So lief die große Filmpreis-Sause
DDR-Drama „Lieber Thomas“ räumt gleich neun Lolas ab! Das sind die großen Gewinner beim Deutschen Filmpreis
Große Ehrung für den unbequemen Schriftsteller Thomas Brasch, der als „Feind der DDR“ drangsaliert wurde.

Große Ehrung für ein ungeschminktes DDR-Drama. „Lieber Thomas“ räumt beim Deutschen Filmpreis wie erwartet groß ab. Regisseur Andreas Kleinert erzählt vom Leben des unbequemen Schriftstellers Thomas Brasch, der in der DDR als Staatsfeind galt. Gleich neun Lolas gab es beim Deutschen Filmpreis für das Biopic von Andreas Kleinert.
Nachhaltig soll er sein, der Deutsche Filmpreis, und das konnte er am Freitagabend im Palais am Funkturm in Berlin wieder unter Beweis stellen. 25 Schauspielerinnen und Schauspieler, darunter Pheline Roggan in einem zauberhaften gelben Kleid von Miu Miu und Wilson Gonzalez Ochsenknecht, kamen demonstrativ mit dem Fahrrad zur Show, die Wände am roten Teppich waren prächtig pflanzenbehangen, im Saal gab es blumige Reden und auf der Aftershow-Party ein Arsenal von kühlen Bio-Getränken. Der schwüle Abend hatte die 1700 Gäste durstig gemacht, außerdem gab es wirklich einiges zu feiern.
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Zum Beispiel das: Beim Deutschen Filmpreis 2022 hat das Drama „Lieber Thomas“ neun Auszeichnungen gewonnen, darunter die Goldene Lola für den besten Spielfilm. Regisseur Andreas Kleinert erzählt in seinem anrührenden Werk vom Leben des DDR-Schriftstellers Thomas Brasch (1945-2001). Der Film wurde unter anderem für Regie und Drehbuch ausgezeichnet, wie die Deutsche Filmakademie am Freitagabend in Berlin bekannt gab.
Dritte Lola für Hauptdarsteller Albrecht Schuch
Albrecht Schuch, der mit einer überragenden Hingabe und Leidenschaft den Thomas spielt, wurde erwartungsgemäß als bester Hauptdarsteller geehrt. Der 36-Jährige gewann damit nach „Systemsprenger“ und „Berlin Alexanderplatz“ im Jahr 2020 jetzt seine dritte Lola. Im KURIER-Interview vor zwei Wochen hatte Schuch, da noch mit langer weißblonder Haarpracht, ein bisschen tiefgestapelt; der Preis selbst schien für ihn gar nicht im Vordergrund zu stehen: „Ich freue mich einfach darüber“, sagte er. „Ich freue mich darüber, dass wir gemeinsam dieses Fest haben können, das wir vor zwei Jahren nicht haben konnten, weil jeder irgendwie in seiner eigenen Stube saß. Ich glaube, das hat mir am meisten gefehlt.“
Seine Leinwand-Kollegin Jella Haase wurde für ihre Leistung in „Lieber Thomas“ als beste Nebendarstellerin geehrt. Sie verkörpert in dem Werk die Schauspielerin Katharina Thalbach, die gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Brasch in den Westen ausreiste.
Ein funkelnder Ex-„Tatort“-Schauspieler Martin Wuttke sagte nach der Show zum KURIER: „Ich freue mich ganz besonders, dass dieser Film über meinen alten Freund Thomas Brasch gewonnen hat.“ Idee und Spirit des Werks seien wunderbar, auch wenn man Brasch mit so einem Drama allenfalls streifen könne.

Zwei Schauspielpreise gab es auch für Leistungen im Drama „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“: Meltem Kaptan wurde als beste Hauptdarstellerin geehrt, Alexander Scheer für die beste männliche Nebenrolle. Der Film von Andreas Dresen gewann zudem eine Lola in Silber, die Auszeichnung in Bronze ging an „Große Freiheit“.

Kaptan, die Tränen in den Augen hatte, wollte vor Freude und Rührung eine „richtige Weiberparty“ schmeißen. Und wer hätte ihr das nicht gegönnt? Denn nach dem Berlinale-Bären im Februar hat die Comedienne, die bis vor einigen Monaten nur in einschlägigen Kreisen bekannt war, jetzt auch die wichtigste deutsche Filmtrophäe eingesackt. Da darf man schon mal austicken.
Meltem Kaptan spielt in dem Guantanamo-Drama „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ von Regisseur Andreas Dresen die Mutter von Murat Kurnaz, der rechtswidrig in Guantanamo einsaß. Im Film geht es um den Rechtsstreit der Mutter und um die Freilassung ihres Sohnes. Er ist ein mitreißendes Plädoyer für Gerechtigkeit in all ihren Formen.
Kaptans Film-Kollege Alexander Scheer spielt in „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ den Menschenrechts-Anwalt Bernhard Docke. Er sagte, er fühle sich einfach nur geehrt, die Lola wieder in den Händen zu halten. Eine hat er ja schon. 2019 erhielt Scheer die Trophäe in der Kategorie Beste männliche Hauptrolle für „Gundermann“ über den DDR-Liedermacher Gerhard Gundermann – eine Rolle, die Scheer unsterblich machte.
Der Deutsche Filmpreis gilt als wichtigste nationale Auszeichnung in der Branche. Die Auszeichnungen sind mit insgesamt rund drei Millionen Euro für neue Projekte verbunden. Das Geld stammt aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne).
„Lieber Thomas“ setzt sich gegen fünf starke Konkurrenten durch
Die rund 2100 Mitglieder der Deutschen Filmakademie stimmten über viele der Preisträgerinnen und Preisträger ab. Für den besten Spielfilm waren insgesamt sechs Produktionen nominiert – neben „Lieber Thomas“, „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ und „Große Freiheit“ waren die Komödie „Contra“, der Episodenfilm „Wunderschön“ und das Drama „Spencer“ vorgeschlagen.
Der Kameramann Jürgen Jürges erhielt einen Ehrenpreis für herausragende Verdienste um den deutschen Film. Er hat mit Regisseuren wie Rainer Werner Fassbinder („Angst essen Seele auf“), Michael Haneke („Funny Games“) und Uli Edel („Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“) zusammengearbeitet.

