Der Kaiser fährt in Berlin elektrisch – ältestes Dampfschiff der Stadt wird wieder flott gemacht
Ein 137 Jahre altes Dieselschiff, die Kaiser Friedrich, bekommt einen E-Antrieb und neue Aufgaben.

137 Jahre hat die Kaiser Friedrich schon auf dem Buckel, oder besser auf dem Heck. Das alte Berliner Fahrgastschiff muss dennoch nicht abwracken, sondern bekommt endlich ein neues Innenleben. Die Besitzer des ehemals dieselbefeuerten Dampfers lassen das Schiff derzeit in Genthin (Sachsen-Anhalt) auf einen modernen Elektroantrieb umrüsten. Die Kaiser Friedrich soll dann unter der Flagge der Berliner Reederei „Berliner Welle“ im Berliner Fahrgastbetrieb eingesetzt werden.
Bewegte Geschichte des Dampfers
Die Kaiser Friedrich hat eine bewegte Geschichte. 1886 wurde sie als Doppelschraubendampfer für die „Spree-Havel-Dampfschiffahrt-Gesellschaft Stern“ in den Oderwerken bei Stettin gebaut. Mit ihren 30 Metern Länge und etwa hundert Tonnen Gewicht war sie danach fast 80 Jahre lang als dampfendes Fahrgastschiff auf Berliner Gewässern unterwegs. Im Jahr 1967 wurde das Schiff stillgelegt und später als Wohn- und Büroschiff genutzt.
In diesem Zustand erwarb das damalige Museum für Verkehr und Technik, heute Deutsches Technikmuseum, 1986 den ehemaligen Personendampfer.
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Ziel des Museums war es, dem Dampfer seine ursprüngliche Erscheinungsform zurückzugeben und ihn wieder in Fahrt zu bringen. Dazu wurde das Schiff fast bis zur Wasserlinie heruntergebaut, konstruktive Teile erneuert und zwei baugleiche historische, allerdings stationäre Dampfmaschinen eingebaut. 1994 konnten die Arbeiten abgeschlossen werden. Am 27. April 1994 wurde der Kaiser, der auch schon unter dem Namen Siegfried fuhr, von Eberhard Diepgens Ehefrau getauft.
Von 1997 bis 2009 war die Kaiser Friedrich dann mit dem Schriftzug „Deutsches Technikmuseum“ in Berlin unterwegs und fuhr in der Flotte der „Stern und Kreisschifffahrt GmbH“ vor allem historische Stadtrundfahrten ab dem Nikolaiviertel.
Dieselschiff unwirtschaftlich und umweltschädlich
Doch der Fahrbetrieb des Schiffes wurde aufgrund des erhöhten Personalaufwandes und der großen Menge Diesel zur Befeuerung der Dampfmaschine immer unwirtschaftlicher und war bald auch ökologisch nicht mehr tragbar. 2011 und 2012 lag das Schiff mit Café-Betrieb am Rand von Berlin und fuhr keine Stadtfahrten mehr.
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Nachdem die Kaiser Friedrich nicht länger für Stadtrundfahrten eingesetzt wurde, nahm das Museum das Schiff 2012 wieder zu sich und suchte eine wirtschaftlich vertretbare Nutzung in Fahrt und einen neuen Betreiber für das Schiff. Ab 2013 lag das Schiff aber an der Schleuseninsel im Tiergarten und es sah so aus, als sei die Kaiser Friedrich an ihrer letzten Station angekommen.
Lange fand sich kein Betreiber für die Kaiser Friedrich
Auf eine Anfrage des Abgeordneten Stefan Förster (FDP), warum Berlins ältestes Dampfschiff nicht mehr gepflegt werde, wurde klar, dass die Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin zwar einen Betreiber suchte, sich aber lange kein Interessent fand. Das ist nun anders. 2022 kauften Volker Marhold und Julius Dahmen das Schiff. Dahmen betreibt mit seiner Ehefrau Anna-Maria Dahmen die Reederei „Berliner Welle“. Seit diesem März 2023 liegt das Schiff an der Werft Genthin in Sachsen-Anhalt und wird umgebaut.

Dahmen und Marhold haben Erfahrung mit dem Umbau historischer Schiffe auf Elektroantrieb. Julius und Anna-Maria Dahmen bieten mit der Reederei seit Längerem historische Partyboote in Berlin an. „Jimmy“, „Mieze“ und „Ruth“ sind oft auf der Spree zu sehen. Eine Barkasse, ein Lastschiff und die „Golda“, ein Fahrgastschiff von 1930, das auch seit 2021 auch mit Elektroantrieb fährt – sie sind die zukünftigen Kollegen von Kaiser Friedrich, der bei der Schiffbau- und Entwicklungsgesellschaft Tangermünde (S.E.T) in Genthin zuerst mit einem maßgeschneiderten Torqeedo Deep Blue Hochleistungs-Antriebssystem ausgestattet wird. Ab Juli wird die Kaiser Friedrich im historischen Hafen in Berlin liegen und im nächsten Jahr den Fahrgastbetrieb aufnehmen.
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Der Kaiser wird in Zukunft mit zwei flüssiggekühlten Deep Blue 50i Permanent-Magnet-Synchronmotoren mit Leistungselektronik und jeweils 1200 Umdrehungen pro Minute unterwegs sein, heißt es vom Technikmuseum. Als Energiespeicher wurden Deep Blue Lithium-Ionen Hochvoltbatterien mit einer Gesamtleistung von 400 Kilowattstunden verbaut. Diese sind durch ihr robustes Design, ihre hohe Energiedichte und lange Lebensdauer sowie hohe Qualitäts- und Sicherheitsstandards sehr gut für maritime Anwendungen geeignet.