Georg Libor (98) aus Zehlendorf fuhr mit dem Taxi zum Impfzentrum nach Treptow. Dort bekommen nun die über 90 Jahre alten Berliner das Serum gegen Corona.<br><br>
Georg Libor (98) aus Zehlendorf fuhr mit dem Taxi zum Impfzentrum nach Treptow. Dort bekommen nun die über 90 Jahre alten Berliner das Serum gegen Corona.

Foto: Wächter

Georg Libor hat es geschafft. Es ist kurz nach 10.30 Uhr, als der 98-Jährige aus Zehlendorf die Arena Berlin in Treptow verlässt. Libor gehört zu den ersten hochbetagten Berlinern über 90 Jahre, die sich am Montag in der zum Impfzentrum umgebauten Veranstaltungshalle gegen das Coronavirus impfen ließen. „Von dem Piks habe gar nichts gemerkt“, sagt der Senior. Etwa 30 Minuten, nach dem er die Spritze bekam,  musste er in der Halle noch warten, wurde von Pflegern betreut. Negative Nachwirkungen hatte Libor nach dem Impfen nicht. „Ich fühle mich prima“, sagt er. Nun will er nur noch nach Hause. Eine Taxi vor der Hallentür wartet schon auf ihn.

Beim Einsteigen berichtet Libor, dass er die Impfeinladung am vergangenen Sonnabend mit der Post erhielt. Noch im alten Jahr, am 30. Dezember 2020, hatte die Senatsgesundheitsverwaltung damit begonnen, die ersten 2500 Einladungen für das Impfzentrum an die über 90 Jahre alten Berliner zu verschicken, die nicht in Alten- oder Pflegeheimen, sondern zuhause leben. Etwa 31.600 Frauen und Männer in dieser Altersgruppe leben in dieser Stadt. „Von diesen konnten bislang 15.800 Personen eingeladen werden“, teilt die Behörde am Montag dem KURIER mit.

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In den Schreiben, die Georg Libor und alle anderen über 90-Jährigen erhielten, steht eine persönliche Zahlenreihe, mit der sich die Senioren per Telefon oder per Internet einen Termin buchen können, wenn sie sich impfen lassen wollen. „Ich habe gleich angerufen und mir für den 4. Januar den Termin geholt.“ Den langen Weg zum Impfzentrum Treptow hätte der Zehlendorfer jedoch ungern mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln zurücklegen wollen. Zu beschwerlich - und in der S-Bahn hätte sich Libor auch wegen eines Ansteckungsrisiko mit Corona auch nicht so sicher gefühlt, selbst wenn die Fahrgäste in den Abteilen einen Mund- und Nasenschutz tragen. „Das Angebot, kostenlos mit dem Taxi zum Zentrum und wieder nach Hause zu fahren, kam da gerade recht. Sonst hätte ich meine Enkelin gefragt, ob sie mich mit ihrem Auto fährt“, sagt der Senior.

Die 100-jährige Hedwig S. aus Lichtenberg verlässt das Impfzentrum Arena Berlin.
Die 100-jährige Hedwig S. aus Lichtenberg verlässt das Impfzentrum Arena Berlin. Foto: Wächter

Wie berichtet, hatten die Berliner Taxi-Innung und der Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Träger der Impfzentren, die Gratis-Fahrten für die über 90 Jahre alten Senioren noch vor Jahresende mit dem Senat ausgehandelt. Die Fahrten werden mittels eines Coupons abgerechnet. Und so stehen am Montagvormittag 15 beigefarbene  Autos vor dem Impfzentrum am Treptower Spreeufer. Sie brachten auch die erste Seniorin, eine 99-jährige Berlinerin, die sich am Montag in Treptow impfen ließ.

„Die Fahrten mit den Senioren laufen langsam, aber gut an. Schließlich haben ja noch nicht alle Betroffenen eine Einladung bekommen oder gleich für den ersten Tag einen Termin für das Impfzentrum gebucht“, so Innungs-Vorstand Carsten Reichert. „In den kommenden Tagen werden wir garantiert mehr Anmeldungen über unsere Taxi-Rufnummer 030 20 20 20 bekommen.“

Unter dieser Nummer hatte sich auch die 100-jährige Elisa Rieche aus Zehlendorf ein Taxi für die Fahrt zum Impfen nach Treptow bestellt. „Wir sind mit dem Service sehr zufrieden“, sagt der begleitende Schwiegersohn. Auch die 98-jährige Liselotte Mühlhausen aus Lichtenberg lobte die Aktion. „Ich fand es gut, dass in dem Senatsschreiben sogar auf den Service hingewiesen wurde“, sagt sie. Das Buchen des Impftermins und der Fahrt, dann das Impfen in der Arena Berlin – alles wäre schnell und reibungslos gegangen, berichtet ihr Enkel Johannes Schwarz.

