Der Giftberg von Niederschöneweide: Dieser sanfte Hügel hat ein düsteres Geheimnis – und niemand tut etwas dagegen!
Der Berg birgt die Hinterlassenschaften von über hundert Jahren Chemieproduktion, und das wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern.

Foto: Volkmar Otto
Zickenwinkel – das klingt niedlich ländlich, ist in Berlin aber ein Ort, an dem sich Abertausende Tonnen giftiger Industrieabfälle türmen. Ein harmlos anmutender, pyramidenähnlicher Hügel zwischen der Minna-Todenhagen-Brücke über die Spree und dem Britzer Zweigkanal birgt die Hinterlassenschaften von über hundert Jahren Chemieproduktion, und das wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern.
Blausäureverbindungen, Arsen, Quecksilber, verbunden mit Erdreich elf Meter hoch aufgetürmt, sind das Erbe des Chemiestandorts, der zuletzt bis 1990 vom VEB Kali Chemie und von der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Lacke und Farben genutzt wurde.
1996/97 wurde der Hügel mit einer Kunststoff-Folie, Filtervlies und Mutterboden abgedeckt. Außerdem wurde das Ufer von Spree und Kanal so abgedichtet, dass nur noch wenig Wasser unter dem Hügel ins Grundwasser strömt, erklärte der Senat auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Stefan Förster.
Außerdem wird Wasser in „Abwehrbrunnen“ an der Schnellerstraße gepumpt, sodass verseuchtes Wasser nicht in Richtung Wasserwerk Johannisthal strömen kann. Das Grundwasser werde schließlich noch in einer speziellen Reinigungsanlage von Cyaniden und Arsen befreit.
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Förster findet das alles ganz nett, hätte aber gern, dass der Giftberg verschwindet. Unter anderem deshalb, weil immer wieder Menschen den Bauzaun um den Hügel überwänden, um ihn zu besteigen und dort zu „chillen“.

Foto: Volkmar Otto
Der Senat hat da aber wenig beizutragen, erklärte Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow (Grüne). Es wäre unverhältnismäßig teuer geworden, den Berg und seinen Untergrund abzutragen, um die Schadstoffe ordnungsgemäß zu entsorgen, der im Übrigen dem Bund gehöre. Die Sicherung des Bergs mit der Abdeckung gelte laut Bodenschutzgesetz als Sanierung.
Tidow gesteht zwar zu, dass die Kletterei auf den Hügel die Bepflanzung und in der Folge die Abdichtung beschädigen könnte. Eine unmittelbare Gefahr bestehe aber nicht für Menschen, die den Giftberg besteigen.
Der Bund werde jetzt „zeitnah“ Warnschilder aufstellen. Ein Zaun, der den bislang vorhandenen Bauzaun ersetze, sei in Planung.