Rund 1000 Lehrer fehlen allein in Berlin: DAS ist der traurige Grund
Zeit für Schüler, Zeit für eigene Entwicklung, Zeit für Teamarbeit: OECD-Studie nennt Bedingungen, mit denen wieder mehr junge Leute Lehrer werden würden.

Jeder wurstelt für sich allein. Quereinsteiger klagen über mangelnde Teamarbeit. Die Arbeit, die Lehrer heute leisten ist auch von Bürokratie geprägt, Zeit für Austausch und Arbeit am Unterricht bleibt oft kaum. Den Mangel verwalten, Schülern nicht gerecht werden, immer am Limit arbeiten, so empfinden Lehrer ihren Beruf häufig.
Die traurige Wahrheit ist: In Berlin fehlen rund 1000 Lehrer. Der Bedarf an neuen Lehrkräften lag zum Schuljahresbeginn bei 2645 Vollzeitstellen. Rund 1100 davon konnten mit ausgebildeten Lehrkräften besetzt werden, außerdem wurden 455 Quereinsteiger eingestellt. Aber warum gibt es so weniger Menschen, die Schülerinnen und Schüler unterrichten wollen?
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Es ist jedenfalls nicht das Gehalt, das Lehrer davon abhält, sich in den Dienst an den Schüler und an der Gesellschaft zu begeben. Denn Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland gehören im internationalen Vergleich zu den Spitzenverdienern. Nur in Luxemburg könnten Lehrkräfte noch mehr verdienen, sagte OECD-Direktor Andreas Schleicher. Bei der Vorstellung der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2022“ arbeitete Andreas Schleicher viel gravierendere Gründe für die fehlende Attraktivität des Lehrerberufs heraus:
Dass es in Deutschland einen Lehrermangel gibt, erklärte Schleicher mit fehlender Arbeit im Team, zu wenigen Möglichkeiten der individuellen Arbeit mit Kindern und zu wenigen Entwicklungsmöglichkeiten.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) untersuchte für die Studie „Bildung auf einen Blick 2022“ den Bildungsbereich in 45 Ländern. Deutschland investiere sehr viel in seine Lehrer, sagte der OECD-Direktor. In den Jahren 2015 bis 2021 sei deren Bezahlung von einem sehr guten Stand auf einen noch besseren Stand gehoben worden. Die Ausbildung eines Lehrers in Deutschland dauert Jahre. Im europaweiten Vergleich müssen sie wenig Stunden geben. Dennoch fehlen die Pädagogen in vielen Bundesländern. Der Lehrerberuf ist unattraktiv geworden.
Immer weniger Lehramtsabsolventen
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts verringerte sich auch in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Frauen und Männer deutlich, die ein Lehramtsstudium abschlossen. Im vergangenen Jahr machten demnach rund 28.900 Lehramtsstudenten ihren Abschluss. Das waren zwar 3,8 Prozent mehr als im ersten Coronajahr 2020, als viele Prüfungen pandemiebedingt verschoben werden mussten. Im Zehnjahresvergleich sank die Zahl der Lehramtsabsolventen hingegen um 13,8 Prozent.
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Schleicher sagte, der Lehrermangel erkläre sich nicht durch Geld. So sei in Finnland die Bezahlung eher mäßig, dennoch gebe es viel mehr Bewerber als Stellen. Schleicher sagte, es gebe offenbar eine „mangelnde intellektuelle Attraktivität“ des Berufs.

Lehrer wollten nicht nur Einzelkämpfer sein, sondern im Team an der Entwicklung von Unterricht arbeiten oder Kinder auch außerhalb des Klassenverbands individuell fördern. Außerdem gebe es nur wenige Aufstiegsmöglichkeiten.
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Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU), sagte: „Es erweist sich, dass die Attraktivität des Lehrerberufs nicht nur an der Bezahlung liegt.“ Es seien bessere Personalentwicklungschancen und mehr Möglichkeiten zur Weiterbildung nötig. Auch die fehlende gesellschaftliche Anerkennung des Berufs sei ihrer Meinung nach ein wichtiger Aspekt, weshalb Lehrer fehlten.
Gewerkschaft fordert kleinere Klassen in Berlin
Vor allem aber weisen Gewrkschaften seit Jahren darauf hin, dass kleinere Klassen und schlicht und einfach mehr Zeit für die Arbeit mit Schülern die Zufriedenheit der Lehrer deutlich erhöhen würden.
Als mögliche Lösungen nannte Prien, Lehrern die Möglichkeit zu geben, in ihrer Laufbahn an die Universitäten zurückzukehren oder zwischendurch auch in Unternehmen tätig zu werden. Lehrer seien trotz ihrer vergleichsweise wenigen Unterrichtsstunden in Deutschland außerdem sehr stark mit Aufgaben belastet, die nichts mit Unterricht zu tun haben. Hier sei eine Entlastung wichtig.
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Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, nannte den Rückgang der Lehramtsabsolventen ein „unübersehbares Alarmzeichen“. Er forderte die Politik auf, die Rahmenbedingungen an den Schulen zu verbessern. Derzeit passiere aber das Gegenteil - noch nie seien so viele Klagen über Missstände und fehlende Ressourcen an Schulen beim Lehrerverband eingegangen wie derzeit.