Die Gratis-Fahrten für die hochbetagten Senioren zum Impfen sind für die Taxifahrer der Hauptstadt eine Art Generalprobe, so Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen. „Die Aktion in Berlin könnten auch in anderen Bundesländern funktionieren“, sagt er. Der Berliner Taxi-Innungsvorstand Reichert erklärt, dass die eigentliche Herausforderung  den Fahrern noch bevorstehe. „Das Fahren von älteren Menschen zum Impfen ist ja für uns eigentlich nichts Neues. Das können wir“, sagt er. „Wir machen ja schon in der Vergangenheit Krankentransporte, bringen ältere Menschen, die nicht mehr so mobil sind, zu ihren Ärzten oder in die Kliniken.“

Aber nach den über 90-Jährigen bekämen bald die über 80 Jahre alten Berliner eine Einladung zum Impfen. „Auch sie sollen die Möglichkeit erhalten, mit einem Taxi kostenlos zum Impfzentrum und von dort wieder nach Hause fahren zu können“, sagt Innungs-Vorstand Reichert. Dies wird auch geschehen, die Zusage für Gratisfahrten für über achtzigjährige Senioren hätte man vom Senat nun auch bekommen. „Das wird für uns eine große logistische Herausforderung. Schließlich gibt es über 200.000 Berliner, die über 80 Jahre alt sind“, sagt Reichert.

Über diese Coupons werden die Senioren-Fahrten zum Impfzentrum und nach Hause abgerechnet.<br><br>
Über diese Coupons werden die Senioren-Fahrten zum Impfzentrum und nach Hause abgerechnet.

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Allerdings gab es am ersten Impftag für die über 90-Jährigen auch Senioren, die nicht das Taxi nutzten, sondern sich von Familienmitgliedern zum Impfzentrum fahren ließen. Wie die 100jährige Hedwig S. aus Lichtenberg, die gegen 10 Uhr von ihrem Schwiegersohn mit dem Auto zum Impfzentrum gebracht wurde. „Es sollte alles schnell gehen. Am Sonnabend bekam ich die Einladung, am Sonntag machte mein Schwiegersohn den Termin – und nun sind wir am Montag da. Ich will ja schließlich mich und alle anderen vor Corona schützen“, sagt sie. Zügig sei der Ablauf im Impfzentrum gegangen, berichtet auch die 99-jährige Ursula Feitsch aus Friedrichshain. „Vom Registrieren,  Impfen, bis zur Nachbetreuung dauerte alles etwa nur 40 Minuten“, sagt sie.

Liselotte Mühlhausen (98) mit ihrem Enkel Johannes Schwarz (44): „Vom Registrieren, &nbsp;Impfen, bis zur Nachbetreuung dauerte alles etwa nur 40 Minuten“, sagt sie.&nbsp;<br><br>
Liselotte Mühlhausen (98) mit ihrem Enkel Johannes Schwarz (44): „Vom Registrieren,  Impfen, bis zur Nachbetreuung dauerte alles etwa nur 40 Minuten“, sagt sie. 

Foto: Wächter

Der 4. Januar war nach ein vier Tagen des Pausierens der erste Einsatz des Impfzentrums Arena Berlin. Das größte und derzeit einzige aktive von insgesamt sechs Zentren in der Hauptstadt hatte über den Jahreswechsel den Betrieb eingestellt – unter anderem, weil nicht genug Impfstoff nach Berlin kam. Laut Senatsgesundheitsverwaltung erhielt Berlin seit Impfbeginn am 27. Dezember bis zum Jahresende rund 58.500 Impfdosen. Sie reichen für 29.250 Berliner, die innerhalb von 21 Tagen zwei mal mit dem Serum gegen das Coronavirus geimpft werden müssen. Vor dem Jahreswechsel hatte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) wegen Unklarheiten bei den Lieferungen des Impfstoffes von Biontech/Pfizer lautstark ihren Unmut gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium bekundet. Für diese Woche wurden  29.750 Dosen für Berlin in Aussicht gestellt. Fraglich sei, ob sie bis zum Freitag wirklich geliefert werden.

Der Projektleiter aller Impfzentren, Albrecht Broemme, geht davon aus, dass sich die Situation bessere, wenn etwa mit dem Serum der Firma Moderna ein weiterer zugelassener Impfstoff auf dem Markt sei, der dann auch nach Berlin komme. „Ich denke, die Zulassung wird demnächst schnell erfolgen“, so Broemme.

Das Impfzentrum in Treptow: Es ist mit 80 Impfkabinen das größte in Berlin.&nbsp;&nbsp;
Das Impfzentrum in Treptow: Es ist mit 80 Impfkabinen das größte in Berlin.   Foto: Wächter

Für das wiedereröffnete Impfzentrum in Treptow stünden derzeit bis zu 600 Impfdosen pro Tag bereit. Bis Montagmittag hatten sich dort knapp 400 Berliner zum Impfen angemeldet, erklärt DRK-Sprecherin Regina Kneiding. Der Großteil waren wie bisher Pflegekräfte aus den Alten- und Pflegeheimen, nur etwa 30 Senioren kamen. Ab Dienstag beziehungsweise Mittwoch rechne man damit, dass viele über 90-jährige Berliner in das Impfzentrum kommen werden.  „Ab kommende Woche sollen zur Verstärkung  auch die Impfzentren Velodrom in Prenzlauer Berg und das im Erika-Heß-Eisstadion im Wedding in Betrieb gehen“, sagt Projektleiter Broemme. Voraussetzung sei, dass Berlin dann über mehr Impfdosen verfüge. „Dann könnten auch die restlichen drei Impfzentren eröffnet werden“, sagt Broemme.

Laut dem Robert-Koch-Institut wurden seit Impfbeginn bis zum vergangenen Sonntag 17.758 Berliner geimpft. Davon erhielten 11.625 Bewohner in Alten- und Pflegeheimen das Serum gegen Covid-19.