Crash mit vier Toten in Mitte: Fahrer des SUV fuhr Auto, obwohl seine Ärzte abrieten
Michael M. verlor in der Invalidenstraße die Kontrolle über seinen Wagen. Nun steht er vor Gericht.

Er dachte, er hätte alles unter Kontrolle und könnte auch einen epileptischen Anfall steuern: Michael M. (44) setzte sich ans Steuer. Zweiter Prozesstag. Der Unternehmer war mit seinem Porsche Macan in eine Fußgängergruppe gerast –verkrampfte wegen eines epileptischen Anfalls. Dabei soll sein Berliner Neurologe noch zehn Tage zuvor gemahnt haben: „Denken Sie daran, nicht Auto zu fahren.“
Missachtete er ärztlichen Rat, wenn es ums Auto ging? Drei Monate sollte er nach einem ersten epileptischen Anfall im Mai 2019 nicht fahren. Das verordneten die Ärzte neben einem Medikament. M. nun über das quasi Fahrverbot: „Für mich war es eine Empfehlung, kein gesetzliches Verbot.“
Einen Monat lang hielt sich der Mann an seine Fahr-Abstinenz
Und er dachte: „Wenn es am Tag passiert, merkt man es und hat es unter Kontrolle.“ Er habe sich vorgestellt, dass er vor einem Anfall „diese Aura“ spüren würde.
Er habe sich einen Monat lang strikt an Fahr-Abstinenz gehalten, so M. Dann beruhigende Ergebnisse bei Untersuchungen: Keinerlei Auffälligkeiten. Er war erleichtert, zog seine ganz eigenen Schlüsse - „Gelegentlich bin ich kurze Strecken gefahren.“ Ohne den Neurologen zu fragen.
Lesen Sie jetzt auch: Nicht geblinkt, Schulterblick vergessen: Busfahrer fährt Radfahrerin tot – nun muss er 4000 Euro Strafe zahlen >>
Im August 2019 dann eine Hirn-OP in der Schweiz. Minimal-invasiv wurde ein kleiner Tumor entfernt. Alles lief gut, nach wenigen Tagen durfte er nach Hause. M.: „Ein Glücksgefühl!“ Der Tumor als Ursache für die Epilepsie entfernt – „ich ging davon aus: wenn die Ursache behoben ist, gibt es kein Risiko mehr“.
Ein paar Wochen nach der OP stieg er ohne Sorge in sein Auto
In Zürich sei ihm geraten worden, einen Monat lang sehr vorsichtig zu sein und nicht Auto zu fahren. Der Richter: „Der Professor sagte im Ermittlungsverfahren, in der Regel rate er seinen Patienten, nach den vier Wochen die Fahrtauglichkeit neurologisch begutachten zu lassen.“ Nein, das sei mit ihm nicht so besprochen worden, so der damalige SUV-Fahrer. Er habe die vier Wochen nach der OP fast eingehalten, sei dann ohne Sorge gefahren: „Dass ich je einen zweiten Anfall haben würde, war für mich niemals absehbar. Ich hatte mit der Operation und der Medikation alles getan, um das auszuschießen.“
Lesen Sie dazu auch: Beim Union-Spiel: Suffkopp packte im Stadion seinen Penis aus – acht Monate Knast! >>
Seine Ehefrau soll am 5. September 2019 den Schweizer Professor angerufen haben, der M. operiert hatte. Sie habe ihren Mann als distanziert, negativ eingestellt wahrgenommen. Der Professor antwortete am nächsten Tag, empfahl eine „fachneurologische Abklärung“.
Der Unfall am 6. September 2019 gegen 19 Uhr. Vor einer Ampel Invaliden-/ Ecke Ackerstraße staute es sich. Ein Porsche Macan Turbo scherte aus auf die Gegenfahrbahn. M. am Steuer. Mit im Auto seine Mutter und seine kleine Tochter. Die Mutter (70) von M.: „Plötzlich wurde mein Sohn ganz steif, das Auto schoss aus der Kolonne wie eine Rakete.“
Lesen Sie jetzt auch: Tierische Sauf-Tour vor Gericht: Mann (56) gibt seinem Hund Bier – und randaliert vor dem Berliner Tierheim >>
Das schwere Auto riss Metallpoller aus dem Boden, rammte eine Ampel, wurde in die Luft geschleudert, überschlug sich, schoss mit über 100 km/h auf den Gehweg. Vier Fußgänger hatten keine Chance. Eine Großmutter (64), ihr Enkel (3), ein Brite (29) und ein Spanier (28) starben. Neun Hinterbliebene sind nun Nebenkläger im Prozess. Fortsetzung: Mittwoch.