ Das Papier könne „Ausgangspunkt und Chance für einen langfristigen substanziellen Reformprozess“ sein. Zu Einzelheiten wolle sie sich nicht äußern, bevor das Gutachten nicht vom Wissenschaftsrat verabschiedet worden sei. 

Am kommenden Montag wollen Grütters und Stiftungspräsident Hermann Parzinger an einer Pressekonferenz des Wissenschaftsrats teilnehmen, bei der die Vorschläge präsentiert werden sollen.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Foto: dpa/Paul Zinken

Zur Stiftung mit rund 2000 Mitarbeitern gehören die Staatlichen Museen Berlin, deren 15 Sammlungen mit 4,7 Millionen Objekten an 19 Standorten präsentiert werden, die Staatsbibliothek, das Geheime Staatsarchiv, das Ibero-Amerikanische Institut und das Staatliche Institut für Musikforschung.

Der Etat der 1957 gegründeten Stiftung sieht für das Jahr 2020 fast 336 Millionen Euro an Ausgaben vor. Neben Einnahmen (2019: 28,6 Millionen Euro), Drittmitteln (20,4) und Spenden (1,5) kommen nach einer Vereinbarung von 1996 die Mittel für den Sockelbetrag von etwa 123 Millionen Euro zu 75 Prozent vom Bund, der Rest von den  Ländern. Was über den Länderanteil über den Sockel hinausgeht, zahlt das Land Berlin.

Fast 4,2 Millionen Menschen besuchten im vergangenen Jahr die Museen, davon allein knapp 3,1 Millionen die Häuser der Museumsinsel wie das Pergamonmuseum, die Alte Nationalgalerie oder das Neue Museum mit der Nofretete. Die Staatsbibliothek verzeichnete 887.000 Besuche.