Der Kinderfilm „Die Schule der magischen Tiere“ wurde als besucherstärkster Film ausgezeichnet. Bester Dokumentarfilm wurde „The Other Side of the River“, bester Kinderfilm „Der Pfad“. Der Bernd Eichinger Preis ging an Maren Ade, Janine Jackowski und Jonas Dornbach von der Berliner Produktionsfirma Komplizen Film.
Wie schon erwähnt, 1700 Menschen waren zur Preisverleihung am Berliner Messegelände eingeladen. Während des Abends wurde mehrfach an den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erinnert. Wladimir Klitschko schickte eine Videobotschaft. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erinnerte an den Krieg. Sie erzählte von ihrer Reise in die ukrainische Hafenstadt Odessa: „Der Krieg verändert alles, auch einen Abend wie diesen“, sagte Roth. Darf man trotzdem feiern? „Man kann es nicht nur, man soll es, man muss es“, forderte sie.
Flott moderiert wurde der Abend von Katrin Bauerfeind. Unter den Anwesenden war auch ein seltener Filmpreis-Gast: Schauspieler, Regisseur und Produzent Matthias Schweighöfer. Außerdem Henry Hübchen, Detlev Buck, Nina Eichinger, Sarah Alles, Christoph Maria Herbst, Yvonne Catterfeld (mit schwarzer Mähne!), Margarita Broich und Nora Tschirner.
Schauspielerin Alexandra Maria Lara und Regisseur Florian Gallenberger gaben ihren Einstand als neue Führungsspitze der Filmakademie. Beide dankten ihrem Vorgänger Ulrich Matthes für die geleistete Arbeit.
Kirsten Niehuus, Medienboard-Geschäftsführerin schwärmte: „Ein Fest für Demokratie, Diversität und Freiheit – die deutsche Filmparty des Jahres! Wir verneigen uns vor allen Filmpreisträger:innen und gratulieren natürlich insbesondere den 18 Lola-Gewinner:innen der 6 MBB-geförderten Filme.“ Die Medienboard-Chefin hatte für Sonnabendvormittag zu einem exklusiven Filmpreis-Brunch ins Café am Neuen See im Tiergarten eingeladen. Für alle, die noch eine Afterhour brauchten.

Und hier alle Preisträger auf einen Blick:
Bester Spielfilm
„Lieber Thomas“ von Andreas Kleinert
Bester Dokumentarfilm
„The Other Side of the River“ von Antonia Kilian
Bester Kinderfilm
„Der Pfad“ von Tobias Wiemann
Beste Regie
Andreas Kleinert («Lieber Thomas»)
Bestes Drehbuch
Thomas Wendrich («Lieber Thomas»)
Beste weibliche Hauptrolle
Meltem Kaptan («Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush»)
Beste weibliche Nebenrolle
Jella Haase («Lieber Thomas»)
Beste männliche Hauptrolle
Albrecht Schuch («Lieber Thomas»)
Beste männliche Nebenrolle
Alexander Scheer («Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush»)
Beste Kamera/Bildgestaltung
Johann Feindt («Lieber Thomas»)
Bester Schnitt
Gisela Zick («Lieber Thomas»)
Bestes Szenenbild
Myrna Drews («Lieber Thomas»)
Bestes Kostümbild
Anne-Gret Oehme («Lieber Thomas»)
Bestes Maskenbild
Heiko Schmidt, Kerstin Gaecklein und Roman Braunhofer («Große Freiheit»)
Beste Filmmusik
Annette Focks («Wunderschön»)
Beste Tongestaltung
Jonathan Schorr, Dominik Leube, Gregor Bonse und John Gürtler («Niemand ist bei den Kälbern»)
Beste visuelle Effekte
Dennis Rettkowski, Markus Frank und Tomer Eshed («Die Schule der magischen Tiere»)
Ehrenpreis des deutschen Filmpreises
Jürgen Jürges
Besucherstärkster Film
„Die Schule der magischen Tiere“ von Gregor Schnitzler
Bernd Eichinger Preis
Komplizen